Anerkannte Regeln der Technik
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Die Bauleistung muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 und § 13 Abs. 1 S. 2 VOB/B 2016. Dies gilt auch ohne Einbeziehung der VOB/B für sämtliche Bauverträge. Die Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik ist mithin auch nach dem Werkvertragsrecht des BGB ohne abweichende Vereinbarung ein Mangel, also eine Abweichung der IST-Beschaffenheit vom vertraglich geschuldeten Soll oder Bau-SOLL. Die anerkannten Regeln der Technik (Baukunst bzw. Bautechnik) sind als Mindeststandard geschuldet. Es kann ein höherer Standard vereinbart sein.
Die anerkannten Regeln der Technik „stellen die Summe der im Bauwesen anerkannten wissenschaftlichen, technischen und handwerklichen Erfahrungen dar, die durchweg bekannt und als richtig und notwendig anerkannt sind“, so Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 1966. Dies setzt die Anerkennung in der Wissenschaft als erkenntnisgemäß einerseits, die Bekanntheit und Anerkennung als richtig in der Praxis andererseits voraus.
Die anerkannten Regeln der Technik verändern sich mit dem technischen Fortschritt gleitend. Die an der Bauausführung Beteiligten müssen sich hieran orientieren und auf dem Laufenden bleiben, so das Oberlandesgericht Dresden im Urteil vom 24.09.2009 – 9 U 1430/08. DIN-Normen hingegen werden nur zu bestimmten Zeitpunkten unter Berücksichtigung des Stands der Technik fortgeschrieben. DIN-Normen können daher hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben.
Eine DIN-Norm gilt dann nicht mehr als anerkannte Regel der Technik, wenn sie nicht mehr den Erkenntnissen von Theorie und Baupraxis entspricht, Werner/Pastor, op. cit., Rn. 1970. Dies ist selbst dann der Fall, wenn sie zu den eingeführten Technischen Baubestimmungen zählt. Es wird jedoch vermutet, dass DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, so das Urteil des OLG Hamm vom 13.04.1994 – 12 U 171/93. Derjenige, der geltend macht, dass eine DIN-Norm im Einzelfall hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt, ist dafür beweispflichtig, Urteil des OLG München vom 08.11.1991 – 23 U 6990/90.
Damit hat der Bauherr eine Verletzung der anerkannten Regeln der Technik zu beweisen, wenn der Unternehmer sich an die DIN-Normen gehalten hat. Umgekehrt muss der Unternehmer bei Verletzung einer DIN-Norm beweisen, dass im Einzelfall die anerkannten Regeln der Technik dennoch eingehalten worden sind.
Dem Architekten kann der Vorwurf eines Überwachungsfehlers gemacht werden, wenn er Überwachung schuldete und der Standard nicht eingehalten ist, OLG Hamm, Urteil vom 09.01.2003 – 17 U 91/01. Maßgeblicher Zeitpunkt ist – sofern nichts anderes vereinbart ist – die Abnahme der Bauleistung, vgl. Urteil des BGH vom 14.11.2017 – VII ZR 65/14.
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