Der Hund als Scheidungskind

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Trennungen sind in den wenigsten Fällen leicht. So müssen zumeist Unterhaltsfragen geklärt werden, es muss über das Sorgerecht für die Kinder entschieden und der gesamte Haushalt aufgeteilt werden. Zusätzlich steht für mindestens eine Seite die Suche nach einer neuen Wohnung oder einem neuen Haus im Raum. Daneben stellt sich häufig auch die Frage, wer das Haustier behalten darf und ob ein Umgangsrecht mit dem „Trennungshund“ besteht. Im Folgenden werden diese rechtlichen Fragestellungen näher eruiert.


Die rechtliche Einordnung des Hundes

Ausgangspunkt für die Beurteilung der rechtlichen Situation und der Frage, welche Vorschriften für den „Trennungshund“ relevant werden, ist § 90a S. 1 BGB. Gemäß § 90a S. 1 BGB sind Tiere keine Sachen. Unter Beachtung von § 90a S. 3 BGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Dies bedeutet, dass Tiere also gerade keine Sachen sind, gegebenenfalls können aber maßgebliche Vorschriften über beziehungsweise für Sachen, Anwendung finden, sofern keine anderen besonderen Regelungen für Tiere existieren oder aber der Tierschutz entgegensteht [Gängel NJ 2020, 107 (107)]. Folge hiervon ist zunächst, dass nicht die Sorgerechtsvorschriften für Kinder entscheidend sind – entgegen der Tatsache dass es sich bei dem Hund um ein Lebewesen handelt. Vielmehr sind die Regelungen zur Verteilung der Haushaltsgegenstände im Trennungsfall heranzuziehen.


Hundeeigentümer

Maßgeblich für die Beurteilung, zu wem der Hund nach der Trennung gehört, sind die Eigentumsverhältnisse. Im Grundsatz kann statuiert werden, dass derjenige, welcher der Alleineigentümer des Hundes ist, diesen auch nach der Trennung weiterhin behält. Sofern das Alleineigentum nämlich feststeht, kann der Hundeeigentümer einen Herausgabeanspruch gegen seinen Partner geltend machen und die Herausgabe des Hundes verlangen. In diesem Zusammenhang oftmals problematisch ist der Nachweis, dass der Hund tatsächlich nur einer Person gehört. Bejaht werden kann dies häufig dann, wenn ein Partner das Tier bereits vor der Beziehung alleinig angeschafft hat und eine Änderung der Eigentumsverhältnisse nicht vorgenommen beziehungsweise nicht gewünscht wurde [OLG Schleswig NZFam 2019, 540 (541)].

Komplizierter gestaltet sich dagegen die Beantwortung der Frage, wer Hundeeigentümer ist, in Fällen in denen das Tier erst im Rahmen der Beziehung angeschafft wurde. Sofern dies der Fall ist, so spricht die Bezahlung des Kaufpreises durch lediglich einen Ehepartner noch nicht zwingend dafür, dass dieser auch der alleinige Eigentümer ist [OLG Schleswig BeckRS 2013, 22502]. Gleiches gilt im Übrigen für die Begleichung der Hundesteuer [OLG Nürnberg NZFam 2017, 158 (160)] oder die Eintragungen im Impfausweis [OLG Stuttgart NJW-RR 2014, 1101] – es ist vielmehr der konkrete Einzelfall zu betrachten.


Maßgebliche Vorschriften bei Vorliegen einer Ehe

Eine wichtige Rolle spielen allen voran § 1361a BGB und § 1568b BGB. § 1361a BGB regelt die Verteilung des Hausrates bei Getrenntleben; § 1568b BGB die Verteilung der Haushaltsgegenstände bei Scheidung.


Trennungszeit

§ 1361a Abs. 1 S. 1 BGB folgend können die Ehegatten gegenseitig vom jeweils anderen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände herausverlangen. Als Hausratsgegenstände im Sinne von § 1361a BGB sind im Grundsatz alle Gegenstände zu klassifizieren, welche nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten für die Wohn- und Hauswirtschaft oder sonst für ihr Zusammenleben bestimmt sind [z.B. OLG Zweibrücken NJWE-FER 1998, 145]. Ein Hund, welcher zum gemeinsamen Zusammenleben bestimmt ist, beziehungsweise angeschafft wurde, unterfällt damit der Norm. Die Einordnung des Hundes als Haushaltsgegenstand schließt eine Berücksichtigung des Umstandes, dass Tiere keine Sachen im Rechtssinne sind, nicht aus [so ausdrücklich OLG Nürnberg NZFam 2017, 158].

Kann keiner der Ehegatten beweisen, dass er der alleinige Eigentümer des Haustieres ist, ist das Haustier grundsätzlich als gemeinsames Eigentum der Ehegatten anzusehen, da hier § 1568b Abs. 2 BGB analog Anwendung findet [OLG Stuttgart NJW-RR 2014, 1101 (1101)]. § 1568b Abs. 2 BGB bestimmt, dass Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, im Rahmen der Verteilung als gemeinsames Eigentum der Ehegatten gelten, sofern nicht das Alleineigentum eines Ehegatten feststeht. Sofern der Hund im Miteigentum steht und sich die Ehegatten nicht über die Verteilung einigen können, entscheidet das zuständige Gericht, § 1361a Abs. 3 BGB. Diese Entscheidung wird durch den Familienrichter getroffen, §§ 111 Nr. 5 FamFG i.V.m. §§ 23a Nr. 2, 23b Abs. 1 GVG. Die Verteilung nach § 1361a BGB gilt jedoch nur vorläufig bei Getrenntleben - für die endgültige Entscheidung (d.h. nach Rechtskraft der Scheidung) ist § 1568b Abs. 1 BGB entscheidend [Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 7. Auflage 2022, 5. Kapitel, Rn. 180 f.].

Im Rahmen der (vorläufigen) Verteilung der Haushaltsgegenstände werden die Grundsätze der Billigkeit maßgeblich, § 1361a Abs. 2 BGB. Bei der Verteilung nach billigem Ermessen spielen insbesondere das Affektionsinteresse der Beteiligten sowie Gesichtspunkte des Tierschutzes [OLG Nürnberg NZFam 2017, 158] eine entscheidende Rolle. Daneben können verschiedene Kriterien relevant werden, wie zum Beispiel das Kindswohl beteiligter Kinder oder auch die örtlichen Haltungsgegebenheiten [Gängel NJ 2020, 107 (110)]. Nach Ansicht des OLG Stuttgart [NJW-RR 2014, 1102] handle es sich bei den Billigkeitserwägungen im Sinne von § 1361a BGB „[...] auch weniger um solche, die das Wohl des Hundes betreffen, als vielmehr solche, die eine sinnvolle Teilhabe der getrennt lebenden Eheleuten an den zur Disposition stehenden „Haushaltsgegenständen“ und damit auch Tieren ermöglichen.“

Unter Berücksichtigung des Affektionsinteresses ist das Tier der Hauptbezugsperson zuzuweisen [OLG Nürnberg NZFam 2017, 158]. Diese begründet in den meisten Fällen das größte Affektionsinteresse mit der Folge der stärksten vorliegenden emotionalen Bindung zueinander [Gängel NJ 2020, 107 (110)]. Hierfür kann zum Beispiel auch berücksichtigt werden, wer sich am meisten um das Tier gekümmert hat.

Unter Beachtung des Tierwohlgedankens müssen die künftigen Haltungsbedingungen geprüft werden. Insbesondere kann eine Veränderung des Aufenthaltsortes besondere Auswirkungen auf das Tier haben. Sofern das Tier beispielsweise während der Trennungszeit bei nur einem Ehepartner gewohnt hat, kann die Veränderung des Aufenthaltsortes oft nicht dem Tierwohl entsprechen [Gängel NJ 2020, 107 (111)]. Bei der Verteilung eines Hunderudels kann die Teilung eines solchen gegen Tierschutzgründe verstoßen [Gängel NJ 2020, 107 (111)].


Scheidung

Für den Zeitraum nach der Scheidung wird § 1568b BGB maßgeblich. § 1568b Abs. 2 BGB beinhaltet wie bereits dargestellt die Vermutung, dass der Hund, sofern er in der Ehe gemeinsam angeschafft wurde, als gemeinsames Eigentum gilt. § 1568b Abs. 3 legt fest, dass derjenige Eigentümer, welcher sein Eigentum überträgt, eine Ausgleichszahlung verlangen kann. Sofern auch hier keine gemeinsame Regelung getroffen werden kann, werden bei der Verteilung gleichermaßen Billigkeitsinteressen maßgeblich.

In der Regel bleibt die Zuweisung im Rahmen der Trennungszeit jedoch auch für den Zeitraum nach Rechtskraft der Scheidung bestehen [Gängel NJ 2020, 107 (109)].

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass der Alleineigentümer eines Hundes nach der Trennung grundsätzlich auch solcher bleibt; die Beurteilung der Alleineigentümerschaft kann sich bisweilen schwierig gestalten. Sofern es sich um einen gemeinschaftlich angeschafften Hund handelt, wird dieser nach den Billigkeitsgrundsätzen untereinander verteilt; hierbei sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Bei fehlender Einigung entscheidet das Gericht.



Das Haustier bei unverheirateten Paaren

§ 1361a beziehungsweise § 1568b BGB gelten nicht für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Hierbei bleibt jeder Partner Eigentümer seiner eingebrachten Sachen, sodass ein Haustier, welches eingebracht wurde, nach § 985 BGB herausverlangt werden kann. Wurde das Haustier erst im Rahmen der Beziehung angeschafft, so gilt der Erwerber grundsätzlich auch als Eigentümer. Anders kann dies freilich zu bewerten sein, wenn zum Beispiel eine gemeinsame Anschaffung und Finanzierung des Tieres vorliegt, sodass von Miteigentum auszugehen ist. Für ein gemeinsames Eigentum, d.h. Miteigentum, spricht insbesondere die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, sofern beide Partner den Hund gemeinsam bis zur Trennung besaßen [Gängel NJ 2020, 107 (109)]. In der Folge bildet das Paar eine Miteigentümergemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB. Das LG Duisburg entschied im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft [BeckRS 2011, 20635], dass bei Vorliegen einer Miteigentümerschaft, die Zustimmung zu einer Benutzungs- bzw. Umgangsregelung nach billigem Ermessen verlangt werden kann, § 745 Abs. 2 BGB. Nach § 748 BGB sind beide Partner bis zum Vorliegen einer Einigung gleichermaßen zur Pflege und Kostentragung verpflichtet [Gängel NJ 2020, 107 (110)]. Ohne Einigung bedarf es der gerichtlichen Entscheidung.


Gibt es ein Umgangsrecht mit dem Haustier?

Wird das Tier letztlich einem Ehepartner zugewiesen, stellt sich häufig die Frage, ob der andere das Tier noch regelmäßig sehen darf beziehungsweise sogar einen Anspruch auf ein regelmäßiges Umgangsrecht mit dem Tier hat. Das OLG Stuttgart hat mit Beschluss vom 16.04.2019, Az.: 18 UF 57/19, jedoch entschieden, dass es kein Recht auf Umgang mit dem Hund gibt. Der Entscheidung lag die Beschwerde einer geschiedenen Ehegattin zugrunde. Nach einer gescheiterten Umgangsvereinbarung und der Scheidung wurde der Antrag der Ehefrau auf Herausgabe und Umgang mit dem Tier durch das erstinstanzliche Familiengericht abgewiesen. Dem Familiengericht folgend, entschied das OLG Stuttgart, dass sich ein Umgangsrecht gerade nicht ergebe. § 1568b BGB beinhalte keinen Nutzungsanspruch des Tieres.

Gleiches entschied das OLG Hamm [NJW-RR 2011, 583 (583)]. So beinhalte insbesondere § 1361a BGB kein Umgangsrecht. Sinn und Zweck der Hausratsverteilung sei es die eigene Nutzung des Hausrates für seine Lebensbedürftigkeit zu ermöglichen und eine Neuanschaffung von Gegenständen zu vermeiden. Das Verlangen, das Tier jedoch nur für ein paar Stunden in der Woche zu sehen, ist aber  lediglich vorübergehender Natur und damit nicht vom Gesetzeszweck umfasst. Die Reglungen zum Umgangsrecht mit Kindern seien daneben nicht anwendbar, da hier das Kindeswohl im Vordergrund steht und nicht die Erfüllung emotionaler Bedürfnisse der Ehegatten.

Bereits mit Beschluss vom 10.06.2003, Az.: 7 UF 103/03, entschied das OLG Bamberg, dass eine gesetzliche Grundlage für die Regelung des Umgangs mit Haustieren auch nicht durch Richterrecht geschaffen werden kann; andernfalls würden die Grenzen der zulässigen Auslegung überschritten werden [anders AG Bad Mergentheim NJW 1997, 3033; zu den Grundlagen des Richterrechts siehe Langenbucher, Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996, München].


Ratsam aus anwaltlicher Sicht

Im Falle einer Trennung empfiehlt es sich dringend, eine gemeinschaftliche Lösung für das Tier zu finden und eigenständig ein (vertragliches) Umgangsrecht, sofern dies auch im Interesse des Tieres ist, zu vereinbaren. Die Einräumung eines Umgangsrechts durch das Gericht ist unter Berücksichtigung der bisher ergangenen Entscheidungen nahezu aussichtlos.

Foto(s): Jana Christina Hartmann

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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