Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen von zwei Mietern

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Kurz & bündig

  1. Ein Mietverhältnis kann nicht wirksam entstehen, wenn auf Gebrauchsnutzerseite eine Person beteiligt ist, die zugleich eine Vermieterstellung einnimmt, und es erlischt erst durch Konfusion, wenn der Mieter nachträglich das mit dem Recht zur Gebrauchsnutzung verbundene Eigentum an der Mietsache erwirbt (amtl. Leitsatz).
  2. Die Pflicht des Vermieters aus § 535 Abs.1 Satz 2 BGB setzt bei der Wohnraummiete insbesondere die ungestörte Besitzüberlassung an den Mieter voraus. Das bloße Einräumen von Mitgebrauch genügt nicht.
  3. Einem Mieter, der seine in Wohnungseigentum umgewandelte Mietwohnung durch Ausübung des Vorkaufrechts (§ 577 BGB) erwirbt, wird dadurch unter Ersetzung der bisherigen mietvertraglichen Nutzungsrechte eine nunmehr dem Inhalt des Kaufvertrags entsprechende Rechtsposition verschafft. Demgemäß kann sich der Wohnungserwerber gegenüber den anderen Wohnungseigentümern grundsätzlich nicht auf fortbestehende Nutzungsrechte aus dem erloschenen Mietverhältnis berufen, die mit der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung nicht in Deckung zu bringen sind (Amtl. Leitsatz).

(BGH, Urteil vom 27.04.2016 – VIII ZR 323/14)

1. Sachverhalt

Die Bekl. mietete ab Mai 2004 eine Dachgeschosswohnung in einem Dreifamilienhaus, welche sich auf einem Grundstück mit Garten befand. Der Mietvertrag erlaubte die Mitbenutzung des Gartens. Nach einem zwischenzeitlichen Vermieterwechsel schloss der neue Vermieter (W), der sich ein Recht zu Neugestaltung der Sondernutzungsrechte vorbehalten hatte, mit den Bekl. eine Vereinbarung, in der den Beklagten die weitere Nutzung des Gartens gestattet würde, wenn die Bekl. von ihrem Vorkaufsrecht als Mieter Gebrauch machen würden. Während die Bekl. von ihrem Recht zunächst keinen Gebrauch machten, zog sodann in der Erdgeschosswohnung des gleichen Hauses ein neuer Eigentümer ein, der im Kaufvertrag darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Bekl. den Garten solange (mit-)nutzen würden, solange das Mietverhältnis mit W bestünde.   

Im März 2013 kam es schließlich zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Bekl. zu 2, während die Beklagte zu 1 im Folgenden an diesen monatlich Miete überwies. Daraufhin nahm der Kläger, Eigentümer der Erdgeschosswohnung, die Bekl. auf Herausgabe des von ihnen in Besitz gehaltenen Gartenteils in Anspruch.

2. Einschätzung des BGH:

Nach Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 577 Abs.1 BGB) durch den Beklagten zu 2 erlischt das Nutzungsrecht am Garten, das den Bekl. als Partei des vorherigen Mietvertrags zugesichert worden war. Die Kläger, die gem. § 566 Abs.1 BGB neben W auf Vermieterseite eingetreten waren, können gem. § 546 Abs.1 BGB Räumung und Herausgabe der Gartenfläche verlangen. Ein Schuldverhältnis erlösche, wenn sich Forderung und Schuld in einer Person vereinen, was durch Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten zu 2 geschehen ist.

3. Stellungnahme

Der BGH ging in der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass das ursprüngliche Mietverhältnis durch Konfusion, d.h. Zusammenfallen von Forderung und Schuld, erlischt. Konfusion setzt indessen Identität der Vertragsparteien auf Vermieter- und Mieterseite voraus. Bei strikter Gesetzesanwendung gelten in der in Rede stehenden Konstellation aber die §§ 741 ff. BGB. Übt wie vorliegend nur einer der Mieter der Mietergemeinschaft das bestehende Vorkaufsrecht aus, führt dies nicht zum Erlöschen des Mietvertrags, sondern zur Fortführung des Mietverhältnisses mit dem Mieter der Mietergemeinschaft, welcher das Vorkaufsrecht ausgeübt hat und der Mietergemeinschaft, zu den bisherigen Konditionen.

RA Marc E. Evers / Wiss. Mit. Julius Pieper


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