Darf man vor Gericht lügen?

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Der Angeklagte im Strafprozess - Recht zur Lüge

Der Angeklagte im Strafprozess darf vor Gericht lügen. Er darf im Gerichtsprozess schweigen, aber auch Geschichten erfinden. Dadurch macht er sich nicht strafbar.
 
Ob das Gericht ihm diese erfundene Geschichte glaubt, steht auf einem anderen Blatt. Teilweise kann eine gute und frei erfundene Einlassung nicht widerlegt werden und der Angeklagte wird freigesprochen. Häufig enthalten diese Lügengeschichten aber Widersprüche, so dass das Gericht dem Angeklagten nicht glauben wird.
 
 Der Angeklagte darf aber mit seiner Lügengeschichte niemanden zu Unrecht belasten, so dass ein anderer falsch verdächtigt wird. Er darf z.B. nicht sagen, dass nicht er die Fahrerflucht begangen hat, sondern der Herr X, wenn der Herr X nicht tatsächlich das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat.

Der Zeuge im Strafprozess

Ein Zeuge ist vor Gericht verpflichtet, die Wahrheit zu sagen! Anderenfalls macht er sich strafbar.


Zeugnisverweigerungsrecht und Aussageverweigerungsrecht

Wenn der Zeuge die Aussage gegen den Angeklagten vermeiden will, kann er sich entweder auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, § 52 StPO, wenn ihm ein solches zusteht, oder auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
 
Das Zeugnisverweigerungsrecht steht z.B. Ehegatten, Verlobten oder Verwandten, wie z.B. Vater, Mutter, Bruder oder Schwester, zu, vgl. § 52 StPO. Wenn sich der Zeuge hierauf beruft, muss er keine Aussage vor Gericht machen.

Wenn der Zeuge oder die Zeugin sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen will, weil er oder sie behauptet, mit dem Angeklagten verlobt zu sein, wird der Richter Nachfragen hierzu stellen. Er fragt z.B. wer den Heiratsantrag gemacht hat, wann der Antrag stattgefunden hat, wo der Antrag erfolgt ist, ob ein Ring ausgehändigt wurde, etc. Die Behauptung, man sei verlobt, nimmt das Gericht in der Regel nicht einfach hin. Es wird das Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund der Verlobung überprüfen.
 
Wenn sich der Zeuge trotz Zeugnisverweigerungsrechts dazu entscheidet, eine Aussage vor Gericht zu machen, muss diese der Wahrheit entsprechen. Anderenfalls macht er sich strafbar, vgl. § 153 StGB.

Der Zeuge kann eine Aussage auch dann verhindern, wenn er sagt, er möchte keine Aussage machen, da er sich selbst belasten müsste. Dies kommt z.B. dann in Betracht, wenn der Zeuge in Betäubungsmittelgeschäfte mit dem Angeklagten verwickelt war. Mit seiner Aussage gegen den Angeklagten würde er z.B. einräumen, von diesem gekauft zu haben, und würde sich damit selbst belasten.

Verhandlung vor den Zivilgerichten

Im Zivilprozess gilt ebenfalls die Pflicht zur Wahrheit. Der Kläger und der Beklagte müssen die Wahrheit sagen. Auch Zeugen müssen im Zivilprozess die Wahrheit sagen. Ein Recht zur Lüge wie im Strafprozess für den Angeklagten gibt es im Zivilprozess nicht.
 
Vor den Zivilgerichten werden z.B. Mietrechtsstreitigkeiten, Handelssachen, Streitigkeiten aus Kaufverträgen oder Verkehrsunfälle verhandelt.



Rechtliche Hinweise

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