Online-Finanztrainings: Unwirksame Verträge, Widerruf, Anfechtung und Kündigung

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Immer häufiger machen fragwürdige Finanztrainings im Internet auf sich aufmerksam. Im Rahmen sogenannter "Online-Finanzakademien" soll den Teilnehmern an den Coaching-/Mentoring-Programmen das nötige Know-How zu den Themen Finanzplanung, Geldanlage & Vermögensaufbau und Altersvorsorge vermittelt werden. Häufig vermitteln die Angebote auch vermeintliches Wissen zu Kryptowährungen oder anderen Anlageformen. Die Risiken werden dabei häufig heruntergespielt und den Teilnehmern das schnelle Geld versprochen. Dabei sind die Finanztrainings selbst meist alles andere als günstig.

Zwar gibt es sicherlich auch qualitativ hochwertige Finanztrainings im Internet. Wie so oft gibt es allerdings auch hier viele unseriöse Anbieter, die die Hoffnungen der Teilnehmer nach dem schnellen Geld ausnutzen und deren Finanztraining eher auf Standard-Wissen beruht, das die Teilnehmer gerade nicht dazu befähigt, individuell die richtigen finanziellen Entscheidungen zu treffen.

Neben den ohnehin schon hohen Kosten für das Finanz-Coaching können den Teilnehmern so im schlimmsten Fall auch noch erhebliche finanzielle Einbußen durch falsche Investitionen entstehen.

Viele Teilnehmer solcher unseriöser Finanztrainings werden sich daher die Frage stellen, ob sie zumindest ihre Kosten für das Coaching selbst zurückerhalten können. Dieser Rechtstipp soll einen rechtlichen Überblick über derartige Möglichkeiten geben.


Aufbau der Finanztrainings

Welche rechtlichen Möglichkeiten der Teilnehmer hat, hängt vor allem auch von der Form bzw. dem Aufbau des Finanztrainings ab. Die meisten Online-Finanztrainings sind ähnlich aufgebaut:

  • der Teilnehmer erhält Zugang zu einem Online-Videokurs, Workbooks und Checklisten, um das nötige Know-How zu vermittelt zu bekommen
  • begleitend zu dem Videokurs finden Online-Meetings, Video-Calls, Workshops oder Live-Treffen statt, bei denen die Teilnehmer Rückfragen zu den Videokursen stellen können und das Know-How vertieft werden soll
  • teilweise erhalten die Teilnehmer auch noch konkrete Anlage-Tipps bzw. Ratschläge von den Anbietern
  • teilweise sollen die Teilnehmer auch weitere Teilnehmer werben und erhalten dafür eine Art Provision

Uwirksame Verträge?

Die Online-Finanztrainings können aus verschiedenen Gründen unwirksam sein.

Finanzanlageberatung (§ 34h GewO)

Die Finanztrainings könnten eine Anlagenberatung darstellen. Sogenannte Finanzanlagenberater benötigen allerdings nach § 34h Gewerbeordnung (kurz: GewO) eine staatliche Erlaubnis. Sollte der Anbieter des Finanztrainings eine solche Erlaubnis nicht besitzen, kann der Coaching-Vertrag unter Umständen nichtig sein.

"Schneeballsystem" (§ 16 Abs. 2 UWG)

Wenn die Teilnehmer vom Veranstalter der Finanztrainings dazu angehalten oder motiviert werden, weitere Teilnehmer für das Finantzraining zu werben, dann stellt dies möglicherweise strafbare Werbung nach § 16 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz: UWG) dar. Diese strafbare Werbung ist umgangssprachlich besser bekannt als "Schneeballsystem", weil die Teilnehmer ihre eigenen Kosten häufig nur dadurch decken können, dass sie weitere Personen zur Teilnahme werben und hierfür vom Veranstalter eine Gegenleistung (z.B. Provision) erhalten. Verträge zu solchen "Schneeballsystemen" sind ebenfalls regelmäßig nichtig und damit unwirksam.

Fernunterricht (§ 7 Abs. 1 FernUSG)

Die Finanztrainings ähneln durch ihren Aufbau außerdem verschiedenen Fernunterrichtsangeboten. Von Fernunterricht spricht man, wenn das Wissen und die Fähigkeiten hauptsächlich asynchron, also nicht in einer Live-Vorlesung sondern durch verschiedene Medien wie Videos, Dokumente und Checklisten vermittelt wird. Zusätzlich ist für Fernunterricht noch eine Überwachung des Lernerfolgs erforderlich. Hierfür ist es jedoch ausreichend, wenn der Teilnehmer Rückfragen zu den Inhalten der Lernvideos stellen kann. Auch diese Voraussetzungen sind bei vielen Finanztrainings erfüllt.

Anbieter von Fernunterricht benötigen in Deutschland jedoch eine staatliche Zulassung nach § 12 Abs. 1 des Fernunterrichtsschutzgesetzes (kurz: FernUSG). Ein Vertrag, der von einem Veranstalter ohne diese Zulassung abgeschlossen wird, ist nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig.


Widerruf

Wenn Sie den Vertrag als Verbraucher abgeschlossen haben, steht Ihnen wahrscheinlich ebenfalls ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. 

Grundsätzlich können Sie einen solchen Vertrag dann innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Vertragschluss widerrufen. In vielen Fällen belehren die Anbieter der Finanztrainings ihre Kunden jedoch nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht. Das führt dazu, dass sich die Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB auf insgesamt ein Jahr und 14 Tage verlängert. Häufig können die Verträge daher auch nach der 14-Tage-Frist noch widerrufen werden.


Anfechtung

Teilweise sind die Verträge auch aufgrund von irreführender Werbung wegen arglistiger Täuschung anfechtbar.

Viele der Anbieter dieser Finanztrainings werben mit enormen Gewinnen bereits nach kurzer Zeit. Dies kann unter Umständen eine irreführende Werbung im Sinne des § 16 Abs. 1 UWG darstellen. Wenn sich der Teilnehmer aufgrund dieser irreführenden Werbung dazu entscheidet, den Vertrag abzuschließen, ist der Vertrag regelmäßig wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB anfechtbar.


Kündigung

Schließlich sind die Finanztraining-Verträge womöglich auch kündbar. Kurz zum Verständnis: 

Eine Kündigung beendet den Vertrag erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Kündigung erklärt wird. Die Wirksamkeit des Vertrages für die Zeit vor der Kündigung wird dadurch nicht berührt. Im Vergleich dazu führen der Widerruf und die Anfechtung dazu, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam ist und eine von Ihnen bereits geleistete Zahlung vom Anbieter grundsätzlich zurückerstattet werden muss.

Ob eine ordentliche Kündigung des Vertrages möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ist der Vertrag für eine gewisse Dauer abgeschlossen (z.B. 6 Monate), dann ist eine vorzeitige ordentliche Kündigung meist ausgeschlossen. Teilweise ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter aber auch ein monatliches Kündigungsrecht vereinbart. Ob eine fristlose (außerordentliche) Kündigung möglich ist, hängt davon ab, ob ein wichtiger Grund besteht, also ob sich der Veranstalter des Finanztrainings rechtswidrig verhalten hat.


Was können Sie tun?

Wenn Sie sich von einem solchen Finanztrainings-Vertrag lösen möchten, sollten Sie dies dem Anbieter des Finanztrainings zunächst einmal mitteilen. Ein entsprechendes Schreiben kann wie folgt lauten:

Name: [Ihr Name]

Anschrift: [Ihre Anschrift]

Kundennummer: [Ihre Kundennummer]

Widerruf/Anfechtung/Kündigung

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich meinen Vertrag mit der vorgenannten Kundennummer widerrufen |anfechten | (außerordentlich fristlos) kündigen.

Bitte senden Sie mir eine schriftliche Widerrufsbestätigung | Anfechtungsbestätigung | Kündigungsbestätigung unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 7 Tagen zu und teilen mir den Zeitpunkt der Beendigung mit.

Ich wünsche keine weitere Kontaktaufnahme Ihrerseits zum Zweck der Rückwerbung.

Mit freundlichen Grüßen

[Ihr Name]

Dieses Musterschreiben sollten Sie mit Ihren Daten ausfüllen und nachweisbar an den Anbieter des Finanztrainings senden. Dabei bietet es sich an, das Widerrufs-, Anfechtungs- bzw. Kündigungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein zu senden. Zusätzlich können Sie dies auch per E-Mail senden. Von telefonischen Erklärungen sollten Sie absehen, da diese im Zweifel nicht beweisbar sind.


Benötigen Sie Hilfe?

Sind Sie sich unsicher, ob Sie einen wirksamen Vertrag über ein solches Finanztraining geschlossen haben? Fragen Sie sich, ob Ihnen ein Widerrufsrecht zusteht und ob Sie ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurden oder ob Ihnen ein Anfechtungs- oder Kündigungsrecht zusteht?

Zu den Möglichkeiten, sich von einem solchen Vertrag zu lösen und zur Durchsetzung Ihrer Rechte stehe ich Ihnen zur Verfügung. Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung. Ich helfe Ihnen dann gerne weiter.

Foto(s): ©Adobe Stock/bongkarn https://pixabay.com/de/photos/b%c3%b6rse-gewinne-aufschwung-3087396/


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