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Bedarfsgemeinschaft: Wann beeinflusst das Vermögen Ihrer Mitbewohner Ihre Sozialleistungen?

  • 6 Minuten Lesezeit
Bedarfsgemeinschaft: Wann beeinflusst das Vermögen Ihrer Mitbewohner Ihre Sozialleistungen?

Ob und mit wem Sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist entscheidend, wenn Sie Sozialleistungen beziehen möchten. Wer bildet eine Bedarfsgemeinschaft? Welche Auswirkungen hat die Bedarfsgemeinschaft auf Ihre Leistungsansprüche? Wie können Sie der Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft widersprechen? 

Bedarfsgemeinschaft: Bedeutung für Bürgergeld, Wohngeld und Co. 

Als Anlaufstelle für die Beantragung von Leistungen wie z. B. Grundsicherung, Bürgergeld und Wohngeld prüft das Jobcenter auf Basis der Wohnsituation, ob der Antragsteller eine Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen bildet. Leben mehrere Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, werden alle Personen, die der Bedarfsgemeinschaft zugehören – mit ihrem Einkommen und Vermögen – in die Berechnung des Leistungsanspruchs einbezogen. Wenn Sie beispielsweise in einer Bedarfsgemeinschaft mit Ihrem Lebenspartner wohnen und dieser arbeitet, wird sein Einkommen auf Ihre Leistungen angerechnet und kann diese reduzieren. So ist es möglich, dass eine Person, die einzeln als hilfsbedürftig gilt und Bürgergeld beantragt, keine Leistungen erhält, weil sie mit ihrem Partner zusammenlebt, der über ein Einkommen verfügt.  

Bedarfsgemeinschaft Definition: Was ist eine Bedarfsgemeinschaft? 

Viele verschiedene Konstellationen können eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Grundsätzlich handelt es sich bei einer Bedarfsgemeinschaft um zusammenlebende Personen, die füreinander Verantwortung tragen und einstehen. Wann eine solche Einstehensgemeinschaft vorliegt, definiert das Sozialgesetzbuch folgendermaßen (SGB II § 7): 

„Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner  

1. länger als ein Jahr zusammenleben,  

2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,  

3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder  

4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.“ 

Bedarfsgemeinschaft Beispiele: Wer gilt als Bedarfsgemeinschaft? 

  • Bedarfsgemeinschaft als Einzelperson: Bereits eine einzelne Person wird für die Bedarfsermittlung als Bedarfsgemeinschaft betrachtet, sobald sie Sozialleistungen beantragt.  

  • Bedarfsgemeinschaft mit Ehepartner oder eingetragenem Lebenspartner: Wer mit seinem Ehepartner oder eingetragenem Lebenspartner zusammenwohnt, gilt automatisch als Bedarfsgemeinschaft, da hier der wechselseitige Wille, füreinander einzustehen, durch den Eheschluss selbst erklärt wurde.  

  • Bedarfsgemeinschaft durch eheähnliche Lebensgemeinschaft: Auch unverheiratete Paare, die zusammenleben, bilden in der Regel eine Bedarfsgemeinschaft.  

  • Bedarfsgemeinschaft mit Kindern: Kinder unter 25 Jahren sind Teil der Bedarfsgemeinschaft. Voraussetzung dafür ist, dass sie im selben Haushalt leben und ihren Lebensunterhalt – trotz eigenen Einkommens – nicht selbst bestreiten können. 

  • Bedarfsgemeinschaft mit dem Elternteil des gemeinsamen Kindes: Bilden Sie mit Ihrem Kind eine Bedarfsgemeinschaft und dessen anderer Elternteil lebt ebenfalls in Ihrem Haushalt, gehört er zur Bedarfsgemeinschaft. Lebt der Partner des Elternteils im gleichen Haushalt, ist auch er Teil der Bedarfsgemeinschaft. 

Ausnahmen: Wann gehören Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft?  

  • Ihr Kind unter 25 Jahren hat ein eigenes Einkommen, mit dem es seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.  

  • Ihr Kind ist verheiratet oder über 25 Jahre alt. Dabei ist es unerheblich, ob das Kind noch in der elterlichen Wohnung wohnt. 

Wann gehört der Partner nicht zur Bedarfsgemeinschaft? 

In der Regel wird angenommen, dass bei einem Paar der Wille besteht, füreinander einzustehen, und deshalb eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Partner getrennt wohnen. In diesem Fall besteht – auch bei Ehepaaren – normalerweise keine Bedarfsgemeinschaft. 

Wann gehören Eltern zur Bedarfsgemeinschaft? 

Bezieht ein Kind Sozialleistungen, können die Eltern zur Bedarfsgemeinschaft des Kindes gehören: Nämlich, wenn das antragsstellende Kind mit ihnen in einem Haushalt lebt, zwischen 15 und 25 Jahre alt, unverheiratet und erwerbsfähig ist. 

Was ist eine temporäre Bedarfsgemeinschaft? 

Eine Bedarfsgemeinschaft kann auch zeitlich beschränkt vorliegen. Das ist der Fall, wenn zwei hilfsbedürftige Personen, die getrennt leben, ein gemeinsames Kind haben, das abwechselnd bei beiden Elternteilen lebt. In dem Zeitraum, in dem das Kind bei einem Elternteil wohnt, ist es Teil dessen temporärer Bedarfsgemeinschaft.  

Beispiel: Ein fünfjähriger Sohn wohnt unter der Woche bei seinem Vater, an den Wochenenden und in den Ferien aber bei seiner Mutter. Sofern beide Elternteile hilfsbedürftig sind, bildet die Mutter während der Wochenenden und in den Ferien eine temporäre Bedarfsgemeinschaft mit dem Sohn und der Vater lebt während der restlichen Zeit mit dem Kind in einer Bedarfsgemeinschaft. 

Wie funktioniert eine Bedarfsgemeinschaft auf Probe? 

Wenn ein Paar, das aus zwei hilfsbedürftigen Personen besteht, zusammenziehen möchte, kann es für eine begrenzte Zeit eine Bedarfsgemeinschaft auf Probe bilden. In der Regel gilt die Bedarfsgemeinschaft auf Probe für ein Jahr. Während dieser Testphase werden die beiden Partner statt als Bedarfsgemeinschaft unabhängig voneinander als zwei einzelne Leistungsempfänger eingestuft.  

Es gibt allerdings Ausnahmen: Lässt sich bereits anhand einer gemeinsamen Lebensführung, z. B. durch ein gemeinsames Kind oder eine Heirat, eine Einstehensgemeinschaft vermuten, ist keine Probephase für die Bedarfsgemeinschaft möglich.  

Beispiel: Zwei hilfsbedürftige Personen führen eine Beziehung und möchten zusammenziehen. Während des ersten Jahrs, in dem sie zusammenwohnen, können sie als Bedarfsgemeinschaft auf Probe – also als zwei unabhängige Leistungsempfänger – eingestuft werden. Wäre das Paar beim gemeinsamen Umzug bereits verheiratet, würde es ab dem Einzug in die gemeinsame Wohnung eine reguläre Bedarfsgemeinschaft bilden. 

Unterschied: Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft  

Haushaltsgemeinschaft als Familie 

Sie leben mit verwandten oder verschwägerten Personen, bilden jedoch mit diesen keine Bedarfsgemeinschaft? Dann spricht man von einer Hausgemeinschaft. Dazu zählen beispielsweise Geschwister, Großeltern, Tanten, Neffen sowie eigene Kinder über 25 Jahre.  

Die Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft teilen sich in der Regel die Kosten der Unterkunft. Auch hier kann eine Vermutung der finanziellen Unterstützung entstehen, sofern die Verwandtschaft über ausreichend Einkommen verfügt. Inwiefern die potenzielle finanzielle Unterstützung durch die Familie Auswirkungen auf die Sozialleistungen hat, wird in jedem Fall individuell entschieden.  

Eine Haushaltsgemeinschaft kann sich auch aus einer Bedarfsgemeinschaft entwickeln: Besteht beispielsweise eine Bedarfsgemeinschaft aus einem Elternteil und dessen 24-jährigem Kind – das über ein eigenes Einkommen verfügt –, scheidet das Kind zu seinem 25. Geburtstag aus der Bedarfsgemeinschaft aus. Ab diesem Zeitpunkt bilden die beiden Personen stattdessen eine Haushaltsgemeinschaft. 

Wohnungsgemeinschaft: Ist eine WG eine Bedarfsgemeinschaft? 

Sofern es sich bei den Mitbewohnern um Freunde oder Bekannte handelt, werden deren finanzielle Mittel für die Sozialleistungen der hilfsbedürftigen Person nicht berücksichtigt. Während des Studiums leben beispielsweise viele Studenten in Wohngemeinschaften (WGs), trotzdem sind sie finanziell unabhängig voneinander. Diese Personen bilden deshalb keine Bedarfsgemeinschaft.  

anwalt.de-Tipp: Werden Sie und Ihre Mitbewohner fälschlicherweise als Bedarfsgemeinschaft eingeordnet? Dann sollten Sie sich unbedingt von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen. Dieser kann Ihnen helfen, die Bedarfsgemeinschaft zu widerlegen. Finden Sie jetzt Ihren Rechtsanwalt für Sozialrecht auf anwalt.de

Wie können Sie die Bedarfsgemeinschaft widerlegen? 

Die Einteilung als Bedarfsgemeinschaft wird auf Basis der Vermutung vorgenommen, dass die Betroffenen füreinander einstehen. Wenn Sie jedoch fälschlicherweise z. B. in einer eheähnlichen Bedarfsgemeinschaft eingeordnet werden, können Sie Widerspruch einlegen. Das ist unter anderem nötig, wenn eine hilfsbedürftige Person in einer mutmaßlichen Bedarfsgemeinschaft lebt, deren anderes Mitglied sich jedoch weigert, sie zu unterstützen.  

Um die vermutete Bedarfsgemeinschaft zu widerlegen, genügt es nicht, nur zu bekunden, nicht füreinander einstehen zu wollen. Stattdessen ist eine Beweislastumkehr notwendig, um glaubhaft zu machen, dass kein gegenseitiger Verantwortungswille besteht.  

Keine Bedarfsgemeinschaft: Welche Nachweise sind nötig? 

Um der Vermutung wirksam zu widersprechen, müssen Sie Nachweise darüber erbringen, dass keine Bedarfsgemeinschaft besteht. Hier können Dokumente wie beispielsweise Mietverträge, Meldebescheinigungen oder Kostenbeteiligungsvereinbarungen zum Einsatz kommen. Dabei ist es jedoch wichtig, dass die Unterlagen nicht den Eindruck erwecken, lediglich zu dem Zweck erstellt worden zu sein, die Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu widerlegen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 9 AS 208/20 B ER).  

Sie wurden als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft eingeordnet und möchten Widerspruch gegen den Bescheid einlegen? Lassen Sie sich anwaltlich beraten! Bereits im Rahmen einer 30-minütigen Kurzberatung kann ein erfahrener Rechtsanwalt Ihnen eine erste kurze Einschätzung geben, wie Sie in Ihrer individuellen Situation vorgehen sollten. Buchen Sie Ihre Kurzberatung zum Pauschalpreis von 69 € inkl. USt. jetzt einfach auf anwalt.de! 

(LES)

Foto(s): ©Adobe Stock/Drazen

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