Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz nach eingestelltem Ermittlungsverfahren

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Die Kanzlei hebt hervor, dass nach einem eingestellten Strafverfahren oder Freispruch die Möglichkeit besteht, Ansprüche gegen den Strafanzeigenerstatter oder Behörden geltend zu machen, sofern erhebliche Schäden entstanden sind. Dies bedarf jedoch einer sorgfältigen Prüfung der Umstände, da das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz vertritt, dass Strafanzeigen grundsätzlich erstattet werden dürfen, ohne dass der Anzeigenerstatter im Falle einer Einstellung des Verfahrens belangt wird, es sei denn, es liegt eine wissentlich unwahre Anzeige oder grobe Fahrlässigkeit vor. In der Praxis enden die meisten eingestellten Strafverfahren ohne Sanktionen für den Anzeigenerstatter, jedoch gibt es Fälle, in denen Anzeigen leichtfertig oder unwahr gestellt werden. Die Kanzlei betont, dass jeder Fall individuell untersucht werden muss und bietet bundesweit ihre Hilfe an.

Eine berechtigte Frage, die uns als Kanzlei, welche u. a. ihren Schwerpunkt im Medien- und Äußerungsrecht hat, immer wieder gestellt wird, befasst sich mit der Ausgangssituation nach einem eingestellten Strafverfahren durch den in diesem Verfahren zunächst beschwerten Beschuldigten. Gleiches gilt im Wesentlichen auch nach Freisprüchen nach der Durchführung einer strafrechtlichen Hauptverhandlung.


Stellen Sie sich folgende Situation vor:


1.    Ausgangssituation


Sie werden angezeigt, weil Ihnen ein schwergehendes strafrechtliches Delikt, wie bspw. eine Sexualstraftat, vorgeworfen wird. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens oder bei der Durchführung des kompletten Strafverfahrens, welches am Ende eine Hauptverhandlung vorsieht, werden Sie freigesprochen oder das Ermittlungsverfahren wird bereits bestenfalls für Sie schon vor der strafrechtlichen Hauptverhandlung eingestellt. Es war von Anfang an klar, dass Sie unschuldig sind. Der oder die Anzeigenerstatter/in haben durch den im Nachgang nicht erwiesenen gegen Sie erhobenen Vorwurf bei Ihnen erhebliche Schäden, und zwar in materieller als auch in privater Hinsicht, verursacht. So sind Ihnen bspw. Schäden durch die Beauftragung von spezialisierten Strafverteidigern oder in schlimmen Fällen sogar durch den Verlust Ihres Jobs entstanden. In privater Hinsicht mussten Sie ggf. aufgrund behördlicher Anordnungen ihre Familie verlassen, sodass Ihnen für eine neue Unterkunft weitere Kosten entstanden sind. Nicht zu vergessen wäre hierbei natürlich der Reputationsschaden, der häufig bei derartig erheblichen Delikten am schlimmsten schmerzt.


Sowohl bei derartig schwerwiegenden Vorwürfen als auch bei Ihnen vorgeworfenen Delikten einfacherer Art stellt sich sodann regelmäßig die Frage, ob der nicht erwiesene Vorwurf Ansprüche Ihrerseits gegen den Strafanzeigenerstatter oder auch gegen Behörden begründet.


Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst verstehen, dass sich in diesen Konstellationen zwei erhebliche Interessen gegenüberstehen.


Neben Ihrem soeben geschilderten Interesse befindet sich auf der anderen Seite der Anspruch sowie gleichzeitig die Pflicht des Rechtsstaates, dem Verdacht unter Zuhilfenahme der staatlich eingerichteten Strafverfolgungsbehörden nachzugehen. Aus dieser Gemengelage hat die Rechtsprechung über die letzten Jahrzehnte eine klare Linie herausgearbeitet, unter welchen Voraussetzungen auch bei einer Einstellung der ehemals Beschuldigte überhaupt Ansprüche gegen den Strafanzeigenerstatter geltend machen kann.


2.    Rechtsprechungslinien des Bundesverfassungsgerichtes


Es gilt der Grundsatz, dass es jedem Staatsbürger freisteht, eine Strafanzeige zu erstatten, um sodann eines nach den Regeln der Strafprozessordnung geregeltes Verfahren in Gang zu setzen. Hierbei genügt es, dass der Strafanzeigenerstatter von der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit seiner Strafanzeige ausgehen darf. Nach der bereits aus den 80er Jahren stammenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gilt hierbei folgender Grundsatz:


„Mit diesen Grundgeboten des Rechtsstaates ist es nicht vereinbar, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, Nachteile dadurch erleidet, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweist.“


Es gilt daher der Grundsatz, dass der Strafanzeigenerstatter bei dem tatsächlich begründeten Verdacht einer Straftat natürlich Strafanzeige stellen darf, ohne damit rechnen zu müssen, im Falle der Einstellung des Verfahrens durch den früheren Beschuldigten in Anspruch genommen zu werden.


Anders liegt der Fall jedoch dann, wenn sich aus den Einzelumständen ergibt, dass die Strafanzeige natürlich einerseits wissentlich unwahr erstattet wurde oder der Anzeigenerstatter grob fahrlässig bei der Stellung seiner Anzeige gehandelt hat. Letztendlich ist diese Rechtsprechungstendenz Ausfluss des Tatbestandes der falschen Verdächtigung i. S. d. § 164 StGB.


3.    Was bedeutet dies nun für die Praxis?


Für die Praxis ist daher festzustellen, dass sicherlich der Großteil der Fälle, in denen Strafverfahren eingestellt werden, nicht mit etwaigen Sanktionen für den ursprünglichen Strafanzeigenerstatter enden dürfen und können. Jedoch ist es nicht selten so, dass etwaige Strafanzeigen schlicht und ergreifend leichtfertig, d. h. grob fahrlässig, gestellt werden. Die Aufgabe Ihres Anwaltes ist es sodann zu eruieren, ob ein derartiger Fall vorliegt.


Nicht ganz so selten kommt es in unserer Praxis tatsächlich auch vor, dass Strafanzeigen bewusst unwahr gestellt werden. Ein Beispiel aus unserer aktuellen Praxis soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben:


Wir vertreten derzeit einen Jugendlichen (14 Jahre), der mit dem Vorwurf einer Vergewaltigung seiner 13-jährigen Freundin konfrontiert war. Es war von Anfang an völlig klar, dass der erhobene Vorwurf in der Sache nicht zutreffen kann. Auch ergab sich aus der unserer Kanzlei vorliegenden schriftlichen Informationen, dass der Vorwurf durch die ehemalige Freundin schlicht und ergreifend unwahr erhoben wurde. In Fällen dieser Art ist es natürlich denkbar und ausdrücklich möglich, hier einen potentiellen Strafanzeigenerstatter sowohl auf Unterlassung sowie insbesondere auch auf Schadenersatz für den durch die Strafanzeige entstandenen Schaden (Anwaltskosten sowie die weiteren oben beschriebenen Kosten) in Anspruch zu nehmen.


Es ist jedoch stets eine Frage des Einzelfalls. Die häufig reflexartig vorzufindende Reaktion nach der Einstellung eines Strafverfahrens, jetzt könne man doch den Strafanzeigenerstatter auf Anwaltskostenerstattung/Verteidigungskosten in Anspruch nehmen, bedarf daher immer einer genauen Prüfung sowie Aufklärung des Mandanten.


Sollten Sie hierzu Beratungsbedarf haben, stehen wir Ihnen bundesweit mit unserer Hilfe zur Verfügung.




Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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