Die Vergütung von Betriebsrät:innen auf den Prüfstand?

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Betriebsrät:innen üben ihr Amt ehrenamtlich aus und dürfen - auch in ihrer beruflichen Entwicklung - wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder bevorzugt, noch benachteiligt werden, so ist es § 78 BetrVG zu entnehmen. Die Arbeitsgerichtsbarkeit hat hierzu bereits seit längerer Zeit Vergütungsgrundsätze für Betriebsrät:innen aufgestellt.

Diese Grundsätze scheinen durch eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az.: Urt. vom 10.1.2023 - 6 StR 133/22) aber zunächst in Frage gestellt. Nun wird häufig kolportiert, dass Betriebsrät:innen zukünftig mit erheblichen Gehaltseinschnitten zu rechnen hätten. Nicht selten wird Reformbedarf angemahnt. Was war passiert?

BGH: hypothetische Gehaltsentwicklung kein ausreichender Vergütungsgrundsatz für Betriebsrät:innen

Der BGH hatte die Freisprüche von (ehemaligen) Managern des VW-Konzerns kassiert. Die Angeklagten wurden beschuldigt, einigen VW Betriebsrät:innen überhöhte Gehälter bewilligt und damit Gelder des Konzerns veruntreut zu haben. 

Die Angeklagten hatten sich damit verteidigt, nur im Rahmen des gesetzlich Möglichen gehandelt zu haben und verwiesen auf die arbeitsgerichtliche Rechtssprechung. Diese besagt im Kern, dass Betriebsrät:innen die gleiche berufliche Entwicklung gemacht hätten, wie die mit ihnen vergleichbaren Arbeitnehmer:innen. Daher müssen Arbeitgeber ihren Betriebsrät:innen auf Basis der fiktiven beruflichen Entwicklung die gleiche Vergütung zahlen, wie die mit ihnen vergleichbaren Beschäftigten. 

So kann z.B. ein kaufmännischer Angestellter, der seit 8  Jahren Betriebsratmitglied ist, das Gehalt einer Führungskraft beanspruchen, wenn die mit ihm vergleichbaren Kolleg:innen ebenjene Führungsaufgaben übernommen haben. Es ist daher nicht zulässig, dass Betriebsrät:innen auf dem Gehaltsniveau vor der Übernahme des Amtes verbleiben, wenn mit ihnen vergleichbare Beschäftigte in der gleichen Zeit Karriere machen und entsprechend höhere Gehälter beziehen. Dann wäre eine Benachteiligung aufgrund der Betriebsratstätigkeit im Zweifel indiziert.

Dem BGH reichten diese Grundsätze der hypothetischen beruflichen Entwicklung allerdings nicht als Rechtfertigungsgrund für die hohen Gehälter der Betriebsräte aus.

Haben Betriebsratsmitglieder Anspruch auf Boni?

Der BGH verweist in seiner Pressemitteilung insbesondere darauf, dass konkret dargelegt werden müsse, nach welchen Kriterien ein Aufstieg in die höheren Entgeltgruppen oder "Managementkreise" möglich gewesen sei. Besonders kritisch sieht der BGH demzufolge die Zahlung von (teils erheblichen) Boni an freigestellte Betriebsrät:innen, die sich nicht ohne Weiteres ergäbe.

Vergütungsgrundsätze von Betriebsrät:innen

Daraus leiten nun einige Autor:innen ab, der BGH habe die o.g. Vergütungsgrundsätze in Gänze in Frage gestellt und insbesondere Bonizahlungen an freigestellte Betriebsrät:innen seien zukünftig nur noch in eng begrenzten Ausnahmesituationen möglich.

Das kann man allerdings auch anders sehen: Zunächst ist das Urteil nicht zwingend eine Zäsur, weil die Darlegungs- und Beweislast für eine Benachteiligung iSd. § 78 BetrVG  beim Betriebsratsmitglied liegt. Betriebsrät:innen mussten also auch vor den Arbeitsgerichten darlegen und beweisen, dass sie - trotz gleicher Qualifikationen - eine berufliche Entwicklung nur aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit nicht genommen haben. Es obliegt den Betriebsrät:innen daher auch, darzulegen und zu beweisen, dass sie mit den besser bezahlten Beschäftigten vergleichbar sind. Sie müssen also bereits jetzt schon ihre Ansprüche darlegen und beweisen. Der BGH stellt diesen Grundsatz - wohl wegen der unüblich hohen Vergütung einiger VW Betriebsrät:innen - noch einmal heraus. Das bedeutet indes nicht unbedingt, dass Betriebsrät:innen unter Generalverdacht der Vorteilsnahme gestellt werden sollten.

Sollten Sie als Betriebsrät:in von einer Überprüfung oder gar Rückforderung von Gehältern durch den Arbeitgeber betroffen sein, sollten Sie sich umgehend anwaltlichen Rat suchen. Gern können Sie mich hierzu kontaktieren.

Foto(s): Bildnachweis: wabeno, iStockphoto.com

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