Streit am Bau – Privatgutachten oder selbstständiges Beweisverfahren?

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Immer wenn es am Bau zu Streitigkeiten kommt, ob die Arbeiten mangelhaft ausgeführt wurden oder nicht, bedarf es der dringenden Aufklärung. Hier ist meist die Hinzuziehung von Fachwissen in Form eines Sachverständigen erforderlich. Sei es noch während der Bauausführungsphase oder bereits nach Abnahme in der Gewährleistungsphase ist es für die Beteiligten wichtig, dass zeitnah ein Sachverständiger seine fachkundige Einschätzung abgibt und bei einer Lösung des Problems mitwirkt.

Bei Unstimmigkeiten während der Bauausführung ist Eile geboten, um einen Stillstand der Baustellung zu vermeiden, da dies alle Beteiligten viel Geld kosten kann.

Um eine Klärung in Angriff zu nehmen, gibt es zum Zwecke der Aufklärung und der Beweissicherung zwei grundlegende Möglichkeiten, die beide ihre Vor- und Nachteile haben: PRIVATGUTACHTEN oder SELBSTSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN.

Das Privatgutachten ist schneller zu bewirken. Es bietet sich dann an, wenn der Bauablauf voranschreitet und das zu begutachtende Werk kurz davorsteht, bereits durch ein anderes Gewerk „überbaut“ zu werden (z. B. Fußbodenheizung – Estrich – Fliesen). Das Privatgutachten ist ein Parteigutachten und hat eine geringere Beweiskraft als das selbstständige Beweisverfahren. Durch das Privatgutachten wird auch keine Hemmung der Verjährung erzeugt. Gerade bei der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen kann dies von wesentlicher Bedeutung sein. Darüber hinaus sind die Kosten des Privatgutachtens vom Auftraggeber zunächst selbst zu tragen.

Das selbstständige Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Die Begutachtung erfolgt auf Anordnung des zuständigen Gerichts nach entsprechendem Antrag durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Es dient der Beweissicherung und soll eine Einigung fördern. Gegenstand ist die Klärung von Meinungsverschiedenheiten über die Bauausführung und das Vorhandensein von Mängeln, deren Verantwortlichkeit und Ursächlichkeit. Üblicherweise werden auch die erforderlichen Mangelbeseitigungsmaßnahmen und die damit einhergehenden Mangelbeseitigungskosten durch den Sachverständigen ausgeführt. Es wird dadurch die Voraussetzungen geschaffen, dass die Parteien sämtliche erforderliche Informationen erhalten, um dann eine gütliche Einigung zu erzielen. Sollte dies nicht gelingen, wird für den nachfolgenden Bauprozess zumindest eine Verfahrensbeschleunigung bewirkt, da das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens so zu behandeln ist, als wäre die Beweiserhebung im Prozess bereits erfolgt (§ 493 I ZPO). 

Durch das selbstständige Beweisverfahren wird auch die Hemmung der Verjährung von Gewährleistungsansprüche bewirkt. Obwohl das selbstständige Beweisverfahren grundsätzlich als gerichtliches Eilverfahren angelegt ist, nimmt es deutlich mehr Zeit in Anspruch als die Einholung eines Privatgutachtens. Im selbstständigen Beweisverfahren muss der Antragsteller Vorschuss leisten. In bestimmten Konstellationen kann das selbstständige Beweisverfahren aber auch von einer Rechtsschutzversicherung abgedeckt sein.

Um das richtige Vorgehen zu wählen, muss jeweils im konkreten Einzelfall geprüft werden, welche Belange für den Betroffenen von vorrangiger Bedeutung sind. Hierbei ist es sinnvoll, frühzeitig die Unterstützung eines Fachanwalts für Bau- und Architektenrechts hinzuzuziehen.

Michael Walther

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Kanzlei Fahr Groß Indetzki


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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