Vergewaltigung - Anforderungen an Freispruch (Erfahrungen LG-Bezirk Augsburg)

  • 2 Minuten Lesezeit

Freispruch bei Vorwurf der Vergewaltigung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 13. August 2014 – 2 StR 573/13 – ein erstinstanzliches Urteil aufgehoben, welches den Täter vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen hat. Die Nebenklägerin hatte gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision eingelegt.

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, die Nebenklägerin in den frühen Morgenstunden des Tattags auf ihrem Heimweg aus der Diskothek „T.“ gepackt, an den Haaren zu seinem Geschlechtsteil heruntergezogen und aufgefordert zu haben, den Oralverkehr an ihm durchzuführen. Da sich die Nebenklägerin heftig gewehrt und ihm in den Penis gebissen habe, habe er sie mit dem Bauch auf einen Mauervorsprung gedrückt, ihr Hose und Slip heruntergezogen und den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durchgeführt. Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten. Er gab an, dass beide einverständlich von hinten den vaginalen Geschlechtsverkehr durchgeführt hätten.

Der Strafsenat führt im Urteil vom 13. August 2014 aus:

„Das Tatgericht hat es bereits versäumt, die Einlassungen des Angeklagten im Laufe des Ermittlungsverfahrens zu schildern, so dass das Revisionsgericht nicht nachprüfen kann, inwieweit die Angaben des Angeklagten tatsächlich konstant und mit Blick auf ihren Zeitpunkt plausibel sind. Da nicht mitgeteilt wird, ob – was naheliegt – die Einlassung über seinen Verteidiger nach erfolgter Akteneinsicht erfolgte, kann insbesondere nicht überprüft werden, ob das Landgericht auch bedenken musste, dass die Einlassungen des Angeklagten an den Ermittlungsstand angepasst gewesen sein konnten ...

Da der Angeklagte erst aufgrund des DNA-Treffers im Januar 2012 identifiziert werden konnte, hätte es schließlich der Darlegung bedurft, weshalb die Ermittlungen nach der Anzeigeerstattung ohne Erfolg geblieben sind und ob dem Angeklagten die Gründe dafür, warum er über seinen Spitznamen „A.“, seine Telefonnummer und seine behauptete Rolle als bekannter Stammgast der Diskothek nicht ermittelt werden konnte, bekannt waren
...

Erfahrungen als Opfervertreter im LG-Bezirk Augsburg

Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Steffgen ist Fachanwalt für Strafrecht. Er vertritt seit über 10 Jahren Opfer, u.a. für die Opferschutzorganisation Weisser Ring. Da er auch als Verteidiger, u.a. als Zertifizierter Verteidger für Jugendstrafrecht, tätig ist, kennt er beide Seiten.

Sexualdelikte finden erfahrungsgemäß grundsätzlich zwischen zwei Personen statt. Demzufolge ist das Opfer in der Regel das einzige, zumindest aber entscheidende Beweismittel. Die Gerichte müssen sowohl bei einer Verurteilung als auch bei einem Freispruch fehlerfreie und nachvollziehbare Feststellungen treffen, um vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung Bestand zu haben.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs führt hierzu im Urteil vom 13. August 2014 aus:

„… Das Landgericht hätte diese Lücke in den Urteilsdarlegungen schließen müssen. Auch die Wertung des Umstands als entlastend, dass der Angeklagte der Schwester der Geschädigten seine (angebliche) Telefonnummer mitteilte, ist nicht rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat nicht erkennbar berücksichtigt, dass die ihm vorgeworfene Tat nach dem Gespräch mit der Schwester der Geschädigten stattfand.

Diese Darlegungs- und Erörterungsmängel sind durchgreifend.“


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema