Das Arbeitsverhältnis in Zeiten des Coronavirus
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Das Coronavirus bestimmt seit Wochen die Schlagzeilen und breitet sich auch in Deutschland aus. Erste Unternehmen beschäftigen zum Teil schon keine Arbeitnehmer mehr.
Es stellen sich verschiedene Fragen:
Dürfen Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben?
Durch Schließung von öffentlichen Verkehrsmitteln kann es für einzelne Arbeitnehmer schwer sein, zur Arbeit zu kommen. Dieses Wegerisiko liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Er muss daher andere Mittel und Wege finden, um den Arbeitsplatz pünktlich zu erreichen.
Muss ich ins Büro, wenn die Kollegen husten?
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Um die Arbeitsleistung verweigern zu können, muss ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung schon unzumutbar sein. Eine Unzumutbarkeit ist z. B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.
Was ist, wenn mich mein Arbeitgeber von der Arbeit freistellt?
Sind die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit, kann sie aber der Arbeitgeber aus Gründen nicht beschäftigen, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen, besteht weiterhin die Vergütungspflicht. Eine ausgefallene Arbeitszeit muss nicht nachgearbeitet werden.
Habe ich im Fall einer vorübergehenden Betriebsstörung oder -schließung Anspruch auf Fortzahlung einer Vergütung?
Dazu würden etwa Fälle zählen, in denen es aufgrund von Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen oder Versorgungsengpässen käme, in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde. Die Arbeitnehmer behalten also in diesen Fällen ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie aus diesen Gründen nicht arbeiten können.
Wie lange würde ein solcher Anspruch bestehen?
Die Belastung des Arbeitgebers bei einer Betriebsschließung mit der weiterbestehenden Vergütungszahlungspflicht seiner Arbeitnehmer ist daher extrem hoch, zumal ungewiss ist, wie lange dieser Zustand anhalten wird.
Kann ein Unternehmen bei Arbeitsausfällen wegen des Coronavirus Kurzarbeitergeld bekommen?
Lieferengpässe, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus entstehen, oder behördliche Betriebsschließungen mit der Folge, dass die Betriebe ihre Produktion einschränken oder einstellen müssen, können zu einem Anspruch auf Kurzarbeitergeld für die vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten führen. Betriebe, die Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Derzeit gilt noch: Kurzarbeitergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt werden. Kurzarbeitergeld wird in derselben Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelt. Änderungen sind geplant, sodass der aktuelle Stand der Voraussetzungen für solche Leistungen auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit abgefragt werden sollte.
Habe ich einen Anspruch auf mein Entgelt, wenn sich die behördliche Infektionsschutzmaßnahme gegen mich wendet?
Ist ein Mitarbeiter an dem Virus erkrankt und verhängt die Gesundheitsbehörde deswegen ein Tätigkeitsverbot (Quarantäne), erhält der Betroffene eine Entschädigung unter den Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes. Dieses entspricht der Höhe und Dauer der Zahlung der normalen gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und wenn Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber geleistet wurde, besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber auf Antrag bei der zuständigen Behörde die Vergütungszahlung erstattet bekommt.
Grundsätzlich hängt, ob ein kranker Arbeitnehmer Geld bekommt oder nicht, von der Art der Erkrankung ab. Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankgeschrieben und gibt er seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber und an die jeweilige Krankenkasse ab, besteht zunächst der Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber und danach der Anspruch auf ein weiterzuzahlendes Krankengeld.
Die Kita/Schule meines Kindes ist (länger) geschlossen und ich habe keine andere Betreuung für das Kind. Muss ich Urlaub nehmen?
Wird eine Kita, Kindergarten oder Schule wegen Infizierungsgefahr geschlossen, müssen die Eltern die Betreuung selbst organisieren.
Es wird im Weiteren aber differenziert, ob das Kind krank ist oder die Einrichtung wegen Infektionsverdacht geschlossen ist und das Kind deshalb zuhause bleiben muss.
Bei einer sogenannten Kindkrankschreibung zahlt die Krankenkasse dem Arbeitnehmer ein Krankengeld und dieser muss nicht zur Arbeit gehen. Es sind diesbezüglich gesetzliche Änderungen beabsichtigt, welche die Zahlung eines solchen Krankengeldes verlängern sollen.
Bleiben Kita oder Schulen wegen Infektionsverdachts geschlossen, das eigene Kind ist aber gesund, greift die Kindkrankschreibung nicht.
Ebenso wenig, wenn die Schulen, wie aktuell, geschlossen sind. Die Eltern sind daher gezwungen, sich selbstständig um eine Betreuung zu kümmern.
Kann die erforderliche Kinderbetreuung dabei nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da dann die Arbeitsleistungspflicht unzumutbar sein dürfte. D. h., in diesen Fällen wird der Arbeitnehmer von der Pflicht der Leistungserbringung befreit. Er erhält aber auch keine Vergütung. Eine Pflicht, Urlaub zu nehmen, besteht nicht, wäre aber sicherlich eine Alternative vor einer Freistellung ohne Arbeitsvergütung.
Zu beachten ist, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen unter engen Voraussetzungen sogar ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltanspruch kann sich nur, und nur wenn er nicht anderweitig schon geregelt wurde, für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben. Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und dürfte sich auf höchstens 6 Wochen belaufen. Eine gefestigte Rechtsprechung gibt es hierzu jedoch nicht.
Vorstehendes ist nur eine generelle Übersicht und ersetzt keinesfalls eine fundierte arbeitsrechtliche anwaltliche Beratung. Gerade im vielschichtigen Arbeitsrecht ist es von großer Wichtigkeit, jeden Fall einzeln zu betrachten. Nur so kann auf Ihre Situation rechtlich richtig eingegangen und Ihre Rechte durchgesetzt werden.
Bei konkreten Fragen können Sie jederzeit gerne auf mich zukommen.
Ihr Rechtsanwalt Erwin Bräutigam – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Erwin Bräutigam – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Schwäbisch Gmünd
Gerne berate und vertrete ich Sie in Ihrer arbeitsrechtlichen Angelegenheit.
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