Die Aufklärungspflicht des Apothekers

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Im vorliegenden Fall hatte sich der Apotheker wegen der Verletzung (vor)vertraglicher Aufklärungspflichten schadenersatzpflichtig gemacht. Der Kunde war im Basistarif privatversichert, der dem Umfang der Leistungen der gesetzlichen Krankversicherung entspricht. Dies war dem Apotheker seit 2010 bekannt. Ende 2016 lief das Patent für das Arzneimittel Glivec aus. Ab 2017 waren wirkstoffgleiche Präparate (sogenannte Generika) günstiger erhältlich. Der Apotheker hatte den Kunden nicht über die Gefahr der fehlenden Kostenerstattung durch die Krankenversicherung aufgeklärt. Deshalb hatte der Apotheker die von der Krankenkasse nicht übernommenen Kosten aufgrund der Verletzung seiner (vor)vertraglichen Aufklärungspflichten dem Patienten zu erstatten, entschied das Gericht. Die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung ergibt sich demnach aus der Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei sowie aus Treu und Glauben.

Grundsätzlich liegt die Prüfung der Erstattungspflicht des Versicherers im Pflichtenkreis des Patienten und nicht in der des Apothekers. Besteht jedoch die Gefahr, dass die Krankenversicherung die Kosten nicht erstattet und kennt der Apotheker diese Gefahr und klärt nicht über dieses Risiko auf, so macht er sich haftbar. Derartige wirtschaftliche Aufklärungspflichten sind dem Apotheker zumutbar. Für ihn als Fachmann sei es ein Leichtes, aufgrund seines Wissens über die Basistarifversicherung den Sachverhalt klar zu erkennen und entsprechend aufzuklären. Abrechnungsfragen, insbesondere die der hier vergleichbaren gesetzlichen Versicherung, sind das tägliche Geschäft des Apothekers, sodass er weiß, welche Kosten erstattungsfähig sind und er das Risiko beurteilen kann. 

Dabei ist nicht maßgeblich, dass der Apotheker das Wissen um die Basistarifversicherung des Patienten in persona kennt. Vielmehr muss er sich das Wissen seiner Mitarbeiter zurechnen lassen. Als Inhaber hat der Apotheker die „Wissensverantwortung“ und damit die Pflicht, das im Unternehmen vorhandene Wissen ordnungsgemäß zu organisieren. 

Den Apotheker trifft auch hinsichtlich des Generikums eine Informationsweitergabepflicht. Vor diesem Hintergrund ist der Apotheker umgekehrt verpflichtet, das bei ihm auflaufende Wissen, hier über das Auslaufen des Patents für das Medikament, an seine Mitarbeiter weiterzugeben. Gerade bei Langzeitkunden sind aufgrund der im Laufe der Jahre aufgelaufenen und veränderlichen Informationen erhöhte Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Aufklärung und Sachverhaltsanalyse zu beachten. 

Insoweit ist zu empfehlen, dass regelmäßige Kundengespräche durchgeführt werden, bei denen der Sachverhalt aktualisiert und gegebenenfalls die Wirtschaftlichkeits- und Bedarfsanalyse entsprechend angepasst wird. Die in dem Gespräch gewonnenen Erkenntnisse sollten dokumentiert und intern ausgetauscht werden, um etwaige Wissenszurechnungslücken zu schließen und der Informationsweitergabepflicht zu entsprechen. 

Die Nachweisdokumentation ist zudem Beleg für den Eintritt der Verjährung von erst deutlich später geltend gemachten Ansprüchen und erfüllt damit im Streitfall quasi eine Doppelfunktion, weshalb entsprechend angepasste Prozesse in den beruflichen Alltag integriert werden sollten. 

Urteil des LG Bremen vom 10.10.2018, 1 O 1524/17

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