Aktuelle Entscheidung des LArbG Rostock (2 Sa 44/18): Klagefrist bei Kündigung verpasst!
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- Keine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gem. § 5 KSchG wegen Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über mögliche Weiterbeschäftigung -
Will sich ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehren, so kommt die Kündigungsschutzklage in Betracht. Verstreicht die zur Klageerhebung gem. § 4 KSchG bestehende Frist (drei Wochen), wird die Kündigung wirksam, sofern der Arbeitnehmer nicht binnen einer zweiten Frist (zwei Wochen) Klage erhebt sowie einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage gem. § 5 KSchG einreicht, mit der Begründung, die Frist nicht schuldhaft verpasst zu haben.
In dem jüngst entschiedenen Urteil des LArbG Rostock (20.11.2018, 2 Sa 44/18) befasste sich das Gericht mit der Frage, ob ein schuldhaftes Verstreichenlassen der Frist durch den Arbeitnehmer dann entschuldigt sein könnte, wenn der Arbeitgeber ihn arglistig täuscht, indem er mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über eine Weiterbeschäftigung führt, bloß um diesen von der fristgemäßen Klageerhebung abzuhalten.
Der Fall
Das Gericht entschied über einen Antrag auf Zulassung verspäteter Klage eines Arbeitnehmers, dem als unbefristet angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter im medizinischen Bereich (Beginn 01.01.2017) innerhalb der Probezeit, ohne vorherige Anhörung des Personalrats, gekündigt wurde (Kündigungsschreiben vom 12.06.2017 mit Wirkung zum 30.06.2017). Eine Woche vor Kündigung (07.06.2017) veranlasste der Arbeitgeber ein Gespräch über eine mögliche Umstellung des Arbeitsverhältnisses von unbefristet auf befristet. Weitere Gespräche folgten, während die Frist zur Klageinreichung verstrich. Der Kläger wechselte seinen Rechtsanwalt und ließ durch diesen am 28.08.2017 Antrag auf nachträgliche Zulassung sowie Kündigungsschutzklage einreichen. Mangels Anhörung des Personalrats sei die Kündigung unwirksam.
Der Kläger war weiterhin der Ansicht, die Beklagte habe ihn schuldhaft von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten. Ihm sei eine Weiterbeschäftigung verbindlich zugesichert worden. Ihm sei bei Übergabe der Kündigung gesagt worden, er solle sich keine Sorgen machen. Eine unmittelbare Weiterbeschäftigung werde folgen. Erst am 15.08.2017 habe er realisiert, dass er mutwillig von der Klageeinreichung abgehalten würde. Die Frist nach § 5 KSchG sei mithin noch nicht verstrichen.
Die Entscheidung
Im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG, Urt. v. 19.02.2009 – 2 AZR 286/07 – NZA 2009, 980; vgl. auch LArbG Köln, Urt. v. 19.04.2004 – 5 Ta 63/04 – MDR 2005, 403), entschied das LArbG Rostock, dass schwebende Vergleichsverhandlungen keinen Entschuldigungsgrund für die Fristversäumnis darstellen. Ein Entschuldigungsgrund liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer arglistig von der fristgemäßen Klageerhebung abhält (s. auch BAG, Urt. v. 19.02.2009 – 2 AZR 286/07 – NZA 2009, 980).
Als Gründe für diese Entscheidung führte das LArbG Rostock an, der Kläger habe zweimal schuldhaft die Fristen verstreichen lassen. Die engen Voraussetzungen der nachträglichen Klageerhebung seien damit nicht erfüllt. Arglist liegt vor, wenn vorsätzlich falsche Auskünfte erteilt werden, die unter Vortäuschung der tatsächlichen und rechtlichen Lage bezwecken, die rechtzeitige Klageerhebung zu verhindern, um dadurch die Fiktionswirkung und somit das Wirksamwerden gem. § 7 KSchG herbeizuführen. Im Sinne des § 5 KSchG dürfe dem Kläger nicht einmal leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen sein (BAG, Urt. v. 25.04.2018 – 2 AZR 493/17). Allein das Abwarten der Verhandlungen stelle, so auch das BAG, keine schuldhafte Verursachung des Fristablaufs dar, da Klageeinreichung während der Verhandlungen zumutbar sei (BAG, Urt. v. 19.02.2009 – 2 AZR 286/07). Arglistiges Handeln sei in diesem Fall nicht erkennbar gewesen. Aus der Korrespondenz der Parteien ergebe sich insbesondere, dass der Arbeitgeber nicht uneingeschränkt positiv über eine Weiterbeschäftigung sprach, sondern auch Bedenken äußerte. Es lag zudem ein zweites Fristversäumnis vor, denn der Kläger ließ auch die weitere Frist für den Antrag nach § 5 KSchG verstreichen.
Die Frist beginnt spätestens dann zu laufen, wenn dem Gekündigten klar werden muss, dass die Kündigungsschutzklage verfristet sein könnte (vgl. BAG, Urt. v. 25.04.2013 – 6 AZR 49/12). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Kläger hätte erkennen können, dass mit einer freiwilligen Weiterbeschäftigung nicht zu rechnen sei. Über die unterbliebene Anhörung des Personalrats brauchte somit nicht entschieden zu werden, da die Kündigung bereits durch das erste Fristversäumnis wirksam geworden sei.
Fazit
Gerade bei Kündigungen eines Arbeitsverhältnisses ist die Einhaltung der gesetzlichen Fristen zur Klageeinreichung aus Sicht des Arbeitnehmers besonders wichtig. Sind diese einmal verpasst, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die Kündigung eigentlich rechtswidrig war. Will man sich dagegen wehren, kann der frühzeitige Kontakt zum Rechtsanwalt nur dringend empfohlen werden.
Rechtsanwalt Dr. Jan-Hendrik Simon
Hannover
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