Auch Urlaub von vor 20 Jahren muss noch nicht verjährt sein
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Nach dem Urteil des EuGH (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, Aktenzeichen: C-684/16) kann bei einer richtlinienkonformen Auslegung der deutschen Urlaubsvorschriften ein Verfall der Urlaubsansprüche grundsätzlich nur noch dann eintreten, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen und darauf hingewiesen hat, dass er anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.
Da sich deshalb Urlaubsansprüche über mehrere Jahre ansammeln können, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten im Urlaubsjahr verletzt hat, stellt sich die Frage, ob Urlaubsansprüche gemäß § 194, 195 BGB verjähren können.
Das BAG hat nun folgende Frage mit Beschluss vom 29.9.2020, Aktenzeichen: 9 AZR 266/20 (A) dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt:
Gestattet das Unionsrecht die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 194 I, § 195 BGB, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben?
Nach § 194 I BGB unterliegen Ansprüche der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB).
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 I Nr. 1 BGB).
Die Verjährung gibt dem Schuldner eine Einrede, die er geltend machen muss. In diesem Fall wird für den Gläubiger nach Ablauf der Verjährungsfrist ein Hindernis geschaffen, den bestehenden Anspruch erfolgreich durchzusetzen, vgl. § 214 I BGB.
Die Beantwortung der Frage, ob der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 III BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 I, § 195 BGB der Verjährung unterliegt oder ob in diesem Fall ein aus dem Bundesurlaubsgesetz folgender Gesetzesbefehl der Verjährbarkeit des Urlaubsanspruchs entgegensteht, hängt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts von der Auslegung des Unionsrechts ab.
Gleiches gilt für die Frage, ob der wegen unterlassener Aufforderung und Hinweise des Arbeitgebers nicht verfallene Urlaub aus dem fraglichen Urlaubsjahr im Hinblick auf den Beginn der möglicherweise geltenden Verjährungsfristen (§ 199 I Nr. 1 BGB) so zu behandeln ist, als sei er wie der Urlaub aus dem folgenden oder einem späteren Urlaubsjahr entstanden, zu dem er bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 7 III BUrlG hinzutritt.
Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH entscheiden wird.
Arbeitgebern ist in jedem Fall anzuraten, die Aufforderungs- und Hinweispflichten nachweisbar zu erfüllen und regelmäßig Urlaub zu gewähren.
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