Wer bekommt einen Pflichtverteidiger? Pflichtverteidigung in Leipzig und Umgebung

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Pflichtverteidiger – wie funktioniert das eigentlich?

Der Rechtsunkundige oder im Strafprozess Unerfahrene stellt sich bei dem Begriff „Pflichtverteidiger” eine Dame oder einen Herrn vor, die bzw. der vom Gericht „zwangsweise” mit der Verteidigung eines Beschuldigten beauftragt wird, im Gegensatz zu Rechtsanwälten, die von ihren Auftraggebern ausgewählt und mandatiert werden.

Ganz so einfach ist es aber nicht:

Pflichtverteidiger nennt man gewöhnlich den Rechtsanwalt, der im Falle einer notwendigen Verteidigung vom Gericht beigeordnet wird.

Aber wann ist die Verteidigung „notwendig”?

Laut Gesetz (§ 140 StPO) in bestimmten Fällen, z. B. wenn der Prozess vor dem Landgericht beginnt, wenn ein Verbrechen (Mord, Totschlag, Vergewaltigung etc.) angeklagt ist oder wenn sich der Beschuldigte in (Untersuchungs-)Haft befindet. Und: wenn eine bestimmte „Schwere der Tat” gegeben ist oder die Sach- oder Rechtslage „schwierig” ist.

Wann liegt die „Schwere der Tat” aber vor?

Hier gibt es keine festen Regeln, aber eine gefestigte Rechtsprechung. In der Regel entscheidet die zu erwartende Strafe: Ab drohender Freiheitsstrafe von 1 Jahr ist ein Fall der notwendigen Verteidigung z. B. regelmäßig gegeben.

Schwierig kann nach der Rechtsprechung die Sach- und Rechtslage zum Beispiel dann sein, wenn

  • ein beschuldigter Ausländer Verständigungsschwierigkeiten hat,
  • sich in der Strafakte belastende Gutachten befinden, ein Akteneinsichtsrecht aber nur der Rechtsanwalt hat,
  • bei Verurteilung der Widerruf einer Bewährung droht,
  • nach Freispruch in der Vorinstanz die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel eingelegt hat sowie
  • in weiteren zu prüfenden Fällen.

Beachten Sie weiter, dass Sie auch den Pflichtverteidiger aus der Anwaltschaft frei wählen können! Sie sind nicht an den Vorschlag des Gerichts gebunden.

Falls Sie ein Schreiben des Gerichts etwa mit dem Inhalt

„... das Gericht beabsichtigt, Ihnen Herrn Rechtsanwalt xy als Pflichtverteidiger beizuordnen ...”,

erhalten, sollten Sie schnellstmöglich einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl beauftragen und seine Bestellung zum Pflichtverteidiger beantragen. Denn: Die vom Gericht vorgeschlagenen, daher bevorzugten Rechtsanwälte verteidigen in der Regel nicht sonderlich engagiert und kritisch, machen den Gerichten „wenig Arbeit“, raten zu frühen Geständnissen, ohne zu prüfen, ob dies in der Verfahrenssituation sinnvoll ist, und begleiten Sie so zu Ihrer sicheren Verurteilung. Das wird Ihnen dann oft noch als „gutes Ergebnis“ verkauft.

Einer solchen fatalen Entwicklung sollten Sie frühzeitig vorbeugen und sich Ihren Verteidiger aussuchen. 

Ich freue mich, wenn Ihnen dieser Beitrag weiterhilft.

Ihr

Patrick Graf zu Stolberg

– Strafverteidigung in Leipzig und Umgebung –

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