Ablauf eines Zivilverfahrens in Österreich

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Ein Zivilverfahren ist ein juristisches Instrument, um Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Unternehmen beizulegen. In Österreich gibt es dafür klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Dieser Artikel soll Ihnen einen Überblick über den typischen Ablauf eines Zivilverfahrens geben.


Einleitung des Verfahrens

Ein Gerichtsverfahren im österreichischen Zivilrecht beginnt mit der Einbringung einer Klage durch den Kläger. Die Klage muss ein bestimmtes Begehren enthalten, den entsprechenden Sachverhalt kurz und vollständig angeben und die Beweismittel genau bezeichnen, die das eigene Vorbringen belegen sollen.

Nach Einbringung der Klage wird dem Beklagten die Klage zugestellt und die Beantwortung der Klage aufgetragen. Die Frist für die Beantwortung beträgt vier Wochen. Die Klagebeantwortung muss ebenso ein bestimmtes Begehren enthalten und die Tatsachen und Umstände, auf welche sich die Einwendungen des Beklagten gründen, im Einzelnen kurz und vollständig angeben sowie die Beweismittel genau bezeichnen. Im bezirksgerichtlichen Verfahren (in der Regel ist das Bezirksgericht zuständig bei einem Streitwert bis maximal € 15.000,00) besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Beantwortung der Klage mittels eines vorbereitenden Schriftsatzes. Jedoch kann das Gericht den Parteien, wenn sie durch Rechtsanwälte vertreten sind, den Wechsel vorbereitender Schriftsätze auftragen. Der Wechsel vorbereitender Schriftsätze erfolgt üblicherweise auch im Verfahren vor den Landesgerichten.

Im Mahnverfahren (das sind Rechtsstreitigkeiten bei denen ausschließlich die Zahlung eines Geldbetrags von maximal € 75.000,00 begehrt wird) gelten besondere Regelungen. Es wird ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung des Beklagten ein Zahlungsbefehl erlassen. Der Beklagte kann gegen den Zahlungsbefehl binnen 4 Wochen Einspruch erheben oder den geforderten Betrag binnen 2 Wochen bezahlen. Der Einspruch muss den Inhalt einer Klagebeantwortung haben. Wenn ein Einspruch erhoben wird, setzt dies das ordentliche Gerichtsverfahren in Gang.

Mündliche Verhandlung samt Beweisaufnahme

Vor der mündlichen Verhandlung werden notwendige Anordnungen getroffen, wie z.B. der Wechsel vorbereitender Schriftsätze oder die Erlegung eines Kostenvorschusses. Die vorbereitende Tagsatzung dient unter anderem der Entscheidung über Prozesseinreden, dem Vortrag der Parteien und der Erörterung der Sach- und Rechtslage. Ebenso dient die vorbereitende Tagsatzung dem Versuch die bereits gerichtsanhängige Angelegenheit doch noch durch einen Vergleich zwischen den beiden Parteien zu beenden. Ein Vergleich ist aber auch später noch möglich.

Im Gerichtsverfahren gilt der Grundsatz, dass jede Partei ihr eigenes Vorbringen Beweisen muss. Als Beweismittel kommen insbesondere die Vernehmung der Parteien sowie von Zeugen, der Beweis durch Urkunden (also die Vorlage von schriftlichen Dokumenten) sowie der Beweis durch Sachverständige infrage. Neben dem Gericht haben auch die Rechtsanwälte die Möglichkeit Fragen an die vernommenen Personen zu stellen. Der Ablauf der Verhandlung wird nach seinem wesentlichen Inhalt im Protokoll festgehalten. Dies geschieht heutzutage dadurch, dass die Aussagen vom Gericht auf ein Tonband diktiert werden. Das Protokoll wird den Parteien dann vom Gericht übermittelt, nachdem es verschriftlicht wurde. Abhängig von der Komplexität und Dynamik des Falles, kann es sein, dass sich die mündliche Verhandlung über mehrere Tagsatzungen und somit über einen längeren Zeitraum zieht.

Urteil

Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung fällt das Gericht ein Urteil. Das Urteil wird den Parteien schriftlich zugestellt. Dies kann schon mal bis zu mehrere Wochen nach der letzten Verhandlung dauern. Ein mündliches Urteil direkt in der Verhandlung wäre auch möglich, dies stellt aber die absolute Ausnahme dar. Das Urteil enthält die Entscheidung des Gerichts samt dem relevanten Sachverhalt, einer Begründung auf welche Beweismittel sich dieser Sachverhalt stützt und die rechtliche Beurteilung, welche sich ausgehend von dem durch das Gericht festgestellten Sachverhalt ergibt.

Rechtsmittel

Gegen das Urteil kann innerhalb einer Frist von 4 Wochen Berufung eingelegt werden. Die Gegenseite kann ihrerseits dann eine Berufungsbeantwortung erstatten, die Frist dazu beträgt ebenfalls 4 Wochen ab Zustellung der Berufung durch das Gericht. Die Berufungsentscheidung wird von einem höheren Gericht gefällt, wobei dieses das Urteil bestätigen, abändern oder aufheben kann. In besonderen Fällen ist auch noch eine Revision möglich, die an den Obersten Gerichtshof (OGH) gerichtet ist.


Häufig gestellte Fragen zum Zivilverfahren

Wie lange dauert ein Zivilverfahren?

Die Dauer eines Zivilverfahrens ist sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren wie insbesondere Komplexität und Dynamik des Verfahrens ab.

Welche Kosten entstehen bei einem Zivilverfahren

Gerichtskosten: Diese umfassen eine sogenannte "Pauschalgebühr", die sich nach dem Streitwert richtet.

Anwaltskosten: Ausschlaggebend für die anfallenden Kosten ist zunächst ebenfalls der Streitwert der Rechtsangelegenheit. Anhand dieses Streitwerts werden die einzelnen erbrachten Leistungen sodann nach Anzahl bzw Dauer in das gesetzliche Tarifpostensystem nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) eingeordnet.

Weiter Kosten: beispielsweise Sachverständigengebühren, Dolmetschkosten oder Zeugengebühren.

Wer muss die Kosten des Zivilverfahrens tragen?

In der Regel trägt die unterliegende Partei sämtliche Kosten des Verfahrens, also auch die Kosten der Gegenseite. Es kommt aber auch eine anteilsmäßige Aufteilung der Kosten in Frage, wenn keine der beiden Parteien im Verfahren zur Gänze gewinnt bzw verliert (wenn also z.B. € 10.000,00 eingeklagt werden aber vom Gericht nur € 6.000,00 zugesprochen werden).


Fazit

Ein zivilrechtliches Gerichtsverfahren in Österreich ist ein strukturierter Prozess, der mehrere Phasen durchläuft. Von der Einreichung der Klage bis zum rechtskräftigen Urteil sind zahlreiche Schritte zu beachten. Eine sorgfältige Vorbereitung und die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt können entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein.

Sollten Sie anwaltliche Beratung benötigen, können Sie mich gerne jederzeit kontaktieren.

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Foto(s): Foto von Tingey Injury Law Firm auf Unsplash

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