Das Selbstbestimmungsgesetz ist in Kraft getreten – Was bedeutet das für Sie als Arbeitgeber/in?
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Am 01.11.2024 trat das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft und ersetzte das bisher geltende Transsexuellengesetz von 1980. Das neue Gesetz regelt die Geschlechtsidentität und dient dem Schutz und der Sicherstellung von Rechten für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen. Es erleichtert diesen Personen die Änderung ihres Geschlechtseintrags sowie ihres Vornamens im Personenstandsregister.
Die Einführung des Gesetzes sorgte für gespaltene gesellschaftliche Reaktionen. Viele begrüßten die Erleichterungen und Vereinheitlichungen im Umgang mit Geschlechtsidentität, während es andererseits auch auf Widerstand und Unverständnis stieß. Ungeachtet dieser politischen Diskussionen müssen sich Arbeitgeber/innen jedoch an die neuen Gegebenheiten anpassen. Auch wenn das Gesetz selbst keine unmittelbaren Pflichten für Arbeitgeber/innen schafft, hat es Auswirkungen auf bestehende Pflichten und Regelungen.
1. Geschlechtseintrag und AGG beachten
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Arbeitgeber/innen, Personen nicht aufgrund ihres Geschlechts zu benachteiligen. Der im Personenstandsregister eingetragene Geschlechtseintrag ist hierbei maßgeblich. Dies gilt auch für Stellenanzeigen, die künftig geschlechtsneutral formuliert werden sollten. Da das SGBB nun die Möglichkeit vorsieht, ,,kein Geschlecht‘‘ neben den Geschlechtseinträgen „weiblich“, „männlich“ und „divers“ zu vermerken, können Formulierungen wie „(m/w/d)“ problematisch sein. Es wird empfohlen, stattdessen Formulierungen wie „Wir suchen eine Person jeglicher Geschlechtsidentität“ oder „Unabhängig vom eingetragenen Geschlecht“ zu verwenden. Diese Formulierungen gewährleisten eine diskriminierungsfreie Ansprache und berücksichtigen die neue Kategorie „keine Angabe“ im Gesetz.
2. Offenlegung früherer Geschlechtsangaben vermeiden
Gemäß § 13 SBGG dürfen frühere Geschlechtsangaben sowie Vornamen ohne die ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Person nicht offengelegt oder an Dritte weitergegeben werden. Erfolgt die Offenbarung mit Schädigungsabsicht und führt sie zu einem materiellen oder immateriellen Schaden für die betroffene Person, stellt dies eine gem. § 14 SBGG Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden kann.
Sollten Mitarbeitenden im Unternehmen das frühere Geschlecht bekannt sein, darf diese Person dieses nicht gegenüber Dritten offenbaren. Dies gilt in besonderer Weise für Mitarbeitende der Personalabteilung. Arbeitgeber/innen sollten insoweit ihre Mitarbeitenden unter Hinweis auf das mögliche Bußgeld hiervon in Kenntnis setzen.
3. Auswirkungen des Selbstbestimmungsgesetzes auf die Geschlechterquote
Das Selbstbestimmungsgesetz hat auch Auswirkungen auf die Geschlechterquote in Führungspositionen und Betriebsräten. Nach dem Führungspositionengesetz (FüPoG) sowie dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) müssen bei der Besetzung von Positionen, in denen eine Geschlechterquote gilt, auch Änderungen des Geschlechts berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist gem. § 7 SBGG das eingetragene Geschlecht im Zeitpunkt der Besetzung der Position maßgeblich. Bei einer Neubesetzung durch ein neues Mitglied muss jedoch das geänderte Geschlecht Berücksichtigung finden.
4. Änderung von Dokumenten bei Namens- und Geschlechtsänderung
Nach § 10 SBGG haben betroffene Personen das Recht, dass Ausbildungs-, Dienstverträge, Zeugnisse und Leistungsnachweise auf Anfrage mit dem geänderten Geschlechtseintrag und Vornamen neu ausgestellt werden. Voraussetzung hierfür ist die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, was häufig durch eine einfache Erklärung der betroffenen Person nachgewiesen werden kann.
5. Bewusste Umsetzung für eine respektvolle Arbeitsumgebung
Insgesamt sind die Regelungen des Selbstbestimmungsgesetzes für Arbeitgeber/innen überschaubar, erfordern jedoch eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema. Arbeitgeber/innen sollten ein offenes Auge für die neuen Anforderungen haben und sensibel mit den Bedürfnissen und Rechten von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Mitarbeitenden umgehen.
Das Gesetz selbst legt keine direkten Verpflichtungen für Arbeitgeber/innen fest, jedoch können sich Änderungen in bestehenden Regelungen ergeben, die eine Anpassung der internen Prozesse und Dokumente erfordern. Eine bewusste und respektvolle Umsetzung kann nicht nur rechtliche Sicherheit schaffen, sondern auch zu einer inklusiveren und wertschätzenden Arbeitsumgebung beitragen.
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