Unternehmensnachfolge – was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

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Nach einer aktuellen Untersuchung des Institutes für Mittelstandsforschung, Bonn, gibt es in Deutschland 2.122.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über Euro 50.000. Den mit Abstand größten Teil dieser Unternehmen machen die in dieser Gesamtzahl enthaltenen 2.005.000 Familienunternehmen aus. In den kommenden fünf Jahren werden ca. 354.000 Unternehmen übertragen, d. h. rd. 70.000 pro Jahr (siehe hierzu www.ifm-bonn.de). Diese Zahlen geben Anlass, den Begriff „Unternehmensnachfolge“ genauer zu untersuchen.

Grundsätzlich werden mit dem Begriff „Unternehmensnachfolge“ Situationen umschrieben, in denen eine Unternehmerstellung (Beteiligung an einer Gesellschaft oder Trägerschaft eines Einzelunternehmens) an einen Nachfolger übergeben wird. Idealerweise geschieht dies innerhalb der Familie noch zu Lebzeiten des Unternehmers. Die Übertragung unternehmerischen Vermögens zu Lebzeiten hat gegenüber einer letztwilligen [1] Übertragung neben den steuerlichen Vorzügen [2] auch den Vorteil, dass der Nachfolger unter den Augen des Seniors schrittweise an das Unternehmen herangeführt werden und dieser bei etwaigen Fehlentwicklungen korrigierend eingreifen kann. Bei allen diesen Vorteilen darf das oberste Gebot jeder lebzeitigen Übertragung – die Sicherstellung der Versorgung des Übergebers und ggf. seiner Ehefrau – aber nicht aus den Augen verloren werden. Nur wenn diese anderweitig gesichert ist, erfolgt die Übertragung ohne jegliche „Gegenleistung“. Andernfalls behält sich der Übergeber entweder einen (Quoten- oder Bruchteils-) Nießbrauch vor [3] oder aber er vereinbart mit dem Übernehmer die Zahlung von wiederkehrenden Leistungen. Diese können in Form von Leibrenten oder – ertragsteuerlich optimierend – dauernden Lasten erbracht werden. Alle diese Versorgungsleistungen sind jedoch generell dadurch gekennzeichnet, dass sie von einem entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und damit auch von der Managementleistung des Nachfolgers abhängen. Will sich der Übergeber nicht in eine solche Abhängigkeit begeben, so bietet sich der Verkauf des unternehmerischen Vermögens [4] an. Bei dieser Variante wird die Versorgung des Übergebers über den Kaufpreis sichergestellt. Daneben wird liquides Vermögen geschaffen, das dazu verwendet werden kann, Kinder und ggf. Enkelkinder zu beschenken oder zu bedenken.

Die zuvor behandelte Idealsituation, dass ein Familienmitglied zum Zeitpunkt der geplanten Übergabe des unternehmerischen Vermögens vorhanden und hierzu bereit ist, ist nicht einmal bei der Hälfte der in den nächsten Jahren zu übergebenden Unternehmen vorhanden. Dies muss aber nicht das Ende des Unternehmens bedeuten. So bietet es sich an, eine fremde Geschäftsführung für eine vorübergehende Zeit einzusetzen, wenn zwar ein familieninterner Nachfolger vorhanden, dieser zum Zeitpunkt der Übergabe für diese Aufgabe aber noch nicht bereit ist.

Ist überhaupt kein familieninterner Nachfolger vorhanden, so besteht die Möglichkeit, das Unternehmen oder Unternehmensteile an die im Unternehmen beschäftigten Führungskräfte zu übertragen. Leitende Angestellte werden (Mit-) Eigentümer [5]. Verfügen diese nicht über die für die Übernahme erforderlichen Mittel, so bietet sich neben der Beschaffung der (noch) nötigen Mittel von Dritten (z. B. Banken oder Kapitalbeteiligungsgesellschaften) oder vom bisherigen Eigentümer die Beteiligung weiterer oder aller Mitarbeiter in Form von Fremd- oder Eigenkapital an. Vorteil einer solchen Mitarbeiterbeteiligung ist neben der konkreten Finanzierung die Förderung der Mitarbeitermotivation sowie die Bindung qualifizierter Mitarbeiter an das Unternehmen.

Lässt sich unter den leitenden Angestellten eines Unternehmens kein geeigneter Nachfolger finden oder kommt eine Mitarbeiterbeteiligung nicht in Betracht, so steht als Alternative der Verkauf an externe Führungskräfte [6] zur Verfügung.

Will sich der Senior für keine der vorgenannten Möglichkeiten entscheiden, so kommt auch ein (klassischer) Unternehmensverkauf oder die Gründung einer unternehmensverbundenen [7], Familien– [8] oder gemeinnützigen Stiftung [9] in Betracht. Wie bei der Übertragung innerhalb der Familie empfiehlt sich auch bei Stiftungen deren Errichtung noch zu Lebzeiten, da der Stifter nur so die laufende Stiftungsarbeit durch sein persönliches Vorbild und seine Zielsetzungen prägen und Fehlentscheidungen bei der Besetzung der Stiftungsorgane korrigieren kann.

[1]   testamentarischen oder erbvertraglichen

[2]   Möglichkeit, die persönlichen Erbschaftsteuerfreibeträge sowie den Freibetrag und Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen alle zehn Jahre zu nutzen; Wertsteigerungen des Unternehmens vollziehen sich bereits unmittelbar bei dem künftigen Erben, sodass eine Einkommensverlagerung auf den Nachfolger stattfindet und die Bandbreite der Progression bei Erbschaft- und Ertragsteuer ausgenutzt werden kann

[3]   bzw. wendet ihn ggf. seiner Ehefrau zu

[4]   ggf. gegen Veräußerungsrente oder Kaufpreisraten

[5]   sog. MBO = Management-Buy-Out

[6]   sog. MBI = Management-Buy-In

[7]   Bei der unternehmensverbundenen Stiftung ist zu unterscheiden zwischen:

- Unternehmerträgerstiftung: die Stiftung betreibt ein Unternehmen unmittelbar selbst,

- Beteiligungsträgerstiftung: die Stiftung hält Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften und

- Komplementärstiftung: die Stiftung ist persönlich haftende Gesellschafterin einer KG und nimmt die Funktion als Führungsholding wahr

[8]   Zweck der Familienstiftung ist es, das Vermögen zusammenzuhalten und aus den Erträgen die Familie des Stifters zu versorgen.

[9]   Die gemeinnützige Stiftung dient dazu, mit dem Vermögen des Stifters gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i. S. d. §§ 51 ff. AO zu verfolgen. Aus diesem Grunde genießt sie fast vollständige Steuerfreiheit.-



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