Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat entschieden: Die touristische Vermietung kann verboten werden!

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1. Zusammenfassung

Am 3. Oktober 2024 entschied die Erste Kammer des Obersten Gerichtshofs Spaniens (Tribunal Supremo) mit den Urteilen 1232 / 2024 und 1233 / 2024, dass für die Beschränkung der touristischen Vermietung in Wohneigentümergemeinschaften nicht die Einstimmigkeit erforderlich ist, sondern stattdessen eine Mehrheit von drei Fünfteln ausreicht. Diese Entscheidungen basieren auf einer Auslegung des Artikels 17.12 des Ley de Propiedad Horizontal (LPH), eingeführt durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2019 zum Thema Wohnen und Mieten. Das Gericht verweist auf seine früheren Urteile, die ein Verbot der touristischen Vermietung als rechtmäßig bestätigen und betont, dass die restriktive Auslegung der Bestimmung, wonach Beschränkungen oder Bedingungen festgesetzt werden können, ein vollständiges Verbot nicht ausschließt. Diese Auslegung wird gestützt von dem Ziel des Gesetzgebers, den Zugang zu Mietwohnungen zu erleichtern und den Anstieg der Mieten, der auch durch das Phänomen der touristischen Vermietung befördert wird, zu bekämpfen. Das Urteil adressiert zudem die praktische Unmöglichkeit eines Verbots bei notwendiger Einstimmigkeit, da betroffene Eigentümer, die touristisch vermieten wollen, ein solches Verbot stets blockieren könnten.

2. Die Hintergründe

Das Plenum der Ersten Kammer des Obersten Gerichtshofs hat sich in den beiden Entscheidungen vom 3. Oktober 2024 (1232 / 2024 und 1233 / 2024) erstmalig mit der Auslegung und Anwendung des Artikels 17.12 LPH befasst, der durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2019 vom 1. März über dringende Maßnahmen im Bereich Wohnen und Mieten eingeführt wurde.

Die beiden Entscheidungen lösen die Kontroverse zwischen zwei Provinzgerichten, ob für ein Verbot von touristischen Aktivitäten ein einstimmiger Beschluss oder lediglich ein Mehrheit von drei Fünfteln der Eigentümer erforderlich ist.

Dabei stützt sich das Gericht auf frühere Entscheidungen, es denen es ein gesetzliches Verbot der Vermietung von Wohnungen zu touristischen Zwecken für rechtmäßig erklärt hatte (Urteile Nr. 358/2018 vom 15. Juni, Nr. 729/2014 vom 3. Dezember, Nr. 1643/2023 vom 27. November, Nr. 1671/2023 vom 29. November, Nr. 90/2024 vom 24. Januar, Nr. 95/2024 vom 29. Januar, und Nr. 105/2024 vom 30. Januar 2024).

Das Gericht legt sodann den in Artikel 17.12 LPH enthaltenen Ausdruck "Beschränkung oder Bedingung" in Übereinstimmung mit den Bestimmungen von Artikel 3.1 CC (Código Civil) aus. Es kommt zu dem Schluss, dass eine restriktive Auslegung nicht geboten sei, und der Begriff "Grenze" unter Berücksichtigung sprachlicher Kriterien das vollständige Verbot nicht ausschließe.

Diese Schlussfolgerung wird nach Ansicht des Gerichts durch das teleologische Kriterium gestützt, wonach es den Sinn und Zweck des RDL 7/2019 (s.o.) bestätige, das in seiner Präambel die Maßnahmen mit den Schwierigkeiten des Zugangs zu Mietwohnungen aufgrund des Anstiegs der Mieten rechtfertige, die unter anderem auf das wachsende Phänomen der touristischen Vermietung zurückzuführen seien.

Zudem weist das Gericht darauf hin, dass bei Forderung eines einstimmigen Beschlusses ein Verbot niemals erfolgen könne, weil der betroffene Eigentümer, der seine Wohnung touristisch vermieten möchte, immer gegen ein Verbot stimmen würde.

3. Was bedeutet dies für Immobilieneigentümer?

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Spaniens vom 3. Oktober 2024 hat weitreichende Konsequenzen für Eigentümer und Käufer von Immobilien in Spanien, insbesondere in Wohnanlagen, die von Eigentümergemeinschaften (Comunidades de Propietarios) verwaltet werden.

1. Erleichterte Beschränkung der touristischen Vermietung:

Bis zu diesem Urteil war es in vielen Eigentümergemeinschaften schwierig, die touristische Vermietung zu beschränken oder zu verbieten, da Einstimmigkeit erforderlich war. Diese Anforderung führte oft dazu, dass ein einzelner Eigentümer, der touristisch vermieten wollte, ein Verbot blockieren konnte. Mit der neuen Rechtsprechung reicht nun eine qualifizierte Mehrheit von drei Fünfteln, um die touristische Vermietung zu beschränken oder zu verbieten. Das macht es für Gemeinschaften deutlich einfacher, Maßnahmen gegen diese Art der Vermietung zu ergreifen.

2. Einfluss auf den Immobilienmarkt:   

Für potenzielle Käufer, die Immobilien zur touristischen Vermietung erwerben möchten, bedeutet diese Entscheidung, dass sie vor dem Kauf sehr genau prüfen müssen, ob in der jeweiligen Gemeinschaft eine Beschränkung der touristischen Vermietung besteht oder zukünftig beschlossen werden könnte. Es erhöht das Risiko, dass ein zuvor zulässiges Geschäftsmodell eingeschränkt wird.      

Für bestehende Eigentümer, die ihre Immobilien bereits touristisch vermieten, könnte die Entscheidung zu einer Änderung der Geschäftstätigkeit führen, insbesondere wenn die Gemeinschaft eine Mehrheit findet, um diese Vermietung zu untersagen. Dies könnte sowohl finanzielle Auswirkungen haben als auch die Flexibilität der Nutzung ihrer Immobilie einschränken.

3. Stärkung der Mietermärkte:

Das Urteil könnte langfristig dazu beitragen, den Druck auf die lokalen Mietmärkte zu verringern, insbesondere in touristischen Hotspots, wo viele Wohnungen derzeit eher an Touristen als an langfristige Mieter vermietet werden. Der Gesetzgeber hat klar zum Ausdruck gebracht, dass eine der Absichten der zugrundeliegenden Gesetze darin besteht, den Zugang zu regulären Mietwohnungen zu erleichtern und den Anstieg der Mieten einzudämmen.

4. Rechtssicherheit für Eigentümergemeinschaften:

Die Entscheidung schafft auch mehr Rechtssicherheit für Eigentümergemeinschaften, die sich in der Vergangenheit möglicherweise unsicher waren, ob sie ohne Einstimmigkeit rechtliche Schritte gegen die touristische Vermietung einleiten können. Die Klarstellung, dass eine qualifizierte Mehrheit ausreicht, gibt den Gemeinschaften mehr Handlungsspielraum.

5. Und was ist mit Eigentümern, die bereits vermieten?

Ein anderer Aspekt, der Gegenstand des Verfahrens war und über den der Gerichtshof nicht entschieden hat, ist der der Rückwirkung.

 Das Gebot besagt, dass „diese Vereinbarungen keine rückwirkenden Wirkungen haben dürfen“. In der täglichen Praxis gibt es viele Kontroversen darüber, was mit Eigentümern geschieht, die bereits eine gültige Genehmigung für die Ausübung der touristischen Vermietungstätigkeit besitzen und gegen die Vereinbarung zum Verbot der genannten Tätigkeit gestimmt haben. 

Aus dem Wortlaut der Vorschrift scheint klar hervorzugehen, dass sie nicht rückwirkend gilt. Aber was passiert, wenn die Lizenz aufgrund der Einstellung der Tätigkeit abläuft und neu beantragt werden muss, oder wenn sich die Anforderungen an die Lizenz ändern oder wenn die Tätigkeit ohne behördliche Genehmigung ausgeübt wird. 

In all diesen Fällen scheint es im Einklang mit dem Urteil zu stehen, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit, die ohne Lizenz ausgeübt wird oder die ihre Lizenz bereits verloren hat, der Einhaltung des Gemeinschaftsabkommens zum Verbot der touristischen Vermietungstätigkeit unterliegt. 

Es sei darauf hingewiesen, dass der Eigentümer, der dieses Verfahren angeregt hat, bereits in seiner Petition beantragt hat, dass 

„für den Fall, dass dieser Richter der Auffassung ist, dass die Vereinbarung im Einklang mit dem Gesetz steht, er der Ansicht ist, dass sie nicht rückwirkend auf all diejenigen angewandt werden kann, die eine Genehmigung für die Ausübung der Tätigkeit haben oder die sich gegen ihre Abstimmung ausgesprochen haben, da sie - infolgedessen - nur auf zukünftige Eigentümer und Wähler anwendbar ist, die für die Durchführbarkeit der Vereinbarung gemäß der Doktrin der actos propios sind“.

In dem untersuchten Urteil gibt es keine Aussage über die Rückwirkung der Vereinbarungen und deren Auswirkungen.

4. Fazit

Insgesamt bedeutet dies für Eigentümer und Käufer, dass sie zukünftig genauer prüfen müssen, in welchen rechtlichen Rahmenbedingungen ihre Immobilien betrieben werden können, da die Gemeinschaft der Eigentümer nun mehr Einfluss darauf hat, ob touristische Vermietungen erlaubt bleiben oder nicht.


5. Quellen

Urteil Nr. 1232/2024 vom 3. Oktober

Urteil Nr. 1233/2024 vom 3. Oktober

Artículo 17.12 de la Ley 49/1960, de 21 de julio, sobre propiedad horizontal (Fassung vom 28.12.2023):

El acuerdo por el que se limite o condicione el ejercicio de la actividad a que se refiere la letra e) del artículo 5 de la Ley 29/1994, de 24 de noviembre, de Arrendamientos Urbanos, en los términos establecidos en la normativa sectorial turística, suponga o no modificación del título constitutivo o de los estatutos, requerirá el voto favorable de las tres quintas partes del total de los propietarios que, a su vez, representen las tres quintas partes de las cuotas de participación. Asimismo, esta misma mayoría se requerirá para el acuerdo por el que se establezcan cuotas especiales de gastos o un incremento en la participación de los gastos comunes de la vivienda donde se realice dicha actividad, siempre que estas modificaciones no supongan un incremento superior al 20%. Estos acuerdos no tendrán efectos retroactivos.


Der Beschluss, der die Ausübung der in Artikel 5 Buchstabe e) des Gesetzes 29/1994 vom 24. November über die städtischen Mietverhältnisse genannten Tätigkeit einschränkt oder konditioniert, bedarf, unabhängig davon, ob er eine Änderung des konstitutiven Titels oder der Satzung nach sich zieht, der Zustimmung von drei Fünfteln der Gesamtzahl der Eigentümer, die ihrerseits drei Fünftel der Beteiligungsquoten vertreten.Die gleiche Mehrheit ist auch für einen Beschluss zur Festlegung besonderer Kostenquoten oder zur Erhöhung des Anteils an den gemeinsamen Kosten der Wohnung, in der diese Tätigkeit ausgeübt wird, erforderlich, sofern diese Änderungen keine Erhöhung von mehr als 20% bedeuten.Diese Vereinbarungen haben keine rückwirkende Wirkung.

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