ArbG Köln - Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auch innerhalb der ersten 6 Monate rechtswidrig

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Ausgangslage

Grundsätzlich genießen Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer innerhalb der ersten 6 Monate keinen Kündigungsschutz. Die Wartezeit des § 1 Kündigungsschutzgesetzes, die oftmals deckungsgleich mit der vertraglich vereinbarten Probezeit ist, greift erst nach Ablauf von 6 Monaten. 

So ist der Arbeitgeber in den ersten 6 Monaten in seiner Kündigungsentscheidung regelmäßig frei. Auch der Sonderkündigungsschutz des SGB IX für schwerbehinderte Arbeitnehmer oder denen Gleichgestellte greift erst nach 6 Monaten. Eine Ausnahme im Bereich des Sonderkündigungsschutzes findet sich lediglich für die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin. Hier greift das Kündigungsverbot bereits ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses. Voraussetzung ist, dass die Schwangerschaft dem Arbeitgeber unverzüglich nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.


Urteil des ArbG Köln

Das Arbeitsgericht Köln hat in einem Urteil, Az. 18 Ca 3954/23, eine Kündigung auch innerhalb der ersten 6 Monate für rechtsunwirksam erklärt, da es die Kündigung als Diskriminierung aufgrund der Schwerbehinderung ansah. Bereits vom ersten Tag des Bestehens des Arbeitsverhältnisses sei der Arbeitgeber an seine Pflichten gemäß der §§ 167 und 164 SGB IX gebunden. Dies bedeute, dass im Rahmen dieser besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen immer auch vorher zu prüfen ist, ob andere Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb bestehen.

Dieser Kündigungsschutz kann auch auf die Vorschriften des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gestützt werden. Auch darf eine Kündigung nicht gegen das Diskriminierungsverbot von schwerbehinderten Arbeitnehmern verstoßen.


Fazit

Letzteres war bereits regelmäßig unser Prüfungsmaßstab bei Kündigungen innerhalb der ersten 6 Monate. Dass nunmehr ein Arbeitsgericht auch die Vorschriften des SGB IX innerhalb dieser Wartezeitkündigungen berücksichtigt wissen möchte, ist neu und könnte ein Meilenstein im Bereich des Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungschutzgesetzes sein. Man wird abwarten müssen, wie sich die Rechtsprechung hier entwickelt.


Oliver Stemmer

Fachanwalt für Arbeitsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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