Familienrecht - wer bekommt bei der Trennung die Wohnung?
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Wenn sich Ehegatten trennen, stellt sich meistens die Frage, wer in der Ehewohnung verbleiben darf. Grundsätzlich ist zu unterscheiden, dass es eine vorläufige Regelung für den Fall der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung und eine Zuweisung der Ehewohnung für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung gibt.
Der folgende Beitrag beschränkt sich ausschließlich auf die vorläufige Überlassung der Ehewohnung für die Zeit ab der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung. Diesbezüglich findet die Vorschrift des § 1361b BGB Anwendung. Die Vorschrift besagt, dass demjenigen Ehegatten die Wohnung zugewiesen werden kann, für den der Auszug eine sog. unbillige Härte darstellen würde. Der Begriff der unbilligen Härte geht dabei über die Fälle der häuslichen Gewalt und Drohung weit hinaus. Ausreichend ist auch eine unerträgliche Belastung. Auch grob rücksichtsloses Verhalten des anderen Ehegatten ist nach dem OLG Köln ausreichend. Klassische Fälle sind jedoch die körperliche Misshandlung (auch anderer Familienangehöriger), Alkohol- und Drogenmissbrauch, ständige nächtliche Störung, Randalieren und Sachbeschädigung sowie die Aufnahme des neuen Partners in die Ehewohnung.
Eine unbillige Härte kann jedoch auch dann angenommen werden, soweit das Wohl von den im Haushalt lebenden Kindern negativ beeinträchtigt ist. In diesem Zusammenhang wird man eine unbillige Härte auch dann bejahen müssen, wenn es zu regelmäßigen heftigen Streitereien der Beteiligten in Anwesenheit der Kinder kommt und diese stark darunter leiden. Soweit jedoch keine Kinder in der gemeinsamen Ehewohnung leben, reichen bloße Zwistigkeiten und Belästigungen, die bei der Trennung von Eheleuten regelmäßig vorkommen nicht aus, um eine Wohnungszuweisung an einen der Eheleute erfolgreich durchzusetzen. Liegen die Voraussetzungen für eine Zuweisung der Ehewohnung vor, empfiehlt es sich, um den Anspruch möglichst schnell durchsetzen zu können, diesen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung beim Familiengericht zu beantragen. Hierbei ist als Beweis zur Glaubhaftmachung regelmäßig eine eidesstattliche Versicherung der antragstellenden Partei beizufügen.
Zu diesem Problemkreis ergeben sich dann oftmals nachfolgende Fragen: Der Ehepartner ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, hat aber noch die Schlüssel. Darf er in die Ehewohnung, um seine persönlichen Sachen zu holen? Grundsätzlich gilt: Wer zum Zwecke der Trennung ausgezogen ist und eine andere Wohnung bezogen hat, hat den Nutzungswillen an der alten Ehewohnung aufgegeben. Dies betrifft aber nicht die in der Ehewohnung noch verbliebenen Hausratsgegenstände. Der Wohnungsschlüssel darf insoweit benutzt werden, um die eheliche Wohnung zu betreten und die verbliebenen privaten sowie Hausratsgegenstände abzuholen. Wenn der Ehepartner den Schlüssel zu der gemeinsamen Wohnung nicht mehr hat, muss man ihn dann hereinlassen, damit er Sachen abholen kann? Soweit der Wohnungsschlüssel abgegeben wurde, besteht auch keine Zutrittsmöglichkeiten zur Wohnung mehr und somit auch kein Besitz. Es fehlt insofern logischerweise die tatsächliche Möglichkeit, die in der Wohnung verbliebenen Gegenstände abzuholen. Soweit insofern der Besitz durch die Abgabe der Schlüssel an der Ehewohnung freiwillig aufgegeben wurde, dürfte ein Anspruch auf Wiederbetreten der Wohnung nicht durchzusetzen sein. Diesbezüglich fehlen jedoch obergerichtliche Urteile. Einer der Ehepartner ist ausgezogen, will aber nun wieder zurück. Muss der andere Ehepartner ihn wieder in die Wohnung lassen? Soweit der Ausgezogene erklärt hat, dass er die Lebensgemeinschaft nicht wiederherstellen will und aus diesem Grund ausgezogen ist, hat er kein Recht mehr, die Wohnung zu betreten. Dem anderen Ehegatten steht dann ein Unterlassungsanspruch zu. Darf der in der Ehewohnung verbliebene Ehepartner ungefragt das Türschloss auswechseln? Soweit ein Beteiligter mit Trennungswillen aus der Wohnung ausgezogen ist und eine andere Wohnung bezogen hat, ist es zulässig, die Schlösser auszuwechseln. Hierbei ist jedoch erforderlich, dass ein sogenannter erkennbarer Trennungswille bei dem Ausgezogenen vorhanden ist. Der ausgezogene Ehegatte hat durch die Aufgabe der Ehewohnung dokumentiert, dass er diese nicht mehr nutzen möchte und auch die Lebensgemeinschaft nicht wiederherstellen will. Kann dem neuen Partner des Ehegatten der Zutritt zu der Ehewohnung untersagt werden? Grundsätzlich hat jeder Ehegatte das Recht, Angriffe auf den räumlichen Bereich der Ehe abzuwenden. Nach dem OLG Schleswig ist es jedoch zulässig, dass - soweit der Ehepartner aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen ist - der verbliebene Ehepartner in der ehemaligen Ehewohnung seinen neuen Lebensgefährten empfangen darf. Soweit ein Ehepartner dem anderen Ehepartner die Wohnung überlassen hat, kann der ausgezogene Ehepartner gegenüber dem in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten eine sogenannte Nutzungsvergütung (Nettomiete) verlangen. Allerdings kann eine Nutzungsvergütung immer erst ab Zugang einer eindeutigen Zahlungsaufforderung für die noch nicht abgelaufenen Zeiträume geltend gemacht werden.
Rechtsanwalt Boris Kühne
Kühne Rechtsanwälte
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