„Durch die Corona-Pandemie haben viele die Berührungsangst vor Online-Rechtsberatung verloren”

Auf dem anwalt.de-Profil und in den Trefferlisten können Rechtsanwälte ab sofort angeben, ob sie Online-Rechtsberatung anbieten. Rechtsanwältin Sandra Baumann, Gründerin der Kanzlei webanwalt24.de, setzt auf digitale Rechtsberatung. Warum die anfängliche Scheu bei Mandanten meist schnell verfliegt und sie sich mehr Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz wünscht, berichtet sie im Interview.

Wie sind Sie auf die Neuerung, auf Online-Rechtsberatung jetzt auch hinweisen zu können, aufmerksam geworden? 

Auf die Neuerung bin ich entweder über LinkedIn oder den Newsletter von anwalt.de (Anm. der Redaktion: anwalt.de-Report) aufmerksam geworden. 

Welche Vorteile bieten sich Ihnen durch diese neue Funktion auf anwalt.de?  

Ratsuchende können schnell und gezielt Rechtsanwälte finden, die auch Online-Rechtsberatung anbieten. Online-Rechtsberatung hat ein großes Potential, wird jedoch leider bislang noch selten angeboten.  

Wie sieht eine typische Beratungssitzung online aus? Gibt es Unterschiede zum Beratungstermin vor Ort? 

Eine Online-Beratung eröffnet verschiedene Möglichkeiten der Rechtsberatung. Entweder schreiben mir Ratsuchende eine Nachricht mit Ihrem Beratungsanliegen und übersenden ggf. relevante Unterlagen oder wir vereinbaren einen Termin für eine Video- oder Telefonkonferenz. 

Der Vorteil einer Online-Rechtsberatung ist definitiv die Unabhängigkeit von Zeit und Ort. Der Mandant schreibt, wenn es ihm zeitlich möglich ist, und ich antworte kurzfristig entsprechend meines Terminkalenders. Dadurch entfällt das erfolglose sich „Hintereinanderher-Telefonieren“. Die Mandatsbearbeitung erfolgt dann in üblicher Weise. Sollten noch Fragen bestehen, kann sich der Mandant jederzeit melden. 

Im Rahmen einer Videokonferenz übersende ich dem Mandanten vorab einen Link, den er nur anzuklicken braucht, um an der Videokonferenz teilzunehmen. Er benötigt keinerlei spezielle Software. 

Unterschiede zu den Beratungsterminen vor Ort gibt es in der Regel nicht. Dokumente werden alle online über einen verschlüsselten Server ausgetauscht oder auf Wunsch auch postalisch. 

Ein enormer Vorteil für die Mandanten ist die Zeitersparnis. Sie müssen nicht extra zu mir in die Kanzlei fahren. Dadurch nutzen auch viele Mandanten, die nicht in der Region wohnen, mein Beratungsangebot. 

Worauf legen Sie besonders Wert, wenn Sie die Beratung per Videochat durchführen? 

Mir ist es wichtig, dass meine Mandanten trotz der räumlichen Distanz eine persönliche Beratung erhalten. Sie sollen sich verstanden und gut aufgehoben fühlen. Nicht selten herrscht in den ersten wenigen Minuten etwas „Unsicherheit“ bei den Mandanten. Ich versuche diese Unsicherheit meinen Mandanten jedoch schnell zu nehmen und eine gute Beratungssituation zu schaffen. 

Aus welchen Ihrer Rechtsgebiete kommen die meisten Anfragen für eine Rechtsberatung per Videochat?  

Die meisten Anfragen erhalte ich aus den Gebieten des Strafrechts, Opferschutzrechts und Familienrechts.  

Können Sie aus Ihrer Erfahrung sagen, welche Personen das Angebot, sich online beraten zu lassen, besonders häufig nutzen? 

Die Mandanten spiegeln dabei alle Altersklassen wider. Nicht nur besonders junge Menschen nutzen den Vorteil der Videokonferenz. Durch die Corona-Pandemie haben viele die Berührungsangst vor Online-Rechtsberatung verloren. Sollten dennoch Unklarheiten und Fragen zu technischen Abläufen bestehen, beantworte ich diese vorab gerne. 

Sie sind seit 2015 Mitglied bei anwalt.de. Probieren Sie alle Neuerungen aus, die sich bieten? Welche Funktionen nutzen Sie regelmäßig?  

Ich bin ein großer Fan von anwalt.de, da es mir gute Möglichkeiten eröffnet, viele Mandanten zu erreichen und leicht den Kontakt herzustellen. Ich nutze alle Funktionen auf anwalt.de. So veröffentliche ich beispielsweise regelmäßig Rechtstipps, lade Mandanten ein, mich zu bewerten, nutze die Nachrichtenfunktion bei anwalt.de oder biete auch Rechtsprodukte an. 

Wie gehen Sie vor, um Ihre digitale Reichweite zu erhöhen? 

Die Veröffentlichung von Rechtstipps auf anwalt.de und die Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram sind für mich ein unverzichtbares Mittel, um meine digitale Reichweite zu erhöhen. 

Wie ist Ihre Einschätzung: Wird digitale Rechtsberatung in Zukunft die Regel sein? Löst sie die Beratung vor Ort ab? 

Ich bin davon überzeugt, dass der Anteil der digitalen Rechtsberatung noch weiter ansteigen wird, denn es bringt diverse Vorteile mit sich. Die Beratung vor Ort kann in Einzelfällen sicherlich abgelöst werden, jedoch vermute ich, dass neben der Online-Beratung auch der persönliche Beratungsbedarf vor Ort bestehen bleiben wird. Insofern wird es vermutlich auf eine gute Mischung zwischen digitaler Beratung und Beratung vor Ort hinauslaufen. 

Haben Sie auch schon an Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz teilgenommen? Welche Vor- und Nachteile sehen Sie darin? 

An Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz habe ich bereits teilgenommen. Diese ermöglichen – nicht nur in der Corona-Pandemie – deutliche Flexibilität. So spart man sich Reisezeit oder die Inanspruchnahme eines Terminsvertreters. Leider führen Gerichtsverhandlungen in Deutschland noch ein Schattendasein. 

Nicht selten werden Anträge zur Durchführung einer Videokonferenz, die ich bei auswärtigen Gerichten gestellt habe, unter dem Hinweis, es könne ein Terminsvertreter entsandt werden, abgelehnt. Aus meiner Sicht bedarf es noch mehr Schulungen und bessere technische Ausstattung der Justiz, damit mehr Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz möglich sind. 

Rechtsanwältin Sandra Baumann ist mit einem persönlichen Profil auf anwalt.de vertreten. Sie ist Gründerin der digitalen und persönlichen Kanzlei webanwalt24.de mit Sitz in Oldenburg. Ihren Mandanten steht sie als Anwältin u. a. für Familienrecht, Strafrecht und Zivilrecht zur Seite. 

(THH; ZGRA) 

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