Checkliste: Abmahnung erhalten - was tun?
- 7 Minuten Lesezeit
Sie haben eine Abmahnung erhalten und fragen sich, was Sie jetzt tun sollen?
Meine Empfehlungen:
Klären Sie zunächst die laufenden Fristen und den Sachverhalt.
Lassen Sie sich fachkundig anwaltlich beraten und entscheiden Sie anschließend in Ruhe, wie Sie auf die Abmahnung reagieren wollen. Im folgenden Beitrag finden Sie Informationen zu den wichtigsten Fragen und Tipps aus meiner langjährigen Beratungspraxis. Los geht‘s:
1. Was ist eine Abmahnung überhaupt?
Eine Abmahnung ist vereinfacht gesagt ein Hinweis auf einen Rechtsverstoß. Typische Themen sind z.B.
- unzulässige Werbung (Verstoß gegen das UWG)
- Verletzung von Markenrechten
- Verstoß gegen Urheberrechte
- Missachtung von Designrechten
Mit dem Abmahnschreiben erfolgt eine Aufforderung, den Rechtsverstoß abzustellen und zukünftig zu unterlassen. Häufig ist der Abmahnung eine vorformulierte Erklärung beigefügt, die unterschrieben werden soll. Die Erklärung kann unterschiedlich bezeichnet sein (Unterlassungserklärung / strafbewehrte Unterlassungserklärung / Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung). Inhaltlich handelt es sich hierbei um ein Vertragsangebot, um den Fall außergerichtlich beizulegen. Hierfür wird üblicherweise eine sehr kurze Frist gesetzt.
2. Am wichtigsten: Fristen beachten!
Mit einer Abmahnung wird üblicherweise eine sehr kurze Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung gesetzt. Daher sollten Sie als erstes nachsehen, bis wann diese Frist läuft, damit Sie rechtzeitig reagieren können.
Praxistipp: Häufig werden in Abmahnschreiben mehrere Fristen gesetzt. Es kann also durchaus sein, dass eine sehr kurze Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung und eine weitere etwas längere Frist für die Erfüllung weiterer Ansprüche gesetzt wird. Klären Sie also unbedingt, welche Fristen Sie beachten müssen. Nach Ablauf der gesetzten Fristen drohen Weiterungen und möglicherweise unnötige Mehrkosten.
3. Einfach um eine Fristverlängerung bitten?
Wenn die Frist sehr kurz ist, können Sie natürlich nach einer Fristverlängerung fragen, am besten per E-Mail oder per Fax. Eine entsprechende telefonische Nachfrage ist allerdings nicht ganz unproblematisch, weil durch telefonische Absprachen weitere Kosten entstehen können.
Praxistipp: Bitten Sie im Zusammenhang mit Ihrer Anfrage hinsichtlich einer Fristverlängerung um eine Bestätigung und haken Sie gegebenenfalls vor Ablauf der Frist nach, ob die von Ihnen erbetene Fristverlängerung gewährt wird. Besonders wichtig: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihnen eine Fristverlängerung gewährt wird und richten Sie sich darauf ein, dass nur eine kürzere Nachfrist gesetzt wird oder eine Fristverlängerung ganz abgelehnt wird.
4. Überprüfen Sie den Sachverhalt!
So simpel es klingen mag: Überprüfen Sie unbedingt, ob der Sachverhalt stimmt. In der Regel trifft die Darstellung des Sachverhaltes in der Abmahnung zu. Ich hatte allerdings auch einzelne Fälle, in denen der Abmahner und sein Anwalt von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sind. Passiert eher selten, kommt aber vor.
5. Und wenn der Vorwurf stimmt?
Vorsicht: Selbst wenn die Darstellung des Sachverhaltes in der Abmahnung stimmt, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Abmahnung auch berechtigt ist. Ob der erhobene Vorwurf stimmt oder nicht, hängt oft auch von der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes ab. Gerade bei einer anwaltlichen Abmahnung sollten Sie sich bewusst machen, dass ein Anwalt die Interessen seines Mandanten vertritt, also des Abmahnenden.
Praxistipp: Lassen Sie die Berechtigung der Abmahnung durch einen fachkundigen Anwalt überprüfen. Die Kosten für eine Erstberatung sind überschaubar. Eine falsche Reaktion auf die Abmahnung kann dagegen teure Folgen haben.
6. Entspricht die Abmahnung den gesetzlichen Vorgaben?
Je nachdem, um was für einen Vorwurf es geht, gelten für Abmahnungen unterschiedliche gesetzliche Vorgaben. Die Vorgaben für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen ergeben sich z.B. aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), die durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs zum 02.12.2020 deutlich verschärft worden sind.
Praxistipp: Lassen Sie durch einen fachkundigen Anwalt überprüfen, ob die Abmahnung den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Sofern dies nicht der Fall ist, kommt ein Anspruch auf Ersatz Ihrer Kosten für die Rechtsverteidigung gegen die Abmahnung in Betracht.
7. Was hat es mit der Unterlassungserklärung auf sich?
Die Unterlassungserklärung dient zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Abgemahnte das rechtswidrige Verhalten zukünftig nicht wiederholt.
Liegt dem Abmahnschreiben eine vorformulierte Unterlassungserklärung bei, stellt diese Erklärung ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages dar, das Sie als Abgemahnter durch Unterzeichnung und Rücksendung annehmen können (aber nicht annehmen müssen).
Zur Erinnerung: Gerade bei einer anwaltlichen Abmahnung sollten Sie sich bewusst machen, dass ein Anwalt die Interessen seines Mandanten vertritt, also des Abmahnenden. Wenn dem Abmahnschreiben also eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt ist: Wessen Interessen wird sie wohl eher berücksichtigen, die des Abmahners oder Ihre?
Ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Unterlassungserklärung abzugeben und welchen Inhalt eine solche Erklärung haben muss, hängt von verschiedenen Aspekten ab. Entscheidend ist für Sie zunächst nur, dass Sie frei entscheiden können, ob Sie eine Unterlassungserklärung abgeben wollen. Sofern Sie keine Unterlassungserklärung abgeben wollen, muss der Abmahner entscheiden, ob er weitergehende rechtliche Schritte veranlassen möchte.
8. Wenn der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt ist: unterzeichnen oder besser nicht?
Vorsicht: Nach meiner Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren sind viele vorformulierte Unterlassungserklärungen zu weit oder zu einseitig zugunsten des Abmahners gefasst.
Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung sollten Sie im Übrigen berücksichtigen, dass aufgrund der Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs nicht mehr bei allen Wettbewerbsverstößen eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenregelung gefordert werden kann.
Praxistipp: Sofern Sie über die Abgabe einer Unterlassungserklärung nachdenken, sollten Sie sich zum Inhalt einer entsprechenden Erklärung unbedingt fachkundig anwaltlich beraten lassen. Eine falsch formulierte Unterlassungserklärung kann schnell zur Haftungsfalle werden. Häufig macht es daher Sinn, eine abgeänderte/modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. In bestimmten Fällen kann es allerdings auch Sinn machen, unabhängig von der Berechtigung der Abmahnung die Abgabe einer Unterlassungserklärung ganz bewusst abzulehnen.
Informationen zu häufigen Fehlern im Zusammenhang mit der Abgabe einer Unterlassungserklärung habe ich in einem gesonderten Beitrag für Sie zusammengestellt:
Unterlassungserklärung: Die 10 häufigsten Fehler
9. Und wenn der Abmahnung keine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt ist?
Meist ist einer Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt. Aufgrund der Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs besteht nunmehr für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen allerdings eine gesetzliche Vermutung für eine missbräuchliche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche, wenn eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass mit der Abmahnung zwar zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert wird, aber keine vorformulierte Erklärung beigefügt wird. Auch in diesem Fall müssen Sie als Abgemahnter sich darüber Gedanken machen, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Unterlassungserklärung abzugeben und welchen Inhalt eine solche Erklärung haben sollte.
Praxistipp: (Sie werden es ahnen.) Sofern Sie über die Abgabe einer selbst formulierten Unterlassungserklärung nachdenken, sollten Sie sich zum Inhalt einer entsprechenden Erklärung unbedingt fachkundig anwaltlich beraten lassen. Bei einer unzureichenden Erklärung droht ein gerichtliches Verfahren mit erheblichen Mehrkosten. Eine falsch formulierte Unterlassungserklärung kann schnell zur Haftungsfalle werden. Und in bestimmten Fällen kann es durchaus Sinn machen, unabhängig von der Berechtigung der Abmahnung die Abgabe einer Unterlassungserklärung ganz bewusst abzulehnen.
10. Was ist mit den Abmahnkosten?
Ob und in welcher Höhe bei einer Abmahnung überhaupt Kosten geltend gemacht werden können, hängt von verschiedenen Aspekten ab. Grundsätzlich besteht bei einer berechtigten Abmahnung ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings verschiedene Ausnahmen. So scheidet ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten z.B. bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung für Wettbewerber bei im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Information- und Kennzeichnungspflichten aus.
11. Was ist denn nun die „richtige“ Reaktion auf eine Abmahnung?
Die „richtige“ Reaktion auf eine Abmahnung hängt von Ihrer konkreten Situation und Ihren Interessen als Abgemahnter ab. Deshalb gibt es auch nicht „die eine für alle Fälle passende“ Reaktion auf eine Abmahnung. Informieren Sie sich daher auf jeden Fall vorab über die möglichen Konsequenzen der von Ihnen beabsichtigten Reaktion auf die Abmahnung. Dies betrifft zum einen mögliche Haftungsrisiken aus der Abgabe einer Unterlassungserklärung und zum anderen die möglichen Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
Vollkommen unabhängig von der rechtlichen Bewertung von Ansprüchen ergibt sich in der Praxis nach meiner Erfahrung immer wieder auch die Frage, ob es nicht sinnvoll sein könnte, über unorthodoxe oder pragmatische Lösungsansätze nachzudenken.
Sie wünschen eine Beratung zu einer Abmahnung?
Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.
Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.
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Andreas Kempcke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Internetrecht-Rostock.de
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