Nehmen Phishing-Fälle zu? Der Anstieg im Bereich Cybercrime

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Die digitale Kommunikation über das Internet ermöglicht es Personen, ihre wahre Identität zu verschleiern. Diese Möglichkeit der Anonymisierung kommt Straftätern zu Gute. Das Leerräumen fremder Konten mittels einer Schadsoftware (Phishing) durch Internetkriminelle ist ein typisches Beispiel für diesen Identitätsmissbrauch. Dass Straftaten im Internet einen alarmierenden Zuwachs erreicht haben ergibt sich aus dem vom Bundeskriminalamt (BKA) am 06.10.2015 veröffentlichten „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2014”.

Was ist mit „Cybercrime” gemeint?

Unter dem Begriff „Cybercrime” (früher: „IuK-Kriminalität”) sind Straftaten zu verstehen, die unter Ausnutzung von Informations- und Kommunikationstechnik oder gegen diese begangen werden. Dazu zählen vor allem das Ausspähen und Abfangen von Daten (Phishing), der Computerbetrug, die Datenveränderung und die Fälschung beweiserheblicher Daten. Unter diesem Aspekt nehmen sowohl die Attacken auf das Online-Banking mittels einer Schadsoftware (Phishing) seit langem eine herausgehobene Stellung ein, als auch sonstiger Identitätsbetrug.

Fallzahlen aus dem Jahr 2014

Insgesamt registrierte das BKA für den Bereich „Cybercrime” im Jahr 2014 49.925. Allerdings ist zu beachten, dass nur ein geringer Teil der Straftaten auch tatsächlich erfasst zur Anzeige gebracht wird. 2013 wurde in einer Studie im Feld „Cybercrimestraftaten” ein Dunkelfeld von 91 % geschätzt. Eine 2015 veröffentlichte und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des „WISIND-Projektes” geförderte Studie ging von jährlich 14,7 Millionen Fällen der Internetkriminalität aus. Dabei fallen 84% in den Bereich „Phishing, Identitätsbetrug und Angriffe mittels Schadsoftware”.

Gesamtschaden

Die Studie im Rahmen des WISIND-Projektes” geht von einem jährlichen Gesamtschaden von 3,4 Milliarden Euro allein in Deutschland aus, der durch die Fälle des „Cybercrime” verursacht wird. Darunter fallen Straftaten wie der Diebstahl von Online-Identitäten und Passwörtern, Onlinebetrug mit Waren- und Dienstleistungen sowie Angriffe durch Schadsoftware (Phishing). Laut WISIND-Schätzung ist davon auszugehen, dass allein das Abfangen von Passwörtern und anderer persönlicher Daten (sog. Phishing) einen etwa um den Faktor 50 höheren Schaden anrichtet, als es die angezeigten Straftaten vermuten lassen. Dabei machen Angriffe mittels einer Schadsoftware (Phishing) einen großen Teil (63 %) aus. Ein derart hoher Gesamtschaden kommt zu Stande, da der wohl überwiegende Teil der Internetkriminellen aus finanzieller Motivation handelt.

Was bedeutet dies nun in Bezug auf das Phishing?

Das „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2014” ergänzt das ebenfalls vom BKA auf der Cybercrime Conference C3 vorgestellte „Bundeslagebild Cybercrime 2014”. Vorstellbar ist ein direkter Vergleich mit den Zahlen und Daten aus dem „Bundeslagebildes Cybercrime 2013”, bezüglich der im Inland aufgeklärten Taten des Phishing im Internet. Von 4.096 Phishing Vorfällen aus dem Jahre 2013 stiegen die Delikte auf 6.984 im Jahr 2014. Der bisherige Höchststand aus dem Jahre 2011 (6.422 Fälle) wurde so erstmals mit einem neuen Zahlenrekord übertroffen. Der durch das mTAN-Verfahren bedingte Rückgang in den Jahren 2012 und 2013 beim Phishing ist möglicherweise dadurch egalisiert worden, weil Smartphones und Tablet-PCs sowohl für das Online-Banking als auch für den Empfang der mTAN genutzt werden. So sind Kommunikationskanäle zumindest nicht mehr getrennt bzw. es konnten auch andere Lücken ausgemacht werden. Durchschnittlich beträgt der Schaden pro Phishing Fall 4.000 Euro.

Besonderheiten im Rahmen der Organisierten Kriminalität

Insbesondere im Jahr 2014 konnte man im Bereich der Organisierten Kriminalität einen deutlichen Anstieg bei den Internetstraftaten beobachten. Laut den Angaben im „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2014” des Bundeskriminalamts hat sich die Zahl der Organisierten Kriminalität im Bereich des „Cybercrimes” im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, obwohl die Fälle der Organisierten Kriminalität insgesamt zurückgingen. Betrug die Cyberkriminalität im Jahr 2013 im Verhältnis zu den anderen Hauptaktivitätsfeldern der Organisierten Kriminalität noch 1 %, so waren es im Jahr 2014 bereits 2,1 %. Somit steht der Bereich „Cybercrime” inzwischen bereits auf dem 10. Rang der Hauptaktivitätsfelder der Organisierten Kriminalität insgesamt. Dort dominiert zwar nach wie vor der Bereich Rauschgifthandel/-schmuggel (32,9 %), allerdings verursachte Cyberkriminalität im Jahre 2014 im Bereich der Organisierten Kriminalität einen tatsächlich registrierten Schaden von beachtlichen 41 Mio. Euro. Damit liegt im Vergleich zu den anderen Hauptaktivitätsfeldern der Organisierten Kriminalität der Bereich „Cybercrime” sogar auf dem 5. Platz. Dies bedeutet im Vergleich zum Vorjahr (2013: 15,1 Mio. Euro) eine Steigung von 172 %.

Die Kriminellen

Laut dem „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2014”, werden im Bereich des „Cybercrime” bzw. Phishing die Gruppierungen vorwiegend von lettischen Staatsangehörigen dominiert (5 Gruppierungen = 41,7 %). Dahinter folgen ukrainische Staatsangehörige (3 Gruppierungen = 25 %). Eine einzige Gruppe war von deutschen Staatsangehörigen dominiert.


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