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Wie Sie trotz Enterbung Ihren Pflichtteil geltend machen können.

  • 6 Minuten Lesezeit

Möchten Sie Ihren Pflichtteil geltend machen, weil Sie enterbt wurden? Ob Sie pflichtteilsberechtigt sind und wie Sie Ihren Anspruch auf den Pflichtteil durchsetzen können, erfahren Sie hier.

Die wichtigsten Fakten

  • Vollständiges Enterben ist schwer möglich.
  • Für die allermeisten Erben verbleibt ein geminderter gesetzlicher Teil des Erbes, der sogenannte Pflichtteil.
  • Wenn jemand enterbt wurde, kann er in der Regel den Pflichtteil verlangen.
  • Pflichtteilsberechtigt sind Kinder, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Eltern.
  • Enterbung liegt z. B. vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht im Testament oder im Erbvertrag bedacht wurde.
  • Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
  • Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Ende des Jahres der Kenntnisnahme, max. 30 Jahre.

So gehen Sie vor

  1. Prüfen Sie, ob Sie Anspruch auf den Pflichtteil haben!
  2. Verlangen Sie Auskunft über den Nachlasswert vom Erben!
  3. Prüfen Sie den Nachlasswert!
  4. Ermitteln Sie die Höhe Ihres Pflichtteils!
  5. Fordern Sie den Erben zur Zahlung des Pflichtteils auf!
  6. Fordern Sie den Erben zur Zahlung des Pflichtteils auf!
  7. Vorsicht: Ist der Anspruch schon verjährt?

Kann man jemanden enterben?

Möchte der Erblasser einen gesetzlichen Erben enterben, so kann er in einem Testament ausdrücklich bestimmen, dass eine bestimmte Person nichts erben soll. Diese letztwillige Verfügung wird auch als Negativtestament bezeichnet.

Alternativ kann der Erblasser ein sogenanntes positives Testament erstellen, indem er eine andere Person als den gesetzlichen Erben als Alleinerben einsetzt. Diese Regelung wird oft in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen (z. B. Berliner Testament).

Darüber hinaus kann jemand in einem Erbvertrag enterbt werden.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil schränkt die Testierfreiheit des Erblassers ein und wird auch als Mindestbeteiligung am Nachlass bezeichnet, der nur engsten Verwandten zusteht. Er ist als Geldbetrag auszuzahlen und steht dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben zu.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Der Erblasser hat eine Fürsorgepflicht gegenüber den nächsten Angehörigen. Hat er enge Verwandte in einem Testament oder Erbvertrag enterbt, so haben diese einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie pflichtteilsberechtigt sind.

Pflichtteilsberechtigte Personen gem. § 2303 BGB sind:

  • Kinder (eheliche, nichteheliche oder adoptierte)
  • Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner
  • Eltern des Erblassers, falls dieser keine Kinder hatte

Enterbte Ehegatten sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rechtsgültig war. Wenn aber bereits ein Scheidungsantrag eingereicht wurde oder die Scheidung sogar rechtskräftig ist, erlischt der Anspruch auf den Pflichtteil.

Geschwister des Erblassers sind nicht pflichtberechtigt.

Wie hoch ist der gesetzliche Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und bemisst sich entsprechend der Pflichtteilsquote und dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Die Pflichtteilsquote hängt davon ab, wie hoch der gesetzliche Erbteil desjenigen wäre, der den Pflichtteil beansprucht. Der gesetzliche Erbteil richtet sich danach, was jemandem nach der gesetzlichen Erbfolge zusteht.

Beispiel: Der Erblasser war im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft verheiratet und hatte zwei Kinder. Er enterbt seine Tochter, nur die Ehefrau und der Sohn sollen erben. Die Tochter kann einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 des Nachlasswertes geltend machen, der die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils (1/4) beträgt.

Wie bekommt man seinen Pflichtteil?

Der Pflichtteilsberechtigte muss seinen Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben geltend machen.

  • Er sollte sich an den Erben oder die Erbengemeinschaft wenden und schriftlich Auskunft  bezüglich der Höhe des Nachlasswertes verlangen.
  • Er sollte ein Nachlassverzeichnis anfordern und überprüfen.
  • Anschließend sollte er die Höhe des Pflichtteils ermitteln.
  • Als Nächstes muss er den Pflichtteil von den Erben bzw. der Erbengemeinschaft einfordern.
  • Weigert sich der Erbe zur Zahlung des Pflichtteils, steht es dem Pflichtteilsberechtigten frei, seinen Pflichtteil einzuklagen.

Wann verjährt der Anspruch auf den Pflichtteil?

Die gesetzliche Verjährungsfrist (§ 195 BGB) von drei Jahren beginnt ab dem Ende des Jahres der Kenntnisnahme vom Tod des Erblassers. Bei Minderjährigen läuft die Frist erst ab dem Eintritt der Volljährigkeit.

 Beispiel: Der Pflichtteilsberechtigte erfuhr im Juni 2018 vom Testament des Erblassers. Die Verjährungsfrist beginnt folglich am 01. Januar 2019 und endet am 31. Dezember 2021.

Hat der Pflichtteilsberechtigte keine Kenntnis bezüglich seines Pflichtteilsanspruchs, so verjährt dieser erst nach 30 Jahren.

Die Sonderfälle zum Pflichtteil: Entzug, Verzicht und Klauseln

Wann kann der Pflichtteil entzogen werden?

Nur in wenigen Fällen können Eltern ihren Kindern den Pflichtteil entziehen:

  • Wenn Kinder dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser nahestehenden Person nach dem Leben trachten.
  • Wenn sich Kinder eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht haben.
  • Falls Kinder die Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt haben.
  • Wurden Kinder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt und ist die Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar, so kann der Pflichtteil ebenfalls entzogen werden.
  • Dies gilt auch für den Fall, dass die Unterbringung der Kinder aufgrund einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat in der Psychiatrie oder in einer Erziehungsanstalt angeordnet wurde.

Der Pflichtteilsentzug ist nur durch Testament oder mithilfe eines Erbvertrages möglich. Dabei muss ersichtlich sein, warum der Pflichtteil entzogen werden soll.

Erbe ausschlagen – Pflichtteil trotzdem möglich?

In der Regel kann jemand, der sein Erbe ausschlägt, seinen Pflichtteil nicht verlangen.

Ausnahmen:

  • Wenn der überlebende Ehegatte in Zugewinngemeinschaft mit dem Erblasser gelebt hat, behält er den Pflichtteilsanspruch. Er hat nämlich ein Wahlrecht zwischen der Erbschaft und dem Pflichtteil.
  • Wird ein pflichtteilsberechtigter Erbe durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder durch eine Teilungsordnung beschränkt oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so kann er sein Erbe ausschlagen und dennoch den Pflichtteil geltend machen.
  • Wenn ein pflichtteilsberechtigter Vermächtnisnehmer sein Vermächtnis ausschlägt, kann er trotzdem seinen Pflichtteil beanspruchen.

Verzicht auf den Pflichtteil

Hat der Erblasser mit dem Pflichtteilsberechtigten vereinbart, dass dieser auf seinen Pflichtteil verzichtet, so muss dieser Pflichtteilsverzicht notariell beurkundet werden, damit er wirksam ist. Oft wird ein Pflichtteilsverzicht vereinbart, um die Zerschlagung eines Familienunternehmens zu verhindern. Im Gegenzug zum Pflichtteilsverzicht wird in der Regel die Zahlung einer Abfindung vereinbart.

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Wenn der Erblasser zugunsten eines Dritten eine Schenkung gemacht hat, um seine Erbmasse zu verringern, haben Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Erbfall innerhalb von 10 Jahren nach der Schenkung eintritt.

Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs wird jährlich um ein Zehntel reduziert.

Berliner Testament

Setzen sich Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner im Rahmen eines Berliner Testaments gegenseitig zu Alleinerben ein, so können deren Kinder trotzdem nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil für sich beanspruchen.

Um dies zu vermeiden, ist es empfehlenswert, eine Strafklausel in das Berliner Testament mitaufzunehmen. Diese besagt, dass Kinder nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils auch dann nur den Pflichtteil erhalten, wenn sie ihren Pflichtteil bereits von dem Erstversterbenden verlangen.

Tipp: Wie kann man den Pflichtteil bereits zu Lebzeiten erhalten?

  • Im Rahmen einer Schenkung kann der Erblasser eine Vermögensübertragung zugunsten des Pflichtteilsberechtigten vornehmen. Tritt allerdings der Erbfall innerhalb von 10 Jahren nach dieser Schenkung ein, können andere Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
  • Durch Pflichtteilsverzicht im Gegenzug für eine Abfindung kann ein Pflichtteilsberechtigter bereits zu Lebzeiten vom Vermögen des Erblassers profitieren.

Checkbox:

  1.  Sind Sie pflichtteilsberechtigt und wurden enterbt?
  2.  Falls Ja, verlangen Sie Auskunft über die Höhe des Nachlasswertes!
  3. Prüfen Sie diesen ggf. mithilfe eines Nachlassverzeichnisses!
  4. Ermitteln Sie die Höhe des Pflichtteils!
  5. Fordern Sie den Erben zur Zahlung des Pflichtteils auf!
  6. Klagen Sie Ihren Pflichtteilsanspruch rechtzeitig ein, falls der Erbe nicht zahlt!
Foto(s): ©Pexels.com/AndreaPiacquadio

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