BGH bestätigt Rechtsprechung zu Schenkkreisen
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Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mit seiner Entscheidung vom 13.03.2008 - III ZR 282/07 - seine Rechtsprechung zu sog. Schenkkreisen erweitert hat, setzt er diese mit zwei nun am 25.11.2008 veröffentlichten Entscheidungen - BGH, Urt. vom 06.11.2008 - III ZR 120/08 und III 121/08 - fort und verbessert damit weiter die Chancen von Schenkkreisopfer ihr Geld zurückzuerhalten. Bei Schenkkreisen handelt es sich um pyramidenartige Schneeballsysteme, die aus mehreren Plätzen (sog. Charts) bestehen. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung von der Sittenwidrigkeit solcher Schenkkreise aus.
An der Spitze der Pyramide - welche zum Beispiel aus 15 Personen besteht - steht eine Person. Unmittelbar unter dieser ersten Stufe befinden sich zwei Personen, welche die Stufe 2 bilden. Hierauf folgen weitere vier Personen auf Stufe 3, sowie weitere acht Personen, aus denen Stufe 4 gebildet wird. Letztere verpflichten sich einen bestimmten Geldbetrag - häufig EUR 5.000,00 an die an der Spitze befindliche Person zu leisten, sog. „Schenkungen". Sobald alle Personen der Stufe 4 die Schenkungen geleistet haben, scheidet die beschenkte Person auf Position aus der Spitze aus. Es bilden sich sodann zwei neue Pyramiden, deren Spitzen jeweils von den bis dato auf Stufe 2 liegenden Personen ausgefüllt werden. Die auf Stufe drei befindlichen Beteiligten werden jeweils zu zweit und die auf Stufe 4 befindlichen Personen werden jeweils zu viert, auf die neuen Pyramiden verteilt. Letztere haben dafür zu sorgen, dass jeweils neue acht Personen zur Bildung der Stufe vier geworben werden, welche wiederum Zahlungen an die Spitze der neu gebildeten Pyramide leisten sollen. Jeder Beteiligte verfolgt das Endziel, an die Spitze einer Pyramide zu gelangen und selbst Empfänger von Zahlungen zu werden, um ein Vielfaches seines Einsatzes, den er selbst erbracht hat, zu erlangen.
Die Konstruktion solcher Schenkkreise oder Schenkbörsen ist darauf angelegt, dass die ersten Mitglieder einen mehr oder weniger sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz zu verlieren droht, da in absehbarer Zeit nicht genügend Neumitglieder geworben werden können, mit denen das System aufrechterhalten werden kann.
Ein solches System verstößt nach Auffassung des BGH gegen die guten Sitten. Eigentlich wäre daher aufgrund gesetzlicher Vorschriften die Rückforderung des geschenkten Geldes ausgeschlossen.
Da ein Schenkkreis jedoch regelmäßig allein darauf gerichtet ist, leichtgläubige und unerfahrene Personen zugunsten einiger weniger Mitspieler auszunutzen und zu „Schenkungszahlungen" zu veranlassen, wäre der Ausschluss der Rückforderung ein falsches Signal. Hierdurch würden Initiatoren solcher Schenkkreise geradezu eingeladen, solche Spiele fortzusetzen. Sie müssten nicht befürchten, die vereinnahmten Gelder zurückzahlen zu müssen. Aus diesem Grunde können Schenkkreisteilnehmer nach Auffassung des BGH dennoch ihr Geschenk zurückverlangen. Dies gilt nicht nur gegenüber den Initiatoren solcher Schenkkreise, sondern auch gegenüber anderen Beteiligten, welche Geschenke empfangen haben. Für die Rückforderung soll es insbesondere unbeachtlich sein, wie geschäftsgewandt oder erfahren der jeweilige Geldgeber oder Empfänger war. Vor allem, so der BGH, sei es widersprüchlich, wenn nur die Initiatoren mit einer Rückzahlung der eingenommenen Gelderrechnen müssten, die übrigen Teilnehmer jedoch nicht. Dies würde eine nicht nachvollziehbare Begünstigung des „einfachen" Teilnehmers darstellen. Dieser könnte ungehindert seine eigenen Leistungen zurückverlangen, müsste jedoch selbst nicht befürchten auf Rückzahlung solcher Schenkungen in Anspruch genommen zu werden.
In den von dem BGH aktuell entschiedenen Fällen hat der Kläger jeweils EUR 5.000,00 an den auf der Empfängerposition in der Chartliste stehenden Beklagten übergeben. Der Beklagte verteidigte sich damit, nicht er, sondern seine Mutter sei eigentliche Empfängerin der Leistung gewesen. Seine Eintragung in die Chartliste sei ohne sein Wissen vorgenommen worden. Das Geld habe er auf Bitten seiner Mutter entgegengenommen, die nicht in Erscheinung treten wollte.
Der BGH hat in beiden Entscheidungen klargestellt, dass sich der Empfänger nicht auf die Weitergabe des Geldes an seine Mutter berufen und damit die Rückzahlung verweigern kann. Wenn wie im vorliegenden Falle der Empfänger durch die Annahme des Geldes gegen die guten Sitten verstößt und ihm nach Auffassung des BGH bekannt war oder er sich der Erkenntnis zumindest treuwidrig verschlossen hat, dass es sich bei dem hiesigen Schenkkreis um ein sittenwidriges Schneeballsystem gehandelt hat, kann er sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung durch Weitergabe des Geldes an einen Dritten berufen. Diese Fortentwicklung der Rechtsprechung des BGH ist zu begrüßen, stärkt sie doch die Rechte von Schenkkreisopfern. Opfer solcher Schenkkreise sollten sich anwaltlich beraten lassen, um die Erfolgschancen einer Rückforderung der Geschenke im Einzelfall feststellen zu lassen. Dabei sollte die kenntnisabhängige, dreijährige Verjährungsfrist unbedingt beachtet werden, die, wie nun der BGH in einer weiteren Entscheidung (BGH, Urt. v. 18.12.2008 - III ZR 132/08) klargestellt hat, in diesen Fallkonstellationen häufig bereits zum Ende des Jahres der Schenkung zu laufen beginnt, da nicht selten davon auszugehen sein wird, dass der Schenker in der Regel die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung kannte.
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