Zeitreihenvergleich als Schätzungs-Methode eingeschränkt

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Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zum so genannten Zeitreihenvergleich hat Bedeutung für eine Vielzahl von Betriebs-Prüfungen durch Finanzämter. In vielen Fällen wurden bei Mandanten (Unternehmen) die Mehrergebnisse aufgrund eines so genannten Zeitreihenvergleichs geschätzt. Hierbei handelt es sich um eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode, bei welcher die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebes in kleine Einheiten zerlegt werden.

Für jede Woche wird in einem zweiten Schritt dann der Rohgewinnaufschlagsatz ermittelt (hierbei handelt es sich um das Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen). Die Betriebs-Prüfungen gehen dabei so vor, dass nach ihrer Ansicht der sich hieraus ergebende höchste Rohgewinnaufschlagsatz auf das gesamte Jahr angewandt werden darf.

Ein aktuelles Urteil gibt jedoch Hoffnung: Der BFH hat diese Schätzungsmethode (bei Betriebsprüfungen) jetzt unter die Lupe genommen und Einschränkungen formuliert:

  • Zunächst muss das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb das ganze Jahr über weitgehend konstant sein, damit ein Zeitreihenvergleich überhaupt anwendbar ist.
  • Ist die Buchführung formell ordnungsgemäß, so ist ein Zeitreihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung von vorneherein ungeeignet. Es bleibt vielmehr bei der Vermutung der Richtigkeit der Buchführung gem. § 158 Abgabenordnung (AO).
  • Wenn die Buchführung formell jedoch nicht ordnungsgemäß sein sollte, ist entscheidend, ob materielle Unrichtigkeiten der Buchführung konkret durch das Finanzamt nachgewiesen worden sind. Sollte ein solcher Nachweis nicht vorliegen, so muss das Finanzamt vorrangig andere Schätzungsmethoden als den Zeitreihenvergleich anwenden.
  • Wenn jedoch solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, darf zwar der Zeitreihenvergleich angewandt werden. Dieser muss jedoch kritisch in seinem Ergebnis gewürdigt werden. Somit kann der Zeitreihenvergleich in der Praxis maximal einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden. Er ist jedoch oftmals nicht geeignet, die alleinige Grundlage für eine Schätzung darzustellen.

Die Sozietät LHP aus Köln weist ihre Mandanten in diesem Zusammenhang auch auf einen wichtigen Punkt hin, den der BFH im oben genannten Urteil aktuell betont: Wenn ein Mandant eine programmierbare Kasse einsetzt, kann bereits das Fehlen der hierfür aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (Betriebsanleitung, Programmierprotokolle) einen formellen Mangel der Buchführung darstellen, welcher grundsätzlich schon allein zu einer Hinzuschätzung führen kann. Die Rechtsanwälte von LHP wissen: Wie jeder Grundsatz gelten aber auch hier Ausnahmen, die im Einzelfall geprüft und besprochen werden sollten.

Schätzungen sind zudem oftmals verhandlungsfähig und sollten insbesondere auf Ihre Nachvollziehbarkeit und Plausibilität überprüft werden. Oftmals sind Mandanten (Unternehmer, vermögende Privatpersonen) überrascht, welche hohen Gewinne/Einkünfte sie angeblich erwirtschaftet haben sollen. Hier sollte dann anhand der besonderen betrieblichen Faktoren die Schätzung des Finanzamtes kritisch überprüft werden.

Auch muss in den Blick genommen werden, dass ein hohes Schätzungsergebnis nach Ansicht mancher Betriebsprüfer zu einem Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung führen kann. Dies hängt jedoch oftmals eher vom Verfolgungswillen des Betriebsprüfers ab. Wird jedoch ein Steuerstrafverfahren eingeleitet oder dies angedroht, so sollte keine Einigung allein mit der Betriebs-Prüfung erfolgen. Vielmehr bietet es sich an, für beide Verfahren einen Deckel im Sinne einer Einigung zu finden (sog. doppelte Verständigung). Wenn sich eine Einigung jedoch nicht ergibt, so steht dem Unternehmer / Mandant dann selbstverständlich das Einspruchs- und Klageverfahren beim Finanzgericht offen. Im Klageverfahren sind dann Mängel von Schätzungsberechnungen anzugreifen. Dies wirkt sich dann auch im etwaigen Steuer-Strafverfahren aus.

Weitere Informationen unter: https://www.lhp-rechtsanwaelte.de/steuerrecht/aussenpruefung/schaetzung-bei-betriebspruefung/

RA Dirk Beyer

Fachanwalt für Steuerrecht

LHP Rechtsanwälte Köln, Zürich


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