Brand in Galvanikfirma bei Reichenbach am 28.06.2019 – Ansprüche der Anwohner werden geprüft
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Seit dem Mittag des 28.06.2019 12:43 Uhr berichtet der öffentlich-rechtliche Sender des MDR über Warnungen des Vogtlandkreises an die Anwohner.
Gewarnt werden die Anwohner der umliegenden Grundstücke des Feuerherdes vor dem direkten und indirekten Kontakt mit allen Materialien, die mit der Rauchwolke oder sonstigen Emissionen (Säureausflüssen, Löschwasser etc.) in Berührung gekommen sein könnten. Dementsprechend wird vor der Ernte und Verzehr von Gartenfrüchten, Kräutern oder sonstigen Produkten gewarnt. Auch Futterpflanzen sollen weder geerntet noch verfüttert werden; Tiere, Vieh oder sonstige Nutztiere sollen von der Weidehaltung ferngehalten werden. Auch von der Weidehaltung von Nutztieren im Freien wird abgeraten; die Bienenstandorte im Bereich der Rauchwolke sollen dem Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt gemeldet werden.
Diesen Warnungen sollte Jedermann zunächst Beachtung schenken.
Unabhängig davon stellt sich für betroffene Anwohner die Frage nach möglichen Schadensersatzansprüchen, die im Einzelfall geprüft werden müssen. Hierzu haben wir uns bereits mit der Kanzlei Dr. Solheid & Kollegen aus Reichenbach zur gemeinsamen Bearbeitung möglicher Schadensfälle abgestimmt.
Wer aber trägt nun die materiellen und wirtschaftlichen Schäden?
Grundsätzlich orientiert sich das deutsche Schadensersatzrecht am Verursacherprinzip.
Der Eigentümer/Besitzer eines Grundstücks hat dafür Sorge zu tragen, dass keine Störung der Nachbargrundstücke stattfindet. Hierzu gibt es gesetzliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, die zum Teil auch ohne Verschulden eingreifen.
Das eigentliche Problem bei der Geltendmachung von Schadensersatz bei einer Giftwolke ist der Nachweis des Leidtragenden, dass sein konkreter Schaden gerade durch diese verursacht wurde. Die Abwicklung der sogenannten Sevesoschäden aus einem Chemiefabrikbrand etwa, der sich im Juli 1976 in der norditalienischen Stadt Seveso ereignete, dauerte auch deshalb viele Jahre, weil die Zurechnung der Ursächlichkeiten schwierig war.
Daher sind folgende Hinweise veranlasst:
Betreiben Sie unverzügliche, aktive Beweissicherung (möglichst vor einem Regenfall, der die Ergebnisse verwässern könnte) bspw. durch Maßnahmen, von denen wir auf einige freizeichnend und ohne Vollständigkeit wie folgt hinweisen:
- Erstellen von Fotos mit Registratur von Ort und Datum der Aufnahmen,
- vorsichtiges Einsammeln (mindestens Gummihandschuhe) von Materialproben wie etwa Gräsern, Erdreich, Sand, Futtermitteln etc.,
- Beobachten des Gesundheitszustandes der Menschen und Tiere, die sich zur Zeit des Brandes im Freien aufhielten,
- bei Brunnenwasser: Wasserproben.
Nehmen Sie die Beweissicherung in der Gegenwart von Zeugen vor und protokollieren Sie die Maßnahmen Ihrer Beweissicherung peinlich genau. Das Datum ist wichtig, um den zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis nachweisen zu können.
Auch Folgeschäden sind auszugleichen, wenn diese etwa dadurch entstanden sind, dass ein Betrieb seine Tätigkeit unterbrechen musste, weil er auf Brunnenwasser oder sonstige Ressourcen nicht zurückgreifen kann, deren Reinheit oder sonstige Qualität durch die Folgen des Feuers beeinträchtigt wurden (z. B. Betriebsausfallschäden eines Friseurgeschäfts, welches nicht auf interne Wasserquellen zurückgreifen kann).
Unternehmensinhaber sollten überlegen, ob sie nicht eine sogenannte Betriebsunterbrechungsversicherung haben. In diesem Falle gilt es, diesen Schaden dem Versicherungsunternehmen zu melden.
Insbesondere wenn Sie rechtsschutzversichert sind, lassen Sie sich von uns rechtlich beraten; wenn Sie nicht rechtsschutzversichert sind, kommt eine Erstberatung infrage, deren Kosten Sie bei einer Kontaktaufnahme mit uns vereinbaren können.
Wir arbeiten mit lokalen Fachleuten der Umwelt-, Wasser und Agraranalytik zusammen, über die wir lokale Analysen, eventuell auch für typisierte Gruppen, erstellen lassen können.
Denken Sie daran, dass Umweltschäden manchmal erst nach vielen Jahren in ihrer wahren Dimension erkannt werden. Auch hier gilt es rechtlich einzugreifen, um das Drohen einer Verjährung zu unterbrechen.
Große Firmen verfügen regelmäßig über solide Haftpflichtversicherungen. Damit sollte ein Schadensersatz auch wirtschaftlich durchsetzbar sein.
Markus Viertel
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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