Business-Wegweiser für Nigeria – Teil 2: Kulturstandards in Nigeria

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Die tägliche Arbeit mit unseren Mandanten aus Nigeria zeigt deutlich, wie wichtig kulturelles Verständnis für einen geschäftlichen Erfolg mit Nigerianern ist. Natürlich ist dies auch wichtig, wenn Sie mit französischen oder spanischen Geschäftspartnern zu tun haben; mit Nigerianern entscheidet dieses Verständnis aber deutlich leichter über den Erfolg Ihres Vorhabens.

Häufig sind Ihre Geschäftspartner sehr gut gebildete Nigerianer, die geschäftlich in aller Herren Länder unterwegs sind. Typisch ist folgende Konstellation: Beide Ehepartner sind berufstätig, oft selbstständig. Sind die Kinder groß genug, besuchen Sie häufig Schulen in USA und England und verbringen die Ferien zu Hause.

Nigerianer, insbesondere Igbos, sind sehr bildungsaffin. Selbständige operieren häufig nach dem Prinzip „dont put your eggs in one basket” und bewegen sich in unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Beispielsweise erwerben unsere Mandanten Maschinen in Deutschland oder interessieren sich für Fertigungsstraßen, die sie ins Heimatland mitnehmen möchten. Dann fragen Sie nach speziellen Fahrzeugen oder Solartechnik an. Ein aktueller Trend ist die Zucht von Catfisch in Nigeria von Privat – also interessieren sich viele Mandanten zusätzlich für dieses Nebengeschäft und kaufen hier Zubehör ein. Andere Mandanten repräsentieren deutsche Unternehmen in Nigeria und arbeiten auf Provisionsbasis.

Typisch ist, dass der nigerianische Mandant auf Ihrem Weg nach USA oder auf dem Rückweg von England einen Zwischenstopp in Frankfurt für eine Besprechung in unserem Büro oder am Airport einlegen. Oft begleiten wir unsere Mandanten zu Vertragsverhandlungen in deutsche Unternehmen oder erstellen und prüfen entsprechende Verträge und Konditionen. Unsere Mandanten wissen, dass wir sie verstehen und eine Vorstellung davon haben, wie sie zuhause leben, wie wichtig die Familie ihnen ist und wie sie Geschäfte machen. Wenn Sie ähnlich agieren, schaffen Sie Vertrauen.

Igbos tendieren häufig zur Selbständigkeit und wollen sich unabhängig machen. Muslimische Haussa aus dem Norden dagegen orientieren sich häufig am „Emir-Prinzip,“ eine Person hat das Sagen und leitet eine ganze Struktur. Ich erinnere mich gut an meinen ersten Besuch in Nigeria: wir mussten Geld auf dem Schwarzmarkt tauschen. Die Händler dort waren ausnahmslos Hausas, sehr gut durchorganisiert haben Sie den Geldmarkt im Griff. Sie werden höflich und korrekt behandelt, einer zählt Ihr Geld, während ein anderer bereits den Gegenwert in Naira besorgt, ein weiterer zählt nochmals ab, dann zählt man selbst ab, Ihr Geschäftspartner wartet und erst wenn Sie OK sagen, ist die Transaktion beendet. Das alles geschieht unter der Kontrolle mehrerer Personen, die auch aufpassen, dass die Transaktion ruhig, geordnet und sicher abläuft. Dies funktioniert deshalb so gut, weil alle in ein System eingebunden sind, an einen Geschäftsherrn berichten und nicht jeder auf eigene Rechnung arbeitet.

1. Zeit

„Zeit” in Deutschland und „Zeit” in Nigeria können unterschiedlicher nicht sein. Deutsche Zeitplanung kennen Nigerianer nicht. Es werden meistens mehrere Dinge gleichzeitig erledigt. Ein Igbo sagt „I am coming!”  –  und geht zunächst weg, um irgendwann später zurückzukommen. Pünktlichkeit ist gern gesehen, aber über der Pünktlichkeit steht immer die persönliche Situation des Einzelnen, z. B. familiäre Ereignisse, überraschender Besuch, etc. Die Verschiebung von Terminen ist an der Tagesordnung, und Verspätungen sind kein Zeichen von Respektlosigkeit, sie gehören dazu. Dies gilt noch mehr im privaten Bereich. Gerade wenn Sie die deutsche Arbeitsweise kennen, fällt es häufig sehr schwer, sich umzugewöhnen. Wenn Sie einen Termin ansetzen wollen, achten Sie auf genügend Vorlaufzeit und rufen Sie am Tag vor dem Termin nochmals an, um ihn rückbestätigen zu lassen.

Unterschätzen Sie in diesem Zusammenhang niemals die Wichtigkeit familiärer Ereignisse! Erscheint Ihr Geschäftspartner doch nicht oder stehen Sie vor verschlossener Tür, sind dafür familiäre Verpflichtungen eine häufige Erklärung, die z. B. eine plötzliche Abreise in das Heimatdorf zwingend notwendig gemacht haben. Es gilt: Familiengelegenheiten haben immer Vorrang vor geschäftlichen Verabredungen. Außerdem gilt für Nigerianer: Je höher der Status, desto später erscheinen sie zum Meeting.

2. Lebenseinstellung

Das den Deutschen innewohnende Streben nach Sicherheit ist Nigerianern fremd. Vielmehr wird den Gefahren des täglichen Lebens (Überfälle, Diebstähle, Korruption, Unfälle, Krankheiten etc.) mit Fatalismus begegnet und auf unvorhergesehene Ereignisse mit Kreativität und Improvisationstalent reagiert.

Nigerianer agieren spontan. Es ist nicht unüblich, dass nigeriansche Mandanten sich sehr kurzfristig ankündigen und mitteilen, Sie seinen ab Übermorgen für ein paar Tage in Deutschland und benötigen einen Termin für eine Besprechung. Nigerianer leben in der Regel im „Hier und Jetzt.“ Investition in die Altersvorsorge wird anders als in Deutschland betrieben. Nigerianer investieren eher in die Großfamilie, also z. B. in kostenintensive Ausbildung des Nachwuchses, nicht aber in Rentenfonds. Im Gegenzug wird die Versorgung der Senioren im Alter erwartet.

Nigerianer legen hohen Wert auf gute Kleidung und einen guten Auftritt, ein gutes Aussehen ist wichtig. Ein Nigerianer geht davon aus, dass persönlicher Erfolg auch sichtbar sein sollte. Hier zeigt sich häufig ein großer Unterschied zwischen den Kulturen. Auch für Nigerianer ist das Mobiltelefon Statussymbol und unverzichtbares Kommunikationsmittel. Mobiles Banking ist Standard – und auch sinnvoll bei der großen Masse der kontolosen Bevölkerung.

3. Raum – Leben in der Öffentlichkeit

Das Leben spielt sich in Nigeria vorwiegend im öffentlichen Raum ab. Ein individualisierter Rückzugsbereich wie in der westlichen Kultur wird kaum beansprucht. So ist es ganz normal, wenn man auch bei einem Geschäftstreffen nahe zusammen steht. Dasselbe gilt auch, wenn man in einer Schlange wartet.

Auch wenn dies für Sie vielleicht ungewohnt oder nicht ganz einfach zu ertragen sein mag, versuchen Sie nicht, sich durch Drängeln Platz zu verschaffen. Auch die Familiengemeinschaft ist sehr wichtig; die Abspaltung von der Familie ist nicht so verbreitet wie in Deutschland. Nigerianer betrachten es als einen der höchsten persönlichen Erfolge, wenn die eigenen Kinder vorzeigbare Ausbildungen und Jobs haben.

4. Bindung auch im Ausland

Nigerianer lieben Zusammenkünfte und Veranstaltungen, für die oft ein Sprecher, ein Chairman ernannt wird: „God is divine, but the Chairman rules the temporal!” Bei vielen Gelegenheiten wird ein solcher Chairman berufen und leitet die Versammlung. Dies erinnert etwas an die deutsche Eigenart, einen Verein zu gründen.

Sehr gut organisiert sind Nigerianer auch in der Diaspora. In Deutschland gibt es zahlreiche Veranstaltungen organisiert von Nigerianern. In der Regel ist jeder willkommen, allerdings werden Sie es als Außenseiter häufig schwierig haben, an die Veranstaltungsinformationen heranzukommen – solche Daten tauschen Nigerianer meist untereinander per Mobiltelefon aus, nicht unbedingt auf einer öffentlichen Webseite.

5. Schere zwischen arm und reich

Nigeria ist eine hierarchisch strukturierte Gesellschaft mit einer großen Kluft zwischen arm und reich. Die Entscheidungsfindung erfolgt von „oben nach unten“ und hoher Machtdistanz. Von Untergebenen wird insbesondere Loyalität verlangt, und im Gegenzug wird nach dem Senioritätsprinzip Fürsorge geboten.

6. Dash, nicht Korruption

Nigerianer haben ein anderes Verständnis für Bestechung als Deutsche. Man nennt es „dash“ und meint damit eine Art Gebühr, die entrichtet wird, bevor man einen Gefallen tut.

Zahlt man aber nach der Leistung, so wird es verstanden als „Tip,” also Trinkgeld, und nicht etwa als Bestechung. Demnach gibt es also in Nigeria eigentlich keine Bestechung … es ist nur eine Frage der Interpretation.

Tatsächlich ist es dann doch nicht ganz so einfach. Korruption behindert in allen Gesellschaftsbereichen. Sie ist fester Bestandteil des Geschäftslebens, und in vielen Fällen gibt es keine andere Möglichkeit, als sich mit diesem „etwas anderen“ System anzufreunden.

7. Bürokratie

Bürokratie findet sich überall, nicht nur in Deutschland. Behördengänge, die in Deutschland in relativ kurzer Zeit zu erledigen sind, können in Nigeria für einen Deutschen zu einer echten Geduldsprobe werden. Teilweise hat dies auch damit zu tun, dass man versucht, dem 419-Betrug vorzubeugen und Tricksereien durch formalistischen Anforderungen begegnen will.

Hierbei aber kann das Problem entstehen, dass Deutsche, die in Nigeria Geschäfte machen möchten, genau deshalb leichter Opfer von 419-Betrug werden können. Wir haben bereits ein Vielzahl von deutschen Geschäftsleuten vertreten, die im Rahmen des Markteinstieges in Nigeria von Betrügern dazu verleitet werden sollten, hohe Gebühren für angeblich behördliche Zertifikate und Bestätigungen zu entrichten, die nicht notwendig sind oder die es schlichtweg nicht gibt. Dies ist für einen Ausländer jedoch nicht immer erkennbar.

Wenn wir unsere Mandanten bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen begleiten, gehört die Prüfung von nigerianischen Dokumenten immer dazu. Über unsere Kontakte in Nigeria können wir in der Regel schnell feststellen, inwieweit Anforderungen der nigerianischen Geschäftspartner real sind oder nicht. Planen Sie bei Ihren Vorhaben daher immer den Faktor „Bürokratie“ ein.

In Teil 3 des Business-Wegweisers für Nigeria geht es um Verhaltenstipps und Etikette für Geschäftsleute in Nigeria. Für weitergehende Beratungen stehen wir natürlich in Frankfurt und unserem Netzwerk in Nigeria zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns per E-Mail.



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