Vererben in der EU – Erbrechtsverordnung tritt in Kraft
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Franz Branntwein und seine Frau Sissi lieben die Sonne und das Meer. Deshalb verbringen sie ihren Lebensabend auf Mallorca. Mit ihr hatte er, als sie noch in Deutschland lebten, ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Dabei wählten sie die Variante des Berliner Testaments, indem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und bestimmten, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an ihre Tochter Johanna fallen soll. Weitere Gedanken über ihr Erbe haben sie sich nicht gemacht – insbesondere nicht darüber, dass sich ihr Erbe einmal vor spanischen Gerichten nach spanischem Erbrecht vollzieht, das gemeinschaftliche Testamente nicht kennt. Das Testament hat dort keine Wirkung. Statt des eigenen Willens gelten die gesetzlichen Regeln.
Mehr Ordnung durch Erbrechtsverordnung
So wie ihnen geht es vielen, die im Ausland leben und einmal sterben. Je nach Aufenthaltsort richtete sich die Erbschaft dann mitunter gar nach dem Erbrecht verschiedener Länder wie etwa in Frankreich. In Italien wiederum kam es auf die Staatsangehörigkeit des Verstorbenen an. In Spanien galt spanisches Erbrecht – in dieses „Durcheinander“ brachte die EU mit der nun in Kraft getretenen Erbrechtsverordnung (ErbVO) aus ihrer Sicht mehr Ordnung.
Für alle Todesfälle ab dem 17. August 2015
Demnach gilt für alle Todesfälle ab dem 17. August 2015 das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene sich zuletzt gewöhnlich aufhielt. Das ist insbesondere der Fall bei Auswanderern. So unterliegt der gesamte Nachlass französischem Erbrecht und nicht nur etwaig dort belegenen Vermögens wie etwa Immobilien. Italienisches Erbrecht gilt fortan auch für dort lebende ausländische Staatsangehörige. Nur die EU-Staaten Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich haben die Erbrechtsverordnung bislang nicht ratifiziert.
Europäisches Nachlasszeugnis statt Erbschein
Daneben regelt die Erbrechtsverordnung auch die Zuständigkeiten, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen wie der von öffentlichen Urkunden. Viel einfacher werden soll der Nachweis der Erbentstellung zudem durch ein neues, international anerkanntes Europäisches Nachlasszeugnis. Mit einem deutschen Erbschein kamen Erben im Ausland meist nicht weit. Umgekehrt galt dasselbe mit ausländischen Legitimationsdokumenten in Deutschland. Diese Erbnachweise behalten auch nach Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses auf der jeweiligen nationalen Ebene jedoch weiterhin ihre Berechtigung.
Wahl des einschlägigen Erbrechts möglich
Davon bereits jetzt konkret wie auch noch vage betroffene Erblasser mit Wegzugsplänen müssen handeln, wenn sie dem durch die Verordnung vorgegebenem ausländischen Erbrecht entgehen wollen. Jedermann kann dazu nach der Verordnung nun das Erbrecht wählen, dessen Staatsangehörigkeit(-en) er besitzt. Auch das war zuvor nicht in dieser Allgemeinheit möglich. In Deutschland muss die Wahl des Erbrechts dabei mittels Testament oder Erbvertrag erfolgen. Für die eingangs erwähnten auf Mallorca lebenden Eheleute bedeutet das, dass sie nun in ihr Testament eine entsprechende Bestimmung aufnehmen können und auch sollten, falls das Berliner Testament angewandt werden soll. Sich einfach auf das eigene Erbrecht festzulegen sollte man dennoch gut überlegen. Schließlich bietet auch ausländisches Erbrecht mitunter Gelegenheit zu vorteilhaften Erbfolgeregelungen.
(GUE)
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