Aufsichtspflicht bei Kindern: Wann haften Eltern, Erzieher und andere?
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Experten-Autorin dieses Themas
Die Aufsichtspflicht dient nicht nur dem Schutz des minderjährigen Kindes selbst vor Schäden, sondern sie soll auch vermeiden, dass Dritte durch das Kind einen Schaden erleiden. Die Aufsichtspflicht kann sich entweder aus dem Gesetz oder aus einem Vertrag ergeben.
Aufsichtspflicht der Eltern (Gesetz)
Die elterliche Aufsichtspflicht ist ein Teil der Personensorge und ergibt sich daher aus dem Gesetz, § 1631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die sogenannte Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
Die Personensorge ist wiederum neben der Vermögenssorge der zweite Teil des Sorgerechts, das verheiratete Eltern grundsätzlich gemeinschaftlich ausüben, § 1626 BGB. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern gilt § 1626a BGB. Wer die Personensorge über das minderjährige Kind innehat, hat mithin automatisch auch die gesetzliche Aufsichtspflicht über das Kind – das sind in der Regel die Eltern.
Aufsichtspflicht in Kita, Kindergarten und durch Erzieher (Vertrag)
Die Aufsichtspflicht kann durch die Personensorgeberechtigten per Vertrag an Dritte übertragen (delegiert) werden. Mit der erfolgreichen Anmeldung des Kindes in einer Kita bzw. einem Kindergarten wird z. B. ein Aufnahmevertrag beziehungsweise Betreuungsvertrag mit dem Träger der Einrichtung geschlossen. Durch diesen Vertrag geht die Aufsichtspflicht für die Zeit der vereinbarten Betreuung auf die Einrichtung über. Dies geschieht entweder ausdrücklich laut Vertrag oder stillschweigend. Die Einrichtung wiederum überträgt die Aufsichtspflicht durch den Arbeitsvertrag auf die jeweiligen Erzieher.
Die Aufsichtspflicht beginnt in der Regel mit der Übergabe des Kindes an die Einrichtung und endet mit der Übergabe an eine abholberechtigte Person. Holen die Eltern das Kind nicht oder verspätet ab, bleibt die Aufsichtspflicht bestehen.
Wichtig: Auch ohne entsprechenden Vertrag kann die Aufsichtspflicht bei sogenannten Gastkindern auf die Einrichtung beziehungsweise die Erzieher übertragen werden. Entscheidend ist der Wille zur Übertragung der Aufsichtspflicht.
Weitere Beispiele für eine Delegierung der Aufsichtspflicht per Vertrag sind: Schule, Babysitter oder private Lehrer (z. B. Musiklehrer, Sportlehrer). Hinweis: Die Aufsichtspflicht bezieht sich nicht nur auf minderjährige Kinder, sondern kann sich auch auf Volljährige beziehen, sofern diese einer besonderen Aufsicht bedürfen (Kranke, geistig oder körperlich Behinderte).
Verletzung der Aufsichtspflicht – was verlangt die Aufsichtspflicht von Eltern und Erziehern?
Eine Verletzung der Aufsichtspflicht liegt vor, wenn die aufsichtspflichtige Person ihren Pflichten nicht nachgekommen ist. Die entscheidende Frage, was die Aufsichtspflicht verlangt, kann jedoch nicht pauschal beantwortet werden. Konkrete Richtlinien gibt es nicht – es ist immer eine situationsbedingte Einzelfallentscheidung zu treffen.
Ein permanentes Überwachen des Kindes ist in der Regel nicht notwendig; nur ein Beaufsichtigen im gebotenen Rahmen. Wachsende Bedürfnisse der Kinder und ihre steigenden Fähigkeiten sind zu berücksichtigen.
Die Aufsicht und Kontrolle des Kindes, ist immer an Alter, Entwicklung, Erziehung sowie an die konkrete Situation individuell anzupassen. Relevant sind auch Charaktereigenschaften des Kindes, etwaige Erkrankungen, bisheriges Verhalten etc. Es liegt auf der Hand, dass jüngere Kinder einer intensiveren Beaufsichtigung bedürfen und dass Gefahrensituationen ebenfalls eine intensive Beaufsichtigung notwendig machen.
Grundsätzlich besteht eine Informationspflicht, eine konkrete Beaufsichtigungspflicht und eine Eingriffspflicht. Der Aufsichtspflichtige hat sich zunächst selbst über die Situation, die Umstände und Gefahren zu informieren und diese dann dem Kind kindgerecht beizubringen und Regeln aufzustellen. Die Verhaltensweise des Kindes und die einzuhaltenden Regeln sind zu kontrollieren beziehungsweise zu beobachten. Im Bedarfsfall muss eingegriffen werden.
Beispiel: Im Kindergarten soll etwas gekocht werden, sodass der Einsatz von Messern notwendig wird – hier ist eine Information über die Gefahren und den Umgang als auch eine anschließende intensive Begleitung notwendig. Ein Ausflug ins Schwimmbad oder an den Badesee stellt ebenfalls hohe Anforderungen an das notwendige Maß der Aufsichtspflicht.
Natürlich spielt auch die Erzieher-Kind-Relation eine Rolle, wobei es wiederum keine konkreten Richtlinien diesbezüglich gibt. Wenn unbekannte Orte mit der Gruppe besucht werden, sind regelmäßig mehr Erzieher notwendig als in der KiTa selbst.
Keine Haftung bei Gefälligkeitsaufsicht
Von der vertraglichen Aufsichtspflicht abzugrenzen ist die Aufsicht aus Gefälligkeit. Hier wird kein Vertrag begründet, sodass die Aufsichtsführenden bei etwaigen Schäden auch nicht wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht haften. Beispielsweise kann eine Gefälligkeitsaufsicht bei Verwandten, Bekannten oder Nachbarn vorliegen, die kurzzeitig und ohne Vergütung auf das Kind aufpassen.
Bei Kindergeburtstagen gilt, dass die Einladung zur Geburtstagsfeier ein Angebot zur vertraglichen Übernahme der Aufsicht über die eingeladenen Kinder ist. Bei einem Kindergeburtstag handelt es sich daher nicht um eine Gefälligkeitsaufsicht, sondern um eine vertragliche Aufsichtspflicht, die eine Haftung bei Schäden begründen kann. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit Urteil vom 01.07.1989 – 9 U 36/86 entschieden.
Haftung bei Schäden
Die Haftung für Schäden von Kindern ist in § 832 BGB geregelt. Darin ist in Abs. 1 normiert, dass die Person, die kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Ausnahme: Der Schadensersatzanspruch besteht nicht, wenn der Aufsichtspflichtige beweisen kann, dass der Aufsichtspflicht genügt worden ist (siehe oben unter Verletzung der Aufsichtspflicht), oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre.
Der allseits bekannte Hinweis „Eltern haften für ihre Kinder“ gilt insofern nur eingeschränkt und führt keinesfalls zu einer pauschalen Haftung der Eltern. Diese gibt es nicht. Haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt, haften sie auch nicht. Auch nicht, wenn dieses Schild – beispielsweise an einer Baustelle – angebracht ist. In solchen Fällen empfiehlt sich daher oftmals rechtlicher Beistand.
Wichtig: Bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres haften die Kinder selbst nicht. Ab dem achten Lebensjahr haften Kinder selbst, sofern sie die notwendige Einsichtsfähigkeit besitzen, § 828 BGB.
Eine Ausnahme besteht für Schäden, die bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zugefügt werden. Hier haften Kinder, die zwar das siebte, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer vorsätzlichen Herbeiführung.
Fazit
Die Aufsichtspflicht dient einerseits dem Schutz des minderjährigen Kindes selbst vor Schäden und andererseits dem Schutz Dritter vor Schäden durch das Kind.
Die Aufsichtspflicht ist Teil der Personensorge und ergibt sich aus dem Gesetz, § 1631 BGB.
Da die Personensorge in der Regel wegen des gemeinsamen Sorgerechts bei den Eltern liegt, haben die Eltern die gesetzliche Aufsichtspflicht. Entscheidend ist aber, wer die Personensorge über das Kind hat.
Die Aufsichtspflicht kann auf Dritte übertragen (delegiert) werden.
Die Aufsichtspflicht von Erziehern, Kita und Kindergarten ergibt sich aus dem Aufnahmevertrag des Kindes.
Abzugrenzen von der Aufsichtspflicht aus Vertrag ist die sogenannte Gefälligkeitsaufsicht.
Der Hinweis „Eltern haften für ihre Kinder“ begründet keine pauschale Haftung der Eltern.
Das gebotene Maß an Aufsicht kann nicht pauschal beantwortet werden. Es kommt insbesondere auf Alter, Entwicklung des Kindes und die konkrete Situation an.
Ein ständiges Überwachen ist in der Regel nicht notwendig.
Die Haftung des Aufsichtspflichtigen für Schäden von Kindern ergibt sich aus § 832 BGB. Für Aufsichtspflichtige aus Gesetz (in der Regel die Eltern) aus Abs. 1 und für Aufsichtspflichtige aus Vertrag (z. B. Kita, Erzieher) aus Abs. 2.
Hat der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht in erforderlichem Maß Genüge getan, scheidet eine Haftung aus.
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19.07.2019 Sandra Voigt, anwalt.de-Redaktion„… mit dem feuchten Element. Baderegel Nr. 1: Aufsichtspflicht trotz Bademeister Eltern müssen auch im Freibad auf ihre Kinder aufpassen. Nur weil sie das Eintrittsgeld bezahlt haben, können sie sich nicht darauf …“ Weiterlesen
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