Verkehrsunfall - was nun?

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Wer in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, hat keine Zeit, sich einen langen Ratgeber zum Thema durchzulesen. Die nachfolgenden Tipps sind bewusst knapp gehalten. Sie können (und sollten) im Handschuhfach mitgeführt oder bei Bedarf auf dem Smartphone in Erinnerung gerufen werden.

1. Unmittelbar nach dem Unfall

a. Anhalten und Unfallstelle sichern!

Wenn Sie nicht ausschließen können, an einem Verkehrsunfall beteiligt zu sein, dürfen Sie Ihre Fahrt nicht fortsetzen – Sie riskieren sonst ein Strafverfahren und den Verlust Ihrer Fahrerlaubnis!

Stoppen Sie Ihr Fahrzeug, schalten Sie den Motor ab und die Warnblinkanlage ein, ziehen Sie eine Warnweste an und sichern Sie die Unfallstelle mit dem Warndreieck Ihres Fahrzeugs. Warnen Sie an unübersichtlichen Stellen andere Verkehrsteilnehmer mit Handzeichen.

Wenn unzweifelhaft nur ein Bagatellschaden entstanden ist, muss die Unfallstelle – insbesondere bei starkem Verkehrsaufkommen – rasch geräumt werden. Dokumentieren Sie in diesem Fall die Stellung der Fahrzeuge sofort mit der Kamera Ihres Mobiltelefons! Achten Sie hierbei auf den fließenden Verkehr!

b. Bei Bedarf: Hilfe leisten und Notruf absetzen!

Verschaffen Sie sich einen Überblick: Gibt es Verletzte, denen Hilfe geleistet werden muss? Muss ein Notarzt (Tel. 112) gerufen werden? Von einfachen und frühzeitig durchgeführten Maßnahmen kann das Leben eines Verletzten abhängen. Auch schwere Unfallfolgen können durch eine schnelle Erstversorgung oft verhindert werden. Wenn sie erforderliche und zumutbare Hilfeleistungen unterlassen, machen Sie sich strafbar!

Für den Notruf gilt:

  • Wer meldet den Unfall? (Nennen Sie Ihren Namen!)
  • Wo hat sich der Unfall ereignet? (Bezeichnen Sie den Unfallort möglichst genau!)
  • Was ist passiert? (Beschreiben Sie den Unfall mit wenigen Worten, nennen Sie die Zahl der Verletzten und die Art der Verletzungen! Teilen Sie ggf. auch mit, dass Treibstoffe die Fahrbahn verunreinigt haben!

c. Polizei rufen?

Kommt die Polizei zur Unfallstelle, erfasst sie die Unfallbeteiligten und ggf. anwesende Zeugen, sichert in der Regel – aber leider nicht immer zufriedenstellend – die Spuren und nimmt evtl. Aussagen von Unfallbeteiligten und Zeugen bereits am Unfallort auf. Für die spätere Schadensregulierung kann dies von Vorteil sein.

Allerdings muss die Polizei bei Bagatellunfällen ohne Personenschäden nicht zwingend gerufen werden. Bedenken Sie: Derjenige, der nach Auffassung der Polizeibeamten den Unfall verursacht hat, wird meist kostenpflichtig verwarnt und so für das weitere Verfahren als Unfallverursacher „festgeschrieben“. Wenn Sie nicht ausschließen können, dass die Polizeibeamten Sie als Unfallverursacher ansehen werden, sollten Sie bei bloßen „Blechschäden” daher nicht die Polizei rufen. Je nach Region und Uhrzeit kann es bis zum Eintreffen der Polizei außerdem mehrere Stunden dauern. Je nach Bundesland beschränkt sich die Polizei am Unfallort darauf, die Daten der Beteiligten aufzunehmen – das können Sie auch selbst. Hierauf dürfen Sie andere Unfallbeteiligte hinweisen, wenn Uneinigkeit darüber besteht, ob die Polizei gerufen werden soll.

d. Beweise sichern!

Fertigen Sie ein Unfallprotokoll an. Ein Formular hierfür können Sie zum Beispiel beim ADAC oder auch auf der Website von Rechtsanwalt Maik Bunzel herunterladen. Bewahren Sie es am besten stets in mindestens zweifacher Ausfertigung in Ihrem Handschuhfach auf.

Ist kein Formular zur Hand, notieren Sie sich Namen und Kontaktdaten der Unfallbeteiligten und eventueller Zeugen. Vermerken Sie, wer gefahren ist und wer auf welchen Plätzen der Fahrzeuge gesessen hat. Notieren Sie die Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge, die Halterdaten aus der Zulassung und die Namen der Versicherungen. Halten Sie die Unfallstelle (Straße mit Hausummer, Kreuzung oder Kilometerstein), das Datum, die Uhrzeit und die Witterungsverhältnisse fest. Fertigen Sie möglichst viele Fotos von der Unfallstelle aus verschiedenen Perspektiven und Entfernungen und achten Sie hierfür auch auf Bremsspuren etc. auf der Fahrbahn. Fotografieren Sie die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen. Haben Sie kein entsprechendes Mobiltelefon und auch keinen Fotoapparat zur Hand, bitten Sie ggf. Passanten um Hilfe. Erstellen Sie eine Skizze vom Unfallhergang.

e. Kein Schuldanerkenntnis!

Erklären Sie gegenüber Unfallbeteiligten und Zeugen niemals, dass Sie für den Unfall die Verantwortung übernehmen. Äußern Sie sich stattdessen gar nicht zum Unfallhergang, sondern beschränken Sie sich auf die Punkte a bis d.

Legt Ihnen Ihr Unfallgegner ein Dokument zur Unterschrift vor, unterschreiben Sie es nur, wenn Sie die rechtlichen Folgen abschätzen können. Im Zweifel unterschreiben Sie lieber nichts: Ein (wirksames) Schuldanerkenntnis kann zum Verlust Ihres Versicherungsschutzes führen!

Ist die Polizei am Unfallort, beachten Sie Folgendes: Wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass Sie ein Mitverschulden am Unfall trifft, sollten Sie keinerlei Angaben zum Unfallhergang machen. Sie müssen sich nicht selbst belasten und aus Ihrem Schweigen dürfen keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Machen Sie nur Angaben zu Ihrer Person. Bezahlen Sie ein Verwarnungsgeld nur dann, wenn Sie vollkommen sicher sind, den Unfall schuldhaft zumindest mitverursacht zu haben.

2. Nach dem Verlassen der Unfallstelle

Informieren Sie Ihre Versicherung, lassen Sie ggf. Ihre Verletzungen zeitnah ärztlich dokumentieren und veranlassen Sie, dass der Schaden an Ihrem Fahrzeug sachkundig festgestellt wird. Bei Schäden bis ca. 750 € genügt hierfür der Reparaturkostenvoranschlag einer Kfz-Fachwerkstatt. Bei höheren Schäden sollten Sie einen Kfz-Sachverständigen damit beauftragen, ein Gutachten zu erstellen. Wichtig: Lassen Sie Ihr Fahrzeug bei hohen Schäden nicht vorschnell reparieren, sonst könnten Sie später in Beweisnot geraten! Dies gilt auch, wenn Sie Ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen und später Streit über die Ersatzpflicht des Unfallgegners entsteht. 

Bei der Korrespondenz mit Ihrer Versicherung, bei der gerichtsfesten Dokumentation Ihrer Verletzungen und der Schäden an Ihrem Fahrzeug werden bereits die Weichen für einen eventuell zu führenden Rechtsstreit gestellt! Hier zahlt es sich in aller Regel aus, frühzeitig einen Rechtsanwalt mit der Unfallregulierung zu beauftragen, der über besondere Qualifikationen im Verkehrsrecht verfügt.



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