Ansprüche von Fahrzeugbesitzern im Diesel-Skandal auf den Punkt gebracht

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Ansprüche gegen Autohändler

Fahrzeuge mit einer Abgasreinigungs-Abschalteinrichtung sind nach herrschender Meinung mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Ziffer 2 BGB. Daran ändert nichts, dass die Fahrzeuge einwandfrei fahren und es noch kein Fahrverbot gibt.

Betroffene Fahrzeugbesitzer haben daher gegen die Autohändler nach § 437 BGB folgende Rechte:

  1. Beseitigung des Mangels
  2. Lieferung eines neuen mangelfreien Fahrzeugs
  3. Rücktritt vom Kaufvertrag
  4. Minderung des Kaufpreises
  5. Schadensersatz

An der Beseitigung des Mangels haben die Fahrzeugbesitzer verständlicherweise kein Interesse, weil das angebotene Software-Update zu Schäden führen kann und nur eine relativ geringe Verringerung der Stickoxidemissionen von 20 bis 30 % eintreten soll.

Der Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeuges ist deshalb besonders interessant, weil der Autohändler keine Entschädigung für die bisherige Nutzung des mangelhaften Fahrzeuges verlangen kann. Ob ein Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeuges besteht, ist allerdings umstritten. Dagegen spricht, dass es gar kein Exemplar desselben Modells oder eines Nachfolgemodells gibt, das keine Abschalteinrichtung aufweist. Dem Autohändler ist es daher eventuell unmöglich, ein mangelfreies Ersatzfahrzeug zu liefern. Gleichwohl hat das Landgericht Offenburg einen Autohändler am 14.02.2017 dazu verurteilt, gegen Rückgabe des alten Fahrzeuges einen neuen VW Tiguan zu liefern (Az.: 3 O 77/16).

Der Rücktritt von Kaufvertrag ist nicht so interessant wie die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs, weil der Fahrzeugbesitzer Entschädigung für die Nutzung des mangelhaften Fahrzeuges leisten muss (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.09.2009, Az.: VIII ZR 243/08).

Gegen eine Minderung des Kaufpreises spricht, dass der Wertverlust des Fahrzeuges schwierig festzustellen ist und die Vorteile der Lieferung eines neuen Fahrzeuges weitaus größer sind.

Schließlich scheitern Schadensersatzansprüche i. d. R. daran, dass die Autohändler für die Mängel nicht verantwortlich sind, weil sie beim Verkauf der Fahrzeuge keine Kenntnis von den Abschalteinrichtungen gehabt haben. Außerdem muss der Käufer auch beim Schadensersatz Nutzungsentschädigung zahlen.

Verjährung

Die Ansprüche aus § 437 BGB verjähren nach § 438 Abs. 1 Ziffer 3 BGB zwei Jahre nach Auslieferung des Fahrzeuges an den Käufer. Damit dürften die Gewährleistungsrechte in den meisten Fällen bereits verjährt sein. Allerdings hat sich VW anscheinend bisher aus Imagegründen nicht darauf berufen, dass die Gewährleistungsansprüche verjährt sind. Handelt es sich bei dem Autohändler um eine 100 %ige Tochter des Herstellers, könnte die Verjährungsfrist außerdem 10 Jahre betragen, weil der Hersteller den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Ansprüche gegen Hersteller

Es bestehen auch Ansprüche gegen die Hersteller der manipulierten Diesel-Fahrzeuge.

Zum Beispiel ist das Landgericht Kleve der Auffassung, dass ein Anspruch auf Schadensersatz besteht, weil die Manipulation der Motorsteuerung einen Verstoß gegen die guten Sitten nach § 826 BGB und einen Betrug zu Lasten des Autokäufers darstellt. Der Käufer könne den Kaufpreis abzüglich einer Entschädigung für die Nutzung des mangelhaften Fahrzeuges verlangen (Urteil vom 31.03.2017, Az.: 3 O 252/16).

Außerdem wird die Auffassung vertreten, dass den Autokäufern nach § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche zustehen, weil die Hersteller unrichtige Übereinstimmungsbescheinigungen nach dem Anhang IX der Europäischen Richtlinie 2007/46/EG ausgestellt haben. Es handelt sich hierbei um eine Erklärung der Hersteller, dass die Fahrzeuge allen gesetzlichen Vorschriften entsprechen, was wegen der verbotenen Abschalteinrichtung nicht zutrifft.

Rechtsschutz

Streitigkeiten im Zusammenhang mit den genannten Ansprüchen sind i. d. R. sowohl vom Verkehrsrechtsschutz als auch vom Privatrechtsschutz gedeckt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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