Anspruch auf rechtliches Gehör im Arzthaftungsprozess – Anhörung eines Sachverständigen

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BGH, Beschluss vom 02.07.2024 VI ZR 240/23


Sachverhalt
Die Kläger sind Eltern des in der Klinik der Beklagten verstorbenen Kindes. Sie forderten Schadensersatz wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler und mangelhafter Aufklärung im Zusammenhang mit der Geburt und der anschließenden kinderärztlichen Behandlung ihres Kindes.
Die Mutter begab sich nach einem Blasensprung in das Krankenhaus der Beklagten, wo verschiedene geburtseinleitende Maßnahmen durchgeführt wurden. Das Kind wurde schließlich per Kaiserschnitt entbunden und in die Kinderklinik der Beklagten verlegt, wo es wenige Tage später verstarb.


Die Kläger werfen den Beklagten vor, dass die geburtseinleitenden Maßnahmen und die Indikation zur Kaiserschnittentbindung zu spät erfolgt seien. Das Landgericht und das Berufungsgericht wiesen die Klage ab, wobei das Berufungsgericht keine weitere Beweisaufnahme durchführte und die Revision nicht zuließ. Die Kläger legten daraufhin eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde ein.


Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts teilweise auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht habe den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die Einwendungen der Kläger gegen das Sachverständigengutachten ohne Anhörung des Sachverständigen zurückgewiesen habe.


Verletzung des rechtlichen Gehörs
Klägerseits wurden Einwendungen gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten vorgebracht und anhand von Fachliteratur belegt. Diese Einwendungen wurden durch das Berufungsgericht ohne Anhörung des Sachverständigen hierzu zurückgewiesen.

Darin liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 I GG. Dieser verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Dieses Gebot des rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ist, die durch die Nichtbeachtung des Sachvortrags der Parteien entstehen könnten (vgl. BVerfGE 88, 366, 375 f. mwN).


Ein Richter darf bei der Beurteilung fachlicher Fragen nur dann auf ein Sachverständigengutachten verzichten, wenn er über entsprechende eigene besondere Sachkunde verfügt. Wenn er eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, muss er die Parteien vorher darauf hinweisen (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 12. März 2024 - VI ZR 283/21, NJW-RR 2024, 547 Rn. 10 mwN).



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