Werberecht nach Berufsgruppen
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Das Wettbewerbs- oder Werberecht statuiert Verhaltensnormen die von den Marktteilnehmern im Wettbewerb eingehalten werden müssen. Gewissermaßen werden "Spielregeln" festgelegt, die von jedem Teilnehmer am Wettbewerb bei der Bewerbung um die Gunst des Kunden beachtet werden müssen. Mit anderen Worten: die Fairness im Wettbewerb gesichert werden. So ist dies auch dem § 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) zu entnehmen, worin es heißt:
„Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb."
Historisch haben sich insbesondere bei freiberuflich tätigen Berufsgruppen im beratenden (Steuerberater, Rechtsanwälte, Architekten) sowie heilbehandelnden Bereich gesonderte und verschärfte Anforderungen an Werbung im Wettbewerb herausgebildet. Diese berufsgruppenspezifischen Restriktionen gründen sich geschichtlich vornehmlich auf der innerhalb eines Standes oder einer Berufsgruppe bestehenden Ansicht, dass ein Wettbewerb dem Selbstverständnis des Berufsbildes zuwider gewesen ist - überdies war ein Wettbewerb und damit Werbung angesichts einer geringen Anzahl von Vertretern dieser Berufsgruppen schlicht nicht erforderlich.
Somit finden sich Regulierungen des Wettbewerbs nicht wie anzunehmen im UWG, sondern in den jeweiligen Berufsordnungen. Verstöße werden in der Praxis zudem eher von Seiten der Kammern als der eigentlichen Konkurrenten verfolgt, wenngleich ein Verstoß gegen berufsrechtliche Werberestriktionen oftmals zugleich einen solchen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften darstellt. Auch wenn nahezu in sämtlichen Berufsbildern eine Liberalisierung zu beobachten ist, so verläuft diese mit deutlich unterschiedlichen Geschwindigkeiten.
Während bei Rechtsanwälten bereits eine nahezu vollständige Öffnung des Marktes für Werbung erfolgt ist, so liegt insbesondere bei Berufen der Heilbehandlung ein Festhalten an tradierten Werbeverboten vor. Zuzugestehen ist sicherlich, dass auch heute ein Maß an Vorsicht bei Werbung der genannten Berufsgruppen geboten ist. Zwar gründet sich diese nicht mehr auf ein besonderes Berufsverständnis sondern auf einem gesteigerten unabdingbaren Vertrauensverhältnis zwischen Marktteilnehmer und Kunde bei bestimmten Berufsbildern, welches eine deutlich sachlichere und auf Information gerichtete Ansprache an den Kunden erfordert, anstatt einer gesteigerten Anwerbung über Emotionen oder sonstige Suggestion. Besonders plastisch ist dies am Verhältnis eines Arztes zu seinem Patienten zu erkennen. Einerseits besteht ein Informationsinteresse des Patienten an Person und Qualifikation des Arztes, andererseits ist eine wesentliche Bedeutung der Sachlichkeit der Information evident. Auch die Vermeidung einer Kommerzialisierung des Arztberufes statt einer Fokussierung auf die Heilbehandlung liegt auf der Hand. Im Einzelfall ist daher jede (Werbe-) Maßnahme darauf zu prüfen, ob sie sich im Bereich der sachlichen Information (erlaubten Werbung) oder einer gesteigerten unzulässigen Werbung bewegt. Im folgenden soll kurz auf die einzelnen Berufsgruppen spezifisch eingegangen werden:
Ärzte:
Die Berufsgruppe der Ärzte ist das Paradebeispiel für ein aus dem Berufsrecht entwickeltes Werbeverbot. Mittlerweile sieht die Musterberufsordnung der Ärzte (MBO) in § 27 eine Liberalisierung vor, wonach anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung unzulässig ist. Gerade die Frage der anpreisenden Werbung bedarf einer vielfältigen Beurteilung. Insbesondere Fragen der Sachlichkeit, des Informationswertes und der noch zulässigen emotionalen Gestaltung von Werbung sind zu beachten. Besonders darauf hinzuweisen ist, dass Kliniken und Medizinische Zentren in ihrem Werbeauftritt durchaus freier sind, wobei für die tätigen Ärzte die obigen Voraussetzungen gelten, so dass es auch hier ein genauen Prüfung bedarf. Nur erwähnt sei, dass es unverständlich ist, aus welchen Gründen Kliniken und große Gemeinschaftspraxen einer unterschiedlichen Beurteilung unterliegen. Nach Ansicht des Verfassers geht dies an der Praxis vorbei.
Veterinäre:
Entsprechend des Bundesverfassungsgerichts ist nicht jede Werbung, sondern lediglich berufswidrige Werbung unzulässig. Ein generelles Werbeverbot besteht daher nicht (mehr). Welche Werbung berufswidrig ist, wird beispielhaft in § 9 der Musterberufsordnung aufgeführt.
Apotheker:
Auch für Apotheker gelten bestimmte berufsrechtliche Bestimmungen, vor deren Hintergrund auch Werbemaßnahmen zu beurteilen sind. Vorrangig sei bei Apothekern jedoch auf das Heilmittelwerbegesetz (HGW) hingewiesen. Anknüpfungspunkt ist hier vielfach also nicht der Beruf an sich, sondern vielmehr die zu veräußernden Produkte.
Rechtsanwälte:
Auch die standesrechtlichen Vorschriften von uns Rechtsanwälten sahen ein striktes Werbeverbot vor. Diese ist zunehmend aufgelockert und mittlerweile fast gänzlich liberalisiert worden. Doch ist gerade anhand der Berufsordnungen für Rechtsanwälte zu erkennen, dass eine genaue Differenzierung zwischen Information einerseits und gesteigerter Werbung andererseits stattfindet. So heißt es in § 43b BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung):
„Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, wenn sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet ..."
Dementsprechend heißt es in § 6 Absatz 1 BORA (Berufsordnung der Rechtsanwälte):
„Der Rechtsanwalt darf über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind."
Steuerberater:
Unter § 57a Steuerberatungsgesetz heißt es:
„Werbung ist nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist."
Auch bei der Berufsgruppe der Steuerberater muss also die sachliche Information im Vordergrund des Werbeauftritts stehen.
Architekten:
Da es bei Architekten an einer Musterberufsordnung fehlt, unterscheiden sich die Kriterien von zulässiger Werbung je nach Kammerbezirk. Erst nach und nach greift aufgrund der Rechtsprechung eine Liberalisierung um sich.
Grundsätzlich sollte die Prüfung jeder Marketing Kampagne auf deren Zulässigkeit auch unter berufsrechtlichen Kriterien erfolgen. Kommt es infolge berufsrechtlicher Verstöße zugleich zu einem Verstoß gegen das Gesetz gegen unerlaubten Wettbewerb, so besteht die realistische Gefahr einer Abmahnung durch Mitbewerber mit unangenehmen finanziellen Konsequenzen.
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