Gesprächsmitschnitt als Beweismittel in Familienverfahren?

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Das Handy ist heutzutage nahezu immer griffbereit. Da scheint es bei Rechtsstreitigkeiten ein naheliegender Gedanke zu sein, Video- oder Tonaufzeichnungen anzufertigen im Verfahren verwenden zu wollen. Denkbar ist hier etwa die Dokumentation häuslicher Gewalt oder Bild- bzw. Tonaufnahmen einer Bedrohung aufzunehmen, um diese als Beweismittel in das Verfahren einzubringen. Hier steht jedoch schnell die Frage der Strafbarkeit der Aufnahme und Verbreitung im Raum. Gerichte müssen im Einzelfall abwägen müssen, ob die Aufnahme ausnahmsweise als Beweismittel verwendet werden kann.

Ist es verboten, Gespräche aufzuzeichnen?

Das Strafgesetzbuch (StGB) ist eindeutig. Nach § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) und § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) macht sich strafbar,

  • wer Ton- oder Bildaufnahmen anfertigt
  • und diese Aufnahmen Dritten, z.B. dem Familiengericht, zugänglich macht,
  • ohne dass der Partner ausdrücklich seine Zustimmung erklärt hat.

Das gilt auch, wenn die Ton- oder Bildaufnahme zunächst mit Zustimmung des Partners angefertigt wurde. Der Umstand, dass der Partner zunächst Kenntnis hatte, dass sein Wort oder sein Bild aufgenommen wurde, rechtfertigt es also nicht, dass eine andere Person Kenntnis von dieser Aufnahme erhält. Der Partner darf darauf vertrauen, dass sein Wort und sein Bild vertraulich bleiben. Es ist natürlich erst recht strafbar, wenn die Aufnahme heimlich angefertigt werden.

Denn: Das Gesetz schützt die Vertraulichkeitssphäre und den höchstpersönlichen Lebensbereich eines jeden einzelnen und verbietet im gegenseitigen Interesse aller, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen ohne dessen ausdrückliche Einwilligung auf Ton- oder Bildträger aufzunehmen und einer anderen Person zugänglich zu machen.

Wann sind heimliche Tonaufnahmen vor Gericht ausnahmsweise erlaubt?

Haben Sie in der Unterredung mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin offen oder heimlich Gesprächsmitschnitte angefertigt, dürfen Sie diese angefertigten Tonaufnahmen vor Gericht im Regelfall nicht verwerten. Da die Aufnahmen gesetzeswidrig angefertigt wurden, besteht für das Gericht ein Beweisverwertungsverbot: Das Gericht darf die Aufnahme nicht als Beweismittel verwenden.

Beispiel:

Sie haben sich mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin über den Zugewinnausgleich unterhalten. Der Partner hat versprochen, 10.000 EUR als Zugewinn zu zahlen. Nachdem Sie den Scheidungsantrag eingereicht haben, will er/sie von der Absprache nichts mehr wissen. Soweit Sie das Gespräch auf Ihrem Handy heimlich „vorsichtshalber“ mitgeschnitten haben, können Sie die Tonaufnahme beim Familiengericht nicht verwenden. Auch wenn der Partner den Gesprächsmitschnitt zunächst akzeptiert hatte, besteht ein Verwertungsverbot, wenn Sie die Aufnahme ohne dessen Zustimmung im Gerichtsverfahren würden verwenden wollen. Selbst wenn Sie die Absprache dann nicht beweisen können und deshalb im Verfahren bei Gericht unterliegen, besteht kein Grund, vom Grundsatz der „Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes“ eine Ausnahme zu machen.

Bedrohungen und Gewalt aufnehmen?

Eine Ausnahme vom Grundsatz der „Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes“ kann sich dann ergeben, wenn Sie sich in einer echten Notsituation befunden haben. Gerade, wenn es um häusliche Gewalt geht, kann eine Interessenabwägung ergeben, dass das rechtliche Interesse an der Dokumentation häuslicher Gewalt höher zu bewerten ist als das Interesse des Täters bzw. der Täterin an der Vertraulichkeit des seines gesprochenen Wortes. Wann genau diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich nur anhand der Umstände im Einzelfall bewerten.

Gehen Sie jedoch davon aus, dass verbale Entgleisungen oder Beleidigungen jedenfalls noch kein Grund sind, von einer Notsituation auszugehen. Eine Ausnahme ist allenfalls dann denkbar, wenn man sich in einer absolut ausweglosen Situation wiederfindet, in der es dem Gerechtigkeitsempfinden in eklatanter Art und Weise widersprechen würde, auf eine in dieser Situation angefertigte Ton- oder Bildaufnahme zu verzichten. Dann kann eine Aufnahme vor Gericht durchaus Gewalt in der Ehe beweisen.

Hinzu kommen rein praktische Erwägungen. Eine Bildaufnahme, beispielsweise mit dem Handy, dürfte bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung ohnehin schwierig sein. Sofern die angegriffene Person in der Lage ist, die Kamera zu führen und zugleich auf eine Abwehrhaltung zu verzichten, könnten sich Zweifel begründen, ob die Situation wirklich eine Notsituation darstellte.

Risiken abwägen

Sie gehen also ein hohes Risiko ein, sich selbst einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auszusetzen, wenn Sie Ton- oder Bildaufnahmen anfertigen und diese bei der Polizei präsentieren oder beim Familiengericht vorlegen. Selbst wenn Sie bedroht oder tatsächlich körperlich verletzt wurden, bedarf es immer noch der Abwägung, ob Ihre Strafbarkeit nach § 201, 201a StGB geringer zu bewerten ist als Ihr Interesse daran, dass Sie die Gewalt in der Ehe beweisen können.

Ebenfalls problematisch zu beweisen ist, dass die angreifende Person in eine zunächst offene oder heimliche Ton- oder Bildaufnahme eingewilligt hat. Gerade, weil Sie sich ohnehin bereits in einer schwierigen Situation befinden, sollten Sie alles vermeiden, was Ihre Situation noch schwieriger macht.

Praxistipp:

Sollten Sie eine heimliche Ton- oder Bildaufnahme angefertigt haben, empfiehlt sich, dass Sie zunächst Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin ansprechen und sich beraten lassen, ob und inwieweit eine derartig angefertigte Aufnahme in einem familienrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen kann. Eine Beratung empfiehlt sich auch dann, bevor Sie mit Ihrer Aufnahme zur Polizei gehen und das Risiko eingehen, sich selbst strafrechtlichen Vorwürfen auszusetzen.

Wie können Sie Gewalt in der Ehe beweisen?

In gerichtlichen Verfahren haben Gerichte die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln. Diese Ermittlungen gestalten sich in der Praxis häufig als schwierig:

  • Denn bei Taten im häuslichen Bereich gibt es meist keine Zeugen.
  • Bei Misshandlungen sind körperliche Verletzungen nicht immer sichtbar.

Zunächst kann sich das Gericht nur aufgrund Ihrer Angaben und Schilderungen ein Bild von der Situation machen und Ihre Aussage als Grundlage für eine Entscheidung nutzen. Das Gericht kann aber auch Beweis erheben, sofern Sie sich in der Lage sind, einen geeigneten Beweis anzubieten.

Fertigen Sie ein Gedächtnisprotokoll

Auch wenn Sie zunächst nichts unternehmen wollen, kann es sich empfehlen, dass Sie die Vorfälle zunächst aus Ihrem Gedächtnis zu Papier bringen. Schreiben Sie detailliert auf, was wann und wo und aus welchem Anlass passiert ist. Sollten Sie bei weiteren Vorfällen dann tatsächlich rechtliche Schritte unternehmen, sind Sie im Vorteil, wenn Sie Geschehnisse genau rekapitulieren können und Erinnerungslücken vermeiden.

Erwägen Sie eine Strafanzeige

Waren oder sind Sie körperlicher Gewalt ausgesetzt, sollten Sie umgehend bei der nächsten Polizeidienststelle Strafanzeige erstatten. Wählen Sie in einer Notsituation den Notruf. Die Situation ist dann polizeilich dokumentiert. Je länger Sie warten, desto schwieriger wird es, die Gegebenheiten festzustellen. Selbst die Angst vor dem Täter oder der Täterin sollte kein Hindernis sein, die Anzeige aufzuschieben.

Auch wenn die Justiz Verfahren mit strafrechtlichen Ansätzen oft einstellt oder sich Ihre Vorwürfe nicht zuverlässig beweisen lassen, kann der Täter nicht darauf hoffen, dass ein Verfahren tatsächlich eingestellt wird. Möglicherweise ist die Strafanzeige bereits eine Motivation, künftig auf ein gewalttätiges Verhalten zu verzichten.

Ärztliches Attest einholen

Besonders wichtig ist, dass Sie umgehend nach einem Vorfall einen Arzt aufsuchen und Ihre Verletzungen ärztlich attestieren lassen. Selbst wenn Sie von der Strafanzeige zurückscheuen, sollten Sie den Arzt aufsuchen. Ob Sie das ärztliche Attest dann beim Familiengericht verwenden, ist eine Frage, die Sie eigenständig beantworten sollten. Entscheidend ist, dass die Situation erst einmal dokumentiert ist.

Zeugen benennen

War bei Ihrer körperlichen Auseinandersetzung eine dritte Person anwesend, kommt diese Person als Zeuge bei Gericht in Betracht. Das Gericht kann auf der glaubwürdigen Aussage eines Zeugen eine Entscheidung treffen:

  • Wurde auch diese Person bedroht oder verletzt, empfiehlt sich, gemeinsam Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten.
  • Wurde Ihre Auseinandersetzung lautstark geführt, könnten Sie auch Nachbarn als Zeugen angeben, sofern diese glaubhafte Aussagen machen können.
  • Schwierig ist die Situation, wenn Ihr Kind Zeuge der Gewalt wurde. Das Kind könnte es als Problem empfinden, den gewalttätigen Elternteil bei der Polizei anzuzeigen oder als Zeuge bei Gericht eine Situation beschreiben zu müssen, die es emotional belastet und vielleicht in einen Ausnahmezustand zwingt. Hier kommt es ganz auf das Alter, Einsichtsvermögen und die konkreten Umstände an.

Fazit

Gesprächsmitschnitte ohne Einwilligung des Gesprächspartners können sich schnell als Bumerang erweisen. Tonaufnahmen oder ein Video als Beweismittel verwenden zu wollen, scheint zwar auf den ersten Blick eine sinnvolle Strategie, dürfte aber bei genauer Betrachtung nicht zu empfehlen sein. Lassen Sie sich am besten individuell anwaltlich beraten, um die die für Sie beste Strategie zu entwickeln.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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