Der Streit um Urlaubsverfall

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In der arbeitsrechtlichen Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob und wann der Urlaubsanspruch verfällt. Hierzu gibt es im BUrlG bestimmte Grundsätze, die durch die Rechtsprechung ausgeweitet sind und deswegen nicht für alle Fallgruppen gelten. Diesen „Sonderfällen“ widmet sich dieser Artikel und zeigt auf, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Gewährung und Abgeltung von Urlaub zu beachten haben.

Grundsätzlich verfällt der Urlaub gemäß § 7 III BUrlG zum Ende eines Kalenderjahres, also zum 31. Dezember. Willigt der Arbeitgeber ein, kann der Urlaub auch bis zum 31. März eines Folgejahres übertragen werden. Manche Tarifverträge regeln sogar eine längere Übertragungsfrist.

Eine Ausnahme davon stellt der Urlaubsanspruch dar, der wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit nicht genommen werden konnte. Gemäß § 17 Abs. 2 BEEG steht einem Elternteil der Urlaubsanspruch, der vor Beginn der Elternzeit nicht aufgebraucht wurde, nach Rückkehr aus der Elternzeit immer noch zu.

Auch langzeiterkrankte Arbeitnehmer werden von dem Grundsatz des Urlaubsverfalls zum Ende eines Kalenderjahres nicht erfasst. Hier hat der EuGH entschieden, dass Arbeitnehmer, die ihren Urlaub wegen einer über die Dauer des Kalenderjahres anhaltende Krankheit nicht antreten können, vor dem Verfall geschützt werden sollen und den 31. Dezember eines Kalenderjahres in dem Fall 15 Monate nach hinten verschoben (EuGH, Urteil v. 22. November 2011 – Az.: C – 214/10). Diese Übertragungsfrist sollte Arbeitgeber davor schützen, dass Arbeitnehmer über Jahre ihren Urlaub anhäufen. Nicht entschieden ist bislang die Frage nach der Verjährung des Urlaubs.

Eine gravierende Neuerung in der Rechtsprechung um das Urlaubsrecht bringt eine Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 – Az.: C 684/16. Dort stellt der EuGH fest, dass der Urlaubsverfall am Ende eines Kalenderjahres nicht unionsrechtskonform ist und deswegen nicht aufrechterhalten werden soll, soweit der Mindesturlaub betroffen ist. Der Verfall könne nur dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Urlaub verzichte. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich und unmissverständlich auf den bestehenden Urlaub und seinen eintretenden Verfall hinweise. Daran fehlt es in der Praxis in der Regel, weil die Arbeitgeber es bislang nicht als ihre Aufgabe angesehen haben, dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nimmt und ihn deswegen auch nicht daran erinnert haben. Arbeitnehmer scheuen hingegen oft davor zurück, Urlaubsansprüche geltend zu machen, um sich bei ihrem Vorgesetzten nicht unbeliebt zu machen. Diese schwächere Position des Arbeitnehmers arbeitet der EuGH in seiner Entscheidung deutlich heraus und stellt damit die bisher geltenden Urlaubsgrundsätze auf den Kopf.

Besonders interessant ist die Frage des nicht mehr verfallenden Urlaubs im Hinblick auf die in der Elternzeit entstehenden Urlaubsansprüche. Hier wird der volle Urlaubsanspruch während der Elternzeit erworben, solange der Arbeitgeber ihn nicht ausdrücklich kürzt. Kehrt der Arbeitnehmer beispielsweise nach 3 Jahren Elternzeit an seinen Arbeitsplatz zurück, kann er gemäß der neuen EuGH-Rechtsprechung seine Mindesturlaubsansprüche aus der Elternzeit voll beim Arbeitgeber geltend machen und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der Elternzeit eine entsprechend hohe Urlaubsabgeltung verlangen.

Gerne beraten wir Sie hierzu ausführlich bei einem persönlichen Gespräch in unserer Kanzlei.


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