Bundesverwaltungsgericht Leipzig: Heimvertrag endet mit Sterbetag des Bewohners
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In Heimverträgen mit Leistungsempfängern der sozialen Pflegeversicherung ist eine Klausel, die eine Fortgeltung des Heimvertrages und eine Pflicht zur Fortzahlung von Bestandteilen des Heimentgeltes über den Sterbetag des Bewohners hinaus vorsieht, unzulässig und unwirksam.
Gesetze: Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz, § 5 Abs. 3 und 5, § 8 Abs. 8 Satz 1 und 2 Heimgesetz (HeimG) a. F., § 17 Abs. 1, 2 und 3 HeimG, § 87a Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 SGB XI, § 4 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 2. Juni 2010 entschieden, dass Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhalten, stets mit dem Sterbetag des Bewohners enden. Klauseln, die eine Fortgeltung des Vertrages darüber hinaus vorsehen und zur Fortzahlung des Heimentgelts bezüglich der Unterkunft und der gesondert berechenbaren Investitionskosten verpflichten, dürfen mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung nicht geschlossen werden und sind unwirksam.
Geklagt hatten zur Marseille-Kliniken AG gehörende vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Land Sachsen-Anhalt. Sie hielten heimrechtliche Anordnungen der Aufsichtsbehörde für rechtswidrig, in Heimverträge mit Leistungsbeziehern der sozialen Pflegeversicherung eine Klausel aufzunehmen, nach der die Zahlungspflicht des Bewohners mit dessen Sterbetag endet und eine Fortgeltung des Vertrages über diesen Tag hinaus nicht vereinbart werden kann.
Zudem ging es um einen Musterheimvertrag, in dem es unter anderem hieß:
„Bei Ableben des Bewohners endet der Vertrag ohne Kündigung nach Ablauf von zwei Wochen nach dem Sterbetag. Innerhalb dieser Frist hat der Heimträger einen Anspruch auf Fortzahlung der Entgeltbestandteile für Wohnraum und Investitionskosten ... . Das Heimentgelt ermäßigt sich dabei um den Wert der vom Träger ersparten Aufwendungen.
Sofern der durch das Ableben des Bewohners freigewordene Heimplatz schon vor Ablauf dieser Frist belegt wird, endet die Fortzahlungsverpflichtung mit dem Tage dieser Neubelegung."
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass das Pflegeversicherungsrecht für Heimverträge mit Bewohnern, die stationäre Leistungen der sozialen Pflegeversicherung empfangen, eine spezielle, abschließende Regelung trifft. Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI endet die Zahlungspflicht der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger mit dem Tag der Entlassung oder des Versterbens des Bewohners. Dies stimme mit § 8 Abs. 8 Satz 1 HeimG a.F. überein. Danach ende das Vertragsverhältnis mit dem Versterben des Bewohners. Die davon abweichende Vertragsklausel könne sich nicht auf § 8 Abs. 8 Satz 2 HeimG a.F. stützen. Diese Vorschrift werde gemäß § 5 Abs. 5 HeimG a.F. für den Kreis der Leistungsempfänger der Pflegeversicherung durch die Sonderregelung des § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI verdrängt.
Danach endet der Heimvertrag ebenso wie die Verpflichtung zur Zahlung des Heimentgelts stets mit dem Sterbetag des Leistungsempfängers. Dies schließt eine Anwendung der allgemeinen, eine Fortgeltungsvereinbarungen zulassenden heimrechtlichen Regelung aus. Sie ist nur anzuwenden auf Verträge mit Bewohnern, die keine stationären Leistungen der Pflegeversicherung erhalten.
Anmerkung:
Gemäß 4 Abs. 3 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), das für alle Heimverträge ab dem 1. Mai 2010 gilt und die für Verbraucher relevante Regelung enthält, endet grundsätzlich der Vertrag mit dem Tod des Heimbewohners, vertraglich kann aber davon abweichend eine Verlängerung um zwei Wochen vereinbart sein.
Der Wortlaut des 4 Abs. 3 WBVG:
Mit dem Tod des Verbrauchers endet das Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Unternehmer. Die vertraglichen Bestimmungen hinsichtlich der Behandlung des in den Räumen oder in Verwahrung des Unternehmers befindlichen Nachlasses des Verbrauchers bleiben wirksam. Eine Fortgeltung des Vertrags kann für die Überlassung des Wohnraums gegen Fortzahlung der darauf entfallenden Entgeltbestandteile vereinbart werden, soweit ein Zeitraum von zwei Wochen nach dem Sterbetag des Verbrauchers nicht überschritten wird. In diesen Fällen ermäßigt sich das geschuldete Entgelt um den Wert der ersparten Aufwendungen des Unternehmers.
(Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 2.6.2010 - Aktenzeichen 8 C 24.09)
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