Anhörung von Kindern in Sorgerechts- und Umgangsverfahren
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In meiner familienrechtlichen Praxis bin ich häufig mit der Frage konfrontiert, ob die Anhörung eines Kindes in einem Sorgerechts- oder Umgangsverfahren denn wirklich notwendig ist. Viele Eltern befürchten, dass ihr Kind durch eine solche Anhörung Schaden nimmt. Natürlich befürchten oft auch Elternteile, dass ein Kind nicht seine freie Meinung äußert, sondern vor der Anhörung durch den anderen Elternteil beeinflusst wird.
Kinder sind nie unbeeinflusst. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Kinder bei einem Elternteil sich ganz eindeutig für etwas Bestimmtes ausgesprochen haben. Dieser Elternteil setzt dann alle Hoffnungen auf diese Aussage. So geben Kinder oft auf die Frage, ob sie nicht lieber bei dem anderen Elternteil leben möchten, als dem, bei dem sie jetzt leben, leben möchten, die Antwort, die der Elternteil, bei dem sie sich gerade aufhalten, hören will.
Kinder versuchen stets, es beiden Eltern recht zu machen. Schließlich wollen sie von beiden Eltern geliebt werden. Deshalb wird oft verkannt, dass solche Aussagen von Kindern auch wechseln können, weil sie keinem Elternteil weh tun wollen.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2010 entschieden, dass ein Kind immer dann anzuhören ist, wenn es älter als drei Jahre alt ist. Ausnahmen sind nur dann zu machen, wenn besondere Umstände dagegen sprechen, etwa wenn ein Kind in seiner Fähigkeit zur Willensbildung oder Willensäußerung erheblich eingeschränkt ist. Hier könnte man argumentieren, dass das Kind ja nie seinen freien Willen äußert, weil es immer durch einen oder beide Elternteile beeinflusst ist. Die Ausnahme soll aber wirklich nur dann gelten, wenn feststeht, dass das Kind seinen (wenn auch beeinflussten) Willen nicht bilden oder nicht äußern kann.
Gerade durch die Kindesanhörung ist gewährleistet, dass das Gericht seiner Verpflichtung nachkommt, vor einer gerichtlichen Entscheidung so zuverlässig wie möglich aufzuklären, was das Kind möchte.
Dies gilt sowohl für das Verfahren beim Amtsgericht als auch für das Beschwerdeverfahren. Beim Beschwerdegericht sitzen dem Kind drei Richterinnen oder Richter gegenüber. Dies kann auf manches Kind einschüchternd wirken. Wenn es aus Gründen des Kindeswohls sachgerecht ist, kann die Anhörung auch einem Mitglied des Beschwerdegerichts als beauftragtem Richter/beauftragter Richterin alleine übertragen werden.
Bisher habe ich in keinem Fall erlebt, dass das Kind oder die Kinder durch eine Anhörung vor Gericht so belastet wurden, dass es nicht dem Erkenntnisgewinn durch die Anhörung aufwiegt.
Bei Fragen rund um das Familienrecht steht Ihnen in unserer Kanzlei Dr. Sonntag Rechtsanwälte in Fürth, Frau Rechtsanwältin Dr. Gabriele Sonntag, Fachanwältin für Familienrecht, gerne mit Rat und Tat zur Seite.
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