Kurzarbeitergeld in Zeiten von Corona: Was ist das und muss ich das machen?
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Viele Arbeitgeber wollen vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Situation Kurzarbeitergeld einführen. Aber: Was ist das überhaupt und muss ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen?
Bundestag und Bundesrat haben am 13. März 2020 die Voraussetzungen für das sog. Corona-bedingte Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2020 erheblich vereinfacht.
Hierzu ein kurzer Überblick:
1. Kurzarbeitergeld: Was ist das?
Zunächst: Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – es ist kein Anspruch des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber macht den Anspruch aber im Namen des Arbeitnehmers bei der Bundesagentur für Arbeit geltend.
Geregelt ist das Kurzarbeitergeld (Kug) in den §§ 95 ff. SGB III. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld wenn
- ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
- die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
- die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
- der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt nach der aktuell geltenden Neuregelung vor, wenn bspw. durch Corona weniger Arbeit zu erledigen ist und der Arbeitgeber daher bei mindestens 10 % der Beschäftigten im Betrieb die Arbeitszeit um mindestens 10 % reduzieren muss.
Beispiel:
In einem Betrieb arbeiten 20 Mitarbeiter, 15 in der Produktion, 5 im Vertrieb. Es kommt zum Auftragsrückgang, es wird weniger produziert. Der Arbeitgeber reduziert bei den 15 in der Produktion tätigen Mitarbeitern die Arbeitszeit um 50 %, weil weniger produziert wird.
Es ist also nicht erforderlich, dass es bei jedem Arbeitnehmer zu einer Reduzierung der Arbeitszeit kommt; entscheidend ist allein, dass mindesten 10 % der Belegschaft betroffen sind.
Der Arbeitgeber kann durch den Corona-bedingten Arbeitsausfall die Arbeitszeit um bis zu 100 % für die Dauer von maximal 12 Monaten reduzieren.
Der von Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer erhält dann 60 % bzw. – wenn Kinder vorhanden sind – 67 % des ausgefallenen Nettolohnes von der Bundesagentur.
Beispiel:
Durch Kurzarbeit verdient Herr Merkel 1000 € netto weniger. Er hat keine Kinder; also erhält er (60 % von 1.000 €=) 600 € netto Zuschuss von der Bundesagentur.
Kurzarbeit wird oft als Mittel beschrieben, um Kündigungen zu vermeiden.
2. Muss ich in Kurzarbeit gehen?
Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet die Kurzarbeit in der Regel also eine erhebliche Lohneinbuße. Viele Arbeitnehmer fragen sich daher, ob sie die Kurzarbeit antreten müssen, wenn der Arbeitgeber das verlangt.
Keine einseitige Anordnung der Kurzarbeit
Der Arbeitgeber darf Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Es muss also in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag selbst eine Regelung enthalten sein, welche die Anordnung von Kurzarbeit regelt. Fehlt eine solche Regelung, ist die Anordnung nicht möglich. Es gibt auch keinen Zwang, dass ein Arbeitnehmer in die Kurzarbeit gehen muss. Objektiv betrachtet ist ein Arbeitsvertrag mit einer Kug-Klausel weniger wert als ein Arbeitsvertrag ohne Kug-Klausel:
Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Risiko, den Arbeitnehmer in einem ausreichenden Umfang zu beschäftigen. Auch wenn keine Arbeit anfällt, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf seinen Lohn. Durch eine Kug-Klausel verschiebt der Arbeitgeber dieses Risiko auf den Arbeitnehmer. Warum sollte der Arbeitnehmer diese Risikoverschiebung ohne weiteres akzeptieren?
Viele Arbeitsverhältnisse ohne Kug-Klausel
Die letzten Jahre waren von einer hohen Beschäftigungsquote geprägt, Kug hat in den letzten zehn Jahren in der Praxis kaum eine Rolle gespielt. In der Aktuellen Corona-Situation und dem damit verbundenen Arbeitsausfall ist das Kug nun aber wieder in aller Munde. Nur: Die meisten Arbeitsverträge bieten keine rechtliche Grundlage, damit der Arbeitgeber das Kug ohne weiteres einführen darf. In den letzten Tagen seit Beginn der Krise treten nun viele Arbeitgeber an die Arbeitnehmer heran und verlangen, dass Kug-Vereinbarungen getroffen werden sollen. Nicht selten drohen die Arbeitgeber mit Kündigungen, wenn die Vereinbarung nicht unterzeichnet wird.
In der aktuellen Situation ist Solidarität wichtig. Dennoch sollte man genau überlegen, ob die Kug-Klausel wirklich notwendig ist. Es besteht ja auch die Möglichkeit, die Kug-Vereinbarung zeitlich bis zum 30. Juni 2020 zu befristen. Wenn es notwendig ist, kann man sich mit dem Arbeitgeber im Anschluss auf eine weitere Befristung verständigen. Ich rate aber davon ab, mit dem Arbeitgeber eine zeitlich unbegrenzte Kug-Vereinbarung zu schließen.
Die Antwort der eingangs gestellten Frage lautet also: Nein, man muss nicht in Kurzarbeit gehen, solange es nicht schon in der Vergangenheit vereinbart worden ist. Man kann mit dem Arbeitgeber eine Kug-Vereinbarung treffen, die aber zeitlich befristet sein sollte.
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