Umgangsrecht: Gesetzliche Regelungen für den Kontakt zum minderjährigen Kind
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Inhaltsverzeichnis
- Umgangsrecht kurz erklärt
- Wer hat ein Recht auf Umgang?
- Das Umgangsrecht des Vaters
- Welches Umgangsrecht Großeltern haben
- Umgangsrecht: Das Kindeswohl steht an erster Stelle
- Umgangsregelungen in der Praxis
- Kann das Umgangsrecht eingeschränkt werden?
- Was tun, wenn das Umgangsrecht verweigert wird?
- Häufige Fragen und Antworten zum Umgangsrecht
Nach einer Trennung oder Scheidung haben beide Elternteile weiterhin ein Recht auf Umgang mit ihren minderjährigen Kindern. Sie sollten eine Umgangsvereinbarung treffen, die das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt. Die Rechtsanwälte Robin Schmid, Anja Groeneveld und Cordula Alberth, Experten für Familienrecht, verraten Ihnen, wie eine sinnvolle Umgangsregelung aussehen kann und was Sie unternehmen können, wenn Ihnen das Umgangsrecht verweigert wird.
Experten-Autoren dieses Themas
Umgangsrecht kurz erklärt
Geregelt ist das Umgangsrecht in § 1684 I BGB.
Umgangsrecht und Besuchsrecht bedeuten begrifflich das Gleiche. Im Gesetz und vor Gericht wird üblicherweise der Begriff „Umgangsrecht“ verwendet.
Das eheliche Kind und das Kind nicht miteinander verheirateter Eltern hat ein Recht zum Umgang mit jedem Elternteil. Jeder Elternteil hat nicht nur ein Recht zum Umgang, sondern auch eine Umgangspflicht.
Die Frage nach dem Umgang stellt sich bei einer Scheidung der Kindseltern oder wenn diese getrennt lebend sind. In diesen Fällen muss der Umgang geregelt werden.
Der Umgangsberechtigte sollte eine einvernehmliche Umgangsvereinbarung mit dem anderen Elternteil anstreben. Können sich die Kindseltern nicht untereinander beim Umgangsrecht verständigen, kann eine Umgangsregelung durch das Jugendamt oder das Familiengericht erfolgen.
Das Umgangsrecht schließt das Recht zu einem länger dauernden Ferienumgang und die Übernachtung des Kindes beim Umgangsberechtigten mit ein.
Im Gesetz sind Dauer und Umfang des Umgangsrechts nicht explizit geregelt. Dies festzulegen, ist Aufgabe der Umgangsregelung oder Umgangsvereinbarung.
Umgangsrecht und Sorgerecht: Das sind die Unterschiede
Eine Umgangsregelung oder Umgangsvereinbarung regelt die Zeit, die ein Umgangsberechtigter im Fall des Getrenntlebens oder der Scheidung mit dem Kind verbringen darf oder muss, da den Elternteil, der das Recht zum Umgang hat, auch eine Umgangspflicht trifft.
Der Umgangsberechtigte muss nicht der Sorgeberechtigte sein. Wer das Sorgerecht hat, trifft die Entscheidungen für das Kind, die in die Lebensführung des Kindes eingreifen, wie z. B., wo lebt das Kind, welche Schule besucht es, Abschluss eines Ausbildungsvertrages, wird das Kind operiert usw.
Umgangsrecht/Besuchsrecht und Sorgerecht betreffen also völlig unterschiedliche Bereiche im Leben eines Kindes.
Wer hat ein Recht auf Umgang?
Neben dem allgemein bekannten Besuchsrecht des Vaters oder der Mutter oder deren Umgangspflicht gehören zum umgangsberechtigten Personenkreis Großeltern, Geschwister und Halbgeschwister des Kindes, nicht jedoch Stiefgeschwister, § 1685 I BGB.
Ein Umgangsrecht kann sich aus § 1685 II BGB auch für den Lebensgefährten einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, die Urgroßeltern des Kindes, dessen Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, dem neuen Ehegatten eines Großelternteils ergeben.
Umgangsberechtigte können nicht nur die vorgenannten Personen sein, auch ein privater Samenspender gehört als leiblicher Vater ebenso zum Kreis der Umgangsberechtigten, § 1686a BGB, auch wenn das Kind zwischenzeitlich adoptiert worden sein sollte. Dies hat der BGH am 16.06.2021, Az. XII ZB 58/20, entschieden.
Der Umgang des Kindes mit einem Elternteil geht dem Umgang mit einer Person aus dem Kreis der Umgangsberechtigten nach § 1685 BGB vor. Soweit nötig, hat das Familiengericht – nicht nur im Fall der Scheidung, sondern auch außerhalb eines Scheidungsverfahrens, um eine Überforderung des Kindes zu verhindern – eine Umgangsregelung unter mehreren Umgangsberechtigten gleicher Stufe zu finden.
Das Umgangsrecht der oben genannten Personen ist bei Bedarf vorzugsweise in einer Umgangsvereinbarung oder Umgangsregelung schriftlich niederzulegen.
Einem Elternteil mit Sorgerecht steht kein erweitertes oder größeres Umgangsrecht zu, nur weil er sorgeberechtigt ist. Beim Umgangsrecht macht es keinen Unterschied, ob der Umgangsberechtigte sorgeberechtigt ist oder nicht.
Das Umgangsrecht des Vaters
Rechte des leiblichen Vaters
Der leibliche Vater hat das Recht, Umgang mit seinem leiblichen Kind zu haben, auch nach der Scheidung.
Dieses Umgangsrecht des Vaters besteht auch für den rein biologischen Vater, also den Vater ohne soziale Beziehung zu dem Kind, wenn das Kind in einer anderen Ehe geboren wurde oder ein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind rechtlich anerkannt hat.
Voraussetzung für ein Umgangsrecht des rein biologischen Vaters ist, dass dieser Vater ein ernsthaftes Interesse an dem Kind hat und der Umgang mit dem Kindeswohl vereinbar ist, § 1686a BGB.
Rechte bei fehlender Vaterschaftsanerkennung
Liegt eine Vaterschaftsanerkennung nicht vor, besteht keine rechtliche Vaterschaft und somit kein Besuchsrecht dieses Mannes. Folglich gibt es keine Verpflichtung der Kindsmutter, diesem Mann, der im Sinne des Gesetzes nicht Elternteil ist, Umgang einzuräumen.
Rechte des rechtlichen, nicht leiblichen Vaters (Stiefvaters)
Vater eines Kindes kraft rechtlicher Zuordnung gemäß § 1592 BGB ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Solange dieser Mann mit der Mutter des Kindes und dem Kind in einem Haushalt lebt, stellt sich die Frage nach seinem Umgangsrecht nicht.
Rechte des mit der Mutter nicht zusammenlebenden rechtlichen Vaters
Hat der rechtliche Vater (Stiefvater) mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt und für das Kind tatsächliche Verantwortung getragen, sodass vom Bestehen einer sozial-familiären Beziehung auszugehen ist, kann der Stiefvater, der inzwischen von der Mutter des Kindes und dem Kind getrennt lebt, als sogenannte enge Bezugsperson ein Besuchsrecht haben, § 1685 Abs. 2 BGB.
Welches Umgangsrecht Großeltern haben
Bei rechtlichen Streitigkeiten im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts stellt sich oftmals die Frage, inwieweit Großeltern des Kindes oder sonstige Personen, die dem Kind besonders nahestehen, ein eigenes Umgangsrecht haben.
Die Großeltern eines Kindes zählen zum vom Gesetz genannten Kreis möglicher Umgangsberechtigter auch nach der Scheidung der Kindseltern. Unerheblich ist, ob die Ehe der Großeltern noch besteht oder die Kindseltern Inhaber des Sorgerechts sind. Eine Umgangspflicht der Großeltern gibt es nicht.
Den Großeltern kann ein Besuchsrecht verweigert werden, wenn das Kind aufgrund von Streitigkeiten/Zerwürfnissen zwischen Eltern oder einem Elternteil und Großeltern in einen Loyalitätskonflikt geraten könnte oder zu befürchten ist, dass die Großeltern den Erziehungsprimat der Eltern missachten. Entscheidend ist, inwieweit der Umgang kindeswohldienlich ist, nicht jedoch, inwieweit der betreuende Elternteil mit dem Umgangskontakt zu den Großeltern einverstanden ist.
Das Umgangsrecht der Großeltern kann ausgeschlossen werden, wenn das Kind eine ablehnende Haltung zu den Großeltern einnimmt oder zwischen Kind und Großeltern die Bindung fehlt, da der Umgang für die Entwicklung des Kindes förderlich sein muss.
Dient der Umgang nicht dem Kindeswohl oder ist ein kleines Kind durch den zusätzlichen Umgang mit den Großeltern überfordert, kann der Umgang mit den Großeltern zeitweilig ausgesetzt werden.
Ein weiterer Ausschlussgrund kann bestehen, wenn im Falle einer Adoption das Kind erst in die neue Familie integriert werden soll.
Gibt es Streitigkeiten zwischen Eltern und Großeltern bezüglich des Umgangs der Großeltern, sollte das den Großeltern zustehende Umgangsrecht in einer Umgangsvereinbarung/Umgangsregelung schriftlich fixiert werden.
Umgangsrecht: Das Kindeswohl steht an erster Stelle
In erster Linie sollten die Eltern über den Umfang der Besuchskontakte eine Regelung treffen. Optional kann das Jugendamt zur Unterstützung herangezogen werden, wie beispielsweise zur Ausgestaltung einer Umgangsvereinbarung.
Nur wenn sich die Eltern außergerichtlich nicht einigen können, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils entsprechend dem Kindeswohl.
Das Kindeswohl umfasst Rechte des Kindes unter anderem auf
gewaltfreie Erziehung, d. h., keine körperlichen und seelischen Verletzungen,
Kontakt zu beiden Elternteilen sowie seinen Geschwistern oder auch Großeltern,
angemessene Pflege, Betreuung und Versorgung.
Ein Ausschluss des Umgangsrechts kommt nur dann in Betracht, wenn die Gefahr für das Kind nicht durch eine Umgangseinschränkung, begleiteten Umgang oder andere Anordnungen verhindert werden kann.
Liegen schwerwiegende Gründe vor, wie beispielsweise eine konkrete Entführungsgefahr, Kindesmissbrauch oder Kindesmisshandlung, kann das Familiengericht den Ausschluss des Umgangsrechts temporär anordnen.
Ein Entzug des Umgangsrechts auf Dauer ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Verweigert das Kind den Umgang, ändert dies nichts am Umgangsrecht des entsprechenden Elternteils. Unter Umständen sollte der Kindeswille jedoch respektiert werden. Dabei gilt: Je älter das Kind ist, desto eher sollte man die Wünsche des Kindes respektieren.
Insbesondere bei gerichtlichen Entscheidungen spielt der Wille des Kindes mit zunehmendem Alter eine Rolle. Die Rechtsprechung nimmt an, dass ein Kind ab zwölf Jahren die Reife hat, auch eigenständige und stabile Entscheidungen zu treffen.
Empfehlung des Jugendamts: Umgangsrecht gemeinsam festlegen
Sowohl Kinder und Jugendliche als auch die Eltern haben einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts.
Wenn Eltern gar nicht mehr miteinander kommunizieren, kann das Jugendamt als Vermittler zwischen den Beteiligten fungieren. Auch ein gemeinsames klärendes Gespräch kann das Jugendamt begleiten und Wege aufzeigen, wie das Umgangsrecht ausgestaltet werden kann.
Bestenfalls steht am Ende der Beratungsgespräche beim Jugendamt eine freiwillige Umgangsvereinbarung. Diese Vereinbarung wird schriftlich festgehalten und beinhaltet die Häufigkeit der Umgänge, Abhol- und Bringzeiten, aber auch individuelle Vereinbarungen der Eltern. Zu beachten ist jedoch, dass eine beim Jugendamt getroffene Umgangsvereinbarung keine Rechtsverbindlichkeit besitzt.
Sofern einer der beiden Elternteile kein Interesse an einer gemeinsamen Lösungsfindung beim Jugendamt hat oder aber eine beim Jugendamt getroffene Umgangsregelung nicht eingehalten wird, führt der Weg nur über das Familiengericht.
Da das Familiengericht das Jugendamt im Regelfall mit einbezieht, ist eine frühzeitige Einbeziehung des Jugendamtes empfehlenswert.
Umgangsregelungen in der Praxis
Welchen Umgang mit dem Kind Sie verlangen können
Die Ausgestaltung des Umgangsrechts ist gesetzlich nicht geregelt.
Lebt das Kind überwiegend bei einem Elternteil (sog. Residenzmodell), legt das Familiengericht die Umgangskontakte üblicherweise wie folgt fest:
14-tägiger Wochenendkontakt, beginnend am Freitag, endend am Sonntag
Doppelfeiertage werden zwischen den Eltern geteilt, zumindest bekommt der umgangsberechtigte Elternteil den zweiten Feiertag, möglich aber auch jährliche Wechsel
jeweils die Hälfte der gesetzlichen Schulferien
Grundsätzlich sind Übernachtungskontakte vorgesehen und üblich. Hier wird aber letztlich das Kindesinteresse ausschlaggebend sein.
Bei jüngeren Kindern wird das Gericht zumeist häufige, aber kürzere Besuchskontakte festlegen.
Grundsätzlicher Ort der Besuche des Kindes ist die Wohnung des Besuchsberechtigten. Nur in Ausnahmefällen, die im Zusammenhang mit dem Wohl des Kindes stehen, kommen andere Regelungen in Betracht. Beispiel hierfür ist das sogenannte Nestmodell. In dieser Variante betreuen die Eltern abwechselnd die Kinder in der Familienwohnung, während die Eltern bereits jeweils eine andere Wohnung gefunden haben und nun in den Haushalt der Kinder pendeln. Es wird nur selten und in manchen Fällen als vorübergehende Lösung in der Trennungszeit praktiziert.
Verbringen die Kinder gleich viel Zeit bei ihren getrennt lebenden Eltern und wechseln im regelmäßigen Rhythmus zwischen beiden Haushalten, spricht man vom echten Wechselmodell. Hat das Kind jedoch seinen gewöhnlichen Aufenthalt überwiegend im Haushalt des anderen Elternteils und übt ein Elternteil mit dem Kind ein ausgedehntes Umgangsrecht aus (Bsp. 60:40), handelt es sich um ein unechtes Wechselmodell.
Für Ferienzeiten bestimmt der Umgangsberechtigte den Aufenthalt und die Art der Ferien. Allerdings sollte man den betreuenden Elternteil bei längeren Aufenthalten informieren. Der betreuende Elternteil muss wissen, wo sich das Kind aufhält. Zudem ist zu beachten, dass bei Auslandsaufenthalten die Zustimmung des betreuenden Elternteils erforderlich ist.
Der betreuende Elternteil hat nicht das Recht, an dem Umgang aus Kontrollgründen teilzunehmen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn das Kindesinteresse dieses rechtfertigt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Umgangskontakte erst angebahnt werden und es aufseiten des Umgangsberechtigten bereits zu einer Entfremdung gekommen ist. Häufig findet man solche Regelungen auch im Rahmen der Ausgestaltung von Umgangsrecht mit Kleinkindern, die sehr stark auf den betreuenden Elternteil fixiert sind.
Dem Umgangsberechtigten steht auch des Umgangsbestimmungsrecht zu. Insoweit kann er grundsätzlich bestimmen, ob eine dritte, ihm bekannte Person an dem Umgang teilnimmt. Das Umgangsbestimmungsrecht ist aber nicht unbeschränkt. Birgt der Umgang des Kindes mit der dritten Person Gefahren für das Kind, so kann das Familiengericht das Umgangsbestimmungsrecht insoweit beschränken.
Das Umgangsrecht umfasst auch das Recht, dem Kind persönliche Geschenke zu machen, soweit sie nicht den Interessen des Sorgeberechtigten zuwiderlaufen.
Neben dem persönlichen Kontakt zählt auch der Brief-, E-Mail- und Telefonkontakt zum Umgang. Bei älteren Kindern zählen hierzu auch jegliche weitere Kommunikationsformen über Nachrichtendienste wie Skype, Facebook Messenger, WhatsApp, Instagram usw.
Der andere Elternteil darf Telefonate, die mit dem Kind geführt werden, nicht kontrollieren. Eine Kontrolle dieser Kontakte ist ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht und ist damit unzulässig (Vorsicht: teilweise abweichende Rechtsprechung der Familiengerichte – je nach Einzelfall). Kontrovers diskutiert wird, inwieweit ein Anspruch – unabhängig, wer die Kosten trägt – auf Einrichtung eines separaten Kinderanschlusses oder Überlassen eines kindgerechten Handys besteht.
Lebt der umgangsberechtigte Elternteil im Ausland, ändert dies nichts an dem ihm zustehenden Umgangsrecht. Bereits bestehende Umgangsregelungen bleiben auch nach einem Umzug des Umgangsberechtigten ins Ausland grundsätzlich gültig. Aufgrund der oftmals großen Entfernung wird eine Anpassung geprüft werden müssen. Telefonische Kontakte oder Kontakte per Skype, aber auch die Ferien und Feiertage erlangen häufig eine größere Bedeutung. Gegebenenfalls sind internationale Rechtsvorschriften zu beachten.
Muss man vom Umgangsrecht auch Gebrauch machen?
Ja. Jeder Elternteil ist nicht nur zum Umgang mit dem minderjährigen Kind berechtigt, sondern auch verpflichtet, das Umgangsrecht auszuüben. Lehnt der Umgangsberechtigte den Umgang ab, so kann er mit einer gerichtlichen Entscheidung dazu verpflichtet werden. Entscheidender Faktor ist das Kindeswohl. Ist dies durch den Umgang gefährdet, kann die Umgangspflicht ausgesetzt werden.
Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass der Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil dem Kindeswohl dient. Das gilt vor allem dann, wenn sich das Kind den Kontakt explizit wünscht. So argumentierte auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 11.11.2020 (3 UF 156/20), das einen Vater gegen seinen Willen zum regelmäßigen Umgang mit seinen drei Söhnen verpflichtete.
Bei Zuwiderhandlung eines Elternteils gegen eine gerichtliche Entscheidung oder einer vom Familiengericht gebilligten Umgangsvereinbarung drohen Sanktionen in Form von Ordnungsgeld bis hin zur Ordnungshaft.
Wie Sie Ihr Umgangsrecht richtig ausüben
Grundsätzlich gilt die sogenannte Wohlverhaltensklausel, die gesetzlich verankert ist. Sie verlangt von Mutter und Vater, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Es ist Aufgabe des Umgangsberechtigten, das Kind zu holen und nach Beendigung des Umgangsrechts wieder pünktlich zurückzubringen. In Ausnahmefällen kann es aber angezeigt sein, auch den betreuenden Elternteil zu verpflichten. Dies kommt insbesondere bei erheblicher räumlicher Distanz in Betracht.
Die Kosten der Besuchskontakte (z. B. Fahrtkosten, Verpflegung, Freizeit) fallen grundsätzlich dem Bezugsberechtigten zur Last, die er weder beim Kindesunterhalt abziehen noch beim Ehegattenunterhalt als Abzugsposition berücksichtigen lassen kann. Ausnahmen können bei geringen Einkünften in Betracht kommen.
Zu den Besuchszeiten muss der betreuende Elternteil das Kind bereithalten und ihm die notwendigen Sachen mitgeben wie Ersatzkleidung, Medikamente, Brille, Schulhefte usw.
Eine ständige telefonische Erreichbarkeit während der Besuchskontakte kann der betreuende Elternteil nicht verlangen. Umgekehrt ist aber auch eine ständige telefonische Erreichbarkeit des betreuenden Elternteils nicht notwendig, um z. B. das Kind vor Ablauf des Besuchskontaktes wieder abzuholen.
Grundsätzlich gilt eine Kulanzfrist von 15 Minuten, wenn Termine unentschuldigt nicht eingehalten werden. Wenn der umgangsberechtigte Elternteil das Kind stets später als vereinbart zurückbringt oder nicht zu den festgelegten Terminen erscheint, kann der andere Elternteil beim Familiengericht ein Ordnungsgeld beziehungsweise im Wiederholungsfall einen Umgangsausschluss beantragen.
Ausgefallene Besuchskontakte sind nicht nachzuholen. Dies betrifft auch Umgangskontakte, die aufgrund der Ferien des anderen Elternteils ausfallen. Anders jedoch, wenn die Eltern vereinbart haben, dass Ersatztermine stattfinden sollen, beispielsweise wenn der Umgang aus kindbezogenen Gründen ausgefallen ist.
Kann das Umgangsrecht eingeschränkt werden?
Grundsätzlich kann das Umgangsrecht eines Elternteils nur zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung eingeschränkt oder ausgesetzt werden. Hieran sind strenge Voraussetzungen geknüpft. Nach einer Entscheidung des OLG Hamm (NJW-RR 1993, 1290) ist „ein völliger Ausschluss des Umgangsrechts – ausnahmsweise – nur dann gerechtfertigt, wenn das Kind infolge des Umgangs körperlich oder seelisch konkret gefährdet ist und der Gefährdung nicht durch eine bloße Einschränkung des Umgangsrechts oder dessen sachgerechte Ausgestaltung begegnet werden kann.“
Es genügt nicht, dass die Eltern miteinander verfeindet sind. Es muss sich um eine konkrete Gefährdung, wie beispielsweise bei einem Verdacht auf Kindesentführung, Kindesmissbrauch, sexuellem Missbrauch oder körperlicher Gewalt gegenüber dem Kind, handeln. Auch schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen kommen in Betracht, welche im Zweifel gutachterlich bestätigt werden müssen.
Während der COVID-19-Pandemie kam und kommt es ebenfalls in der Praxis zu der Thematik, ob das Umgangsrecht während des Lockdowns oder einer Quarantäne ausgesetzt werden kann bzw. muss. In der Rechtsprechung hat sich schnell herauskristallisiert, dass der Lockdown kein Grund ist, das Umgangsrecht auszusetzen; so beispielsweise das OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.5.2020 – 1 UF 51/20.
Die Kontaktbeschränkung bezieht sich nicht auf den anderen umgangsberechtigten Elternteil. Sollte das Kind allerdings zu einer Risikogruppe gehören, so muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Umgangskontakte, gegebenenfalls unter Vorkehrungsmaßnahmen, durchgeführt werden können. Bei einer Quarantäne verhält es sich wiederum anders. Ein Umgang mit der sich in Absonderung zu begebenden Person kann nicht stattfinden und ist auszusetzen.
Beim Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einschränkung des Umgangsrechts darf ein Elternteil das Umgangsrecht aber nicht selbst einschränken, aussetzen oder verweigern. Dieses Recht steht nach § 1684 IV BGB nur dem Familiengericht zu. Der Elternteil, der das Umgangsrecht einschränken möchte, hat einen Antrag (ggf. Eilantrag) bei dem zuständigen Familiengerecht zu stellen.
Ein kompletter Umgangsausschlusses ist die Ultima Ratio. Zuvor wird das Familiengericht stets prüfen, ob nicht mildere Mittel wie beispielsweise ein begleiteter Umgang oder eine Verringerung der Umgangskontakte bei Häufigkeit und Dauer, Aussetzung von Ferienkontakten usw. angezeigt wären.
Ein Umgangsausschlusses ist nicht grundsätzlich von unendlicher Dauer, sondern wird bei kleineren Kindern von den Gerichten in aller Regel auf 6 Monate bis ein Jahr befristet; dies heißt aber nicht, dass bei Kindern über 14 Jahren oder in schwerwiegenden Entfremdungs- oder Konfliktfällen das Umgangsrecht unbefristet ausgeschlossen werden kann.
Begleiteter Umgang: Umgangsrecht unter Aufsicht
Zu den milderen Mitteln vor einem kompletten Umgangsausschluss gehört beispielsweise auch der begleitete Umgang. Unter begleitetem Umgangsrecht versteht man, dass der umgangsberechtigte Elternteil bei dem Umgangsrecht mit seinen Kindern von weiteren Aufsichtspersonen, wie beispielsweise einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Jugendamtes oder des Kinder- und Jugendschutzbundes beaufsichtigt wird, um eventuellen befürchteten Risiken zu begegnen und dennoch Umgangskontakte in einem sichern Umfeld zu gewährleisten.
Die betreuten Umgangskontakte können durch das Familiengericht angeordnet werden. In der Praxis ist es jedoch nicht selten so, dass sich die Eltern im Rahmen eines familiengerichtlichen Umgangsverfahrens auf eine Wiederaufnahme der Umgangskontakte bei Begleitung durch den Kinder- und Jugendschutzbund verständigen.
Es finden dann in der Regel wöchentliche Termine bei dem Kinder- und Jugendschutzbund statt. Die begleiteten Umgangskontakte werden in aller Regel auf 6 bis 12 Termine beschränkt; Ziel ist es, den unbegleiteten Umgang anzubahnen bzw. vorzubereiten.
Aussetzung des Umgangs bei Krankheit
Eine andere Problematik ist, ob Umgangskontakte auch dann stattfinden, wenn ein Kind erkrankt ist. Es geht hierbei aber um einen (einmaligen) Ausfall eines Umgangskontaktes und nicht um eine generelle Einschränkung oder Aussetzung von Umgangskontakten. Eine einfache Erkältung des Kindes ist kein Grund, das Umgangsrecht abzusagen.
Ein Ausfall des Umgangsrechts kommt nur in Betracht, wenn das Kind bettlägerig krank ist. Dies sollte im Zweifel qualifiziert ärztlich attestiert werden, um etwaigen Zweifeln des umgangsberechtigten Elternteils zu begegnen. Denn eine grundlose Verweigerung von Umgangskontakten kann Diskussionen im Bereich des Sorgerechts bei der Frage der Bindungstoleranz aufkommen lassen.
Was tun, wenn das Umgangsrecht verweigert wird?
Sollte der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, das Umgangsrecht verweigern und sich auch unter Zuhilfenahme des Jugendamts keine Änderung der Situation ergeben, bleibt nur noch der Weg des familiengerichtlichen Umgangsverfahrens.
Bei der Ausgestaltung und Ausübung von Umgangskontakten steht das Kindeswohl im Mittelpunkt, aber auch der Wille des Kindes ist nicht unbeachtlich. Je älter die Kinder werden, desto beachtlicher ist der autonome Wille der Kinder. Ab dem 14. Lebensjahr müssen die Kinder durch das Familiengericht angehört werden. Das Familiengericht wird einen Umgang gegen den autonom gebildeten Willen eines über 14-jährigen Kindes in der Regel nicht anordnen.
Bei kleineren Kindern verhält sich dies anders: Die Rechtsprechung mutet hierbei den Kindern und dem betreuenden Elternteil viel zu, da ein Umgangsrechts auch gegen den Willen eines Kindes durchgesetzt werden kann, sofern zu dem entgegenstehenden Willen keine kindeswohlgefährdenden Aspekte hinzukommen. Allein der Wille eines unter 14 Jahre alten Kindes genügt grundsätzlich nicht, den Umgang zu verweigern.
Hierbei ist der betreuende Elternteil nach der Wohlverhaltensklausel des § 1684 II BGB gehalten, die Umgangskontakte zu fördern.
Sollte der Umgang auch nach einem gerichtlichen Beschluss weiterhin verweigert werden, kann eine Umgangspflegschaft angeordnet werden. Diese wird auf Antrag durch das Familiengericht angeordnet und ein/e Umgangspfleger/in bestellt. Dem Umgangspfleger wird das Recht übertragen, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen.
In der Praxis wird der Umgangspfleger das Kind bei dem betreuenden Elternteil abholen, an den umgangsberechtigten Elternteil übergeben und nach Beendigung des Umgangs wieder zurückbringen; er trägt dafür Sorge, dass die Umgangskontakte durchgeführt werden.
Wird das Umgangsrecht auch dabei weiterhin verweigert, so kann der umgangsberechtigte Elternteil eine Androhung und Durchsetzung von Bußgeld, ersatzweise Ordnungshaft, bei dem zuständigen Familiengericht beantragen.
Eine nachhaltige Verweigerungshaltung eines Elternteils, Umgangskontakte zu fördern, zu unterstützen oder zuzulassen, kann dazu führen, dass die Erziehungsfähigkeit dieses Elternteils infrage gestellt werden kann. Man spricht in diesem Fall von einer „mangelnden Bindungstoleranz“, in Extremfällen von einem „Parental Alienation Syndrome“, was dazu führen kann, dass demjenigen Elternteil durch ein familiengerichtliches Gutachten die Erziehungseignung abgesprochen wird und das Sorgerecht bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den anderen Elternteil übertragen wird.
Häufige Fragen und Antworten zum Umgangsrecht
Wie ist das Umgangsrecht gesetzlich geregelt?
Das Umgangsrecht ist ab § 1684 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es bezeichnet das Recht bestimmter Personen wie insbesondere eines Elternteils auf Umgang mit einem minderjährigen Kind. Im Gegenzug besitzt auch das Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Dauer und Umfang des Umgangsrechts sind nicht explizit gesetzlich geregelt.
Wann kann das Umgangsrecht verweigert werden?
Das Umgangsrecht kann grundsätzlich nur zeitlich begrenzt verwehrt werden, um eine konkrete Kindeswohlgefährdung abzuwehren, z. B. bei einem Verdacht auf Kindesentführung, Kindesmissbrauch bzw. auf psychische oder körperliche Gewalt. Das Recht zur Einschränkung des Umgangsrechts steht nur Gerichten zu, Eltern dürfen den Kontakt nicht selbst verweigern.
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