Blutalkoholwert von 1,1 Promille stellt keinen zwingenden Vorsatz zur Trunkenheitsfahrt dar

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Blutalkoholwert von 1,1 Promille stellt keinen zwingenden Vorsatz zur Trunkenheitsfahrt dar

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes musste sich im Frühjahr 2014 erneut mit der Konkretisierung der Trunkenheitsdelikte im Straßenverkehr beschäftigen. Die Richter stellten fest, dass die Grenzüberschreitung zur absoluten Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille BAK noch keinen Schluss zur vorsätzlichen Tatbegehung zulässt, jedoch ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines Vorsatzhandels darstellen kann.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte wurde im April 2013 mit seinem Fahrzeug aufgrund überhöhter Geschwindigkeit sowie unruhigem Fahrverhaltens von einer Polizeistreife beobachtet und einer Verkehrskontrolle unterzogen. Kurz vor der Kontrolle befuhr der Beschuldigte nochmals ein Hofgelände, in welchem er das Fahrzeug wiederholt mit Kehrtwenden und quietschenden Reifen wendete und erneut die öffentliche Straße befuhr, so dass die Beamten eingreifen mussten. Bei der Kontrolle stellte sich heraus, dass der Fahrer eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 Promille BAK während des Tatzeitpunktes aufweisen konnte, zudem wurde in seinem Blut Abbauprodukte von THC (Cannabinoide) nachgewiesen.

Es kam zu einer Verurteilung vor dem Landgericht Berlin im Mai 2014 aufgrund einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt nach § 316 Abs. 1 StGB. Die Richter stützten die Verurteilung maßgeblich auf den gemessenen Blutalkoholwert und gingen von einem sogenannten „bedingten Vorsatz“ aus. Dies bedeutet, dass der Fahrzeugführer seinen fahruntauglichen Zustand für möglich halten durfte und den Eintritt diesen bereits billigend in Kauf genommen hat.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Angeklagte mit einer Revision zum Bundesgerichtshof und moniert vorwiegend die Annahme des „bedingten Vorsatzes“ auf der subjektiven Ebene.

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Angeklagten und hob die Entscheidung des Landgerichtes Berlin auf. Dieser monierte, dass die Feststellungen der Tatrichter seitens der Strafkammer am Landgericht zum „bedingten Vorsatz“ unzureichend gewesen seien. Es sei allein nicht ausreichend, anhand einer absoluten Fahruntüchtigkeit auch eine subjektive Vorsatzentwicklung abzuleiten.

Eine vorsätzliche Trunkenheitsfahrt nach § 316 Abs. 1 StGB sei erst dann gegeben, wenn der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kenne oder zumindest sicher mit ihr rechne und sich damit abfindet, dass er nun ein Fahrzeug im fahruntauglichen Zustand führen wird. Maßgeblich sei, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich damit abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genüge.

Dennoch könne die Blutalkoholkonzentration bei der Frage der bedingt vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt ein gewichtiges Indiz für die Ermittlung der subjektiven Ebene darstellen. Dieses Indiz sei jedoch widerlegbar und bedürfe daher im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung weiterer Umstände.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.04.2015 - 4 StR 401/14 –

 

 

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

 

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

 


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