Entschädigungen für Zeitaufwand sind steuerfrei
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Entschädigungen, die Schöffen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit an den Gerichten erhalten, sind nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Einkommensteuererklärung unterschiedlich zu behandeln. Aber wer kann überhaupt als ehrenamtlicher Richter tätig sein, welche Entschädigungen werden gezahlt und wie sind sie zu versteuern? Die Redaktion von anwalt.de klärt die wichtigsten Fragen zur Entscheidung des BFH.
Ehrenamtliche Richter bekommen verschiedene Entschädigungen
Gerichtsentscheidungen werden in Deutschland nicht nur von ausgebildeten Juristen mit zwei Juristischen Staatsexamina (Berufsrichter) gefällt, sondern an ihnen wirken oft auch Schöffen mit. Schöffen sind „normale“ Bürger, die neben ihrer eigenen beruflichen Tätigkeit das Richteramt für einen bestimmten Zeitraum ehrenamtlich ausüben. Aus diesem Grund nennt man sie auch Laienrichter, denn sie haben in der Regel kein tiefgehendes juristisches Hintergrundwissen. Ihre Aufgabe ist es, den bürgerlichen Sachverstand und ein demokratisches Element in die Rechtsprechung einzubringen. Sie üben das Richteramt während der Hauptverhandlung deshalb ebenfalls in vollem Umfang und mit dem gleichen Stimmrecht aus wie die an der Verhandlung teilnehmenden Berufsrichter.
Da Schöffen das Richteramt ehrenamtlich ausüben, erhalten sie für ihre Tätigkeit am Gericht kein Entgelt. Sie bekommen aber nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) eine Entschädigung für die Nachteile, die durch ihre Schöffentätigkeit entstanden sind. Danach haben Schöffen beispielsweise Anspruch auf eine Entschädigung für Verdienstausfall, eine Entschädigung für Zeitversäumnis oder einen Ersatz der Fahrtkosten. Mit der Frage, wie diese Entschädigungszahlungen in der Einkommensteuer zu behandeln sind, musste sich nun der BFH beschäftigen.
Besteuerung von Entschädigungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter
In dem zugrunde liegenden Fall war ein angestellter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Jahr 2010 als ehrenamtlicher Richter am Landgericht tätig. Er erhielt hierfür 565 Euro als Entschädigung für den Zeitverlust, 2320 Euro als Entschädigung für den Verdienstausfall sowie den Ersatz seiner Fahrkosten, Parkgebühren und Aufwendungen.
Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gab die Entschädigungen in seiner Steuererklärung als Arbeitslohn ohne Steuerabzug an, das Finanzamt erfasste die Gesamtsumme von 2885 Euro als steuerpflichtige Einnahme. Damit war der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht einverstanden und legte erfolglos Einspruch gegen den Steuerbescheid ein. Am Ende musste das oberste Finanzgericht entscheiden, ob es sich bei den Entschädigungszahlungen um steuerfreies oder steuerpflichtiges Einkommen handelt.
Nur die Entschädigung für die Zeitversäumnis ist steuerfrei
Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Entschädigungen steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind. Während die Entschädigung für den Zeitverlust steuerfrei ist, unterliegt die Entschädigung für den Verdienstausfall der Steuerpflicht.
Entschädigung für die Zeitversäumnis
Die Entschädigung für Zeitversäumnis wird unabhängig davon gezahlt, ob dem Schöffen tatsächlich ein Einkommensverlust oder ein sonstiger Nachteil entsteht. Deshalb tritt die Entschädigungszahlung gerade nicht an die Stelle von entgangenen oder entgehenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit.
Auch eine Besteuerung als sonstige Einkunft scheidet aus, weil der Schöffe mit seiner richterlichen Tätigkeit gerade keinen wirtschaftlichen Leistungsaustausch betreibt. Sonstige Einkünfte im Sinne des Steuerrechts sind nur Einnahmen, die keiner der anderen sechs Einkunftsarten (selbstständige Arbeit, nichtselbstständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft) zugeordnet werden können und aus Leistungen stammen, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können. Danach sind Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten nur dann steuerpflichtige sonstige Einnahmen, wenn die Tätigkeit insgesamt auf einen Leistungsaustausch ausgerichtet ist. Bei ehrenamtlichen Richtern ist dieses Gegenseitigkeitsverhältnis gerade nicht gegeben, sondern der Schöffe soll lediglich pauschal für die entstandene Zeitversäumnis entschädigt werden. Deshalb sind diese Entschädigungszahlungen nicht zu versteuern.
Entschädigung für den Verdienstausfall
Im Gegensatz zur Entschädigung für die Zeitversäumnis wird die Entschädigung für den Verdienstausfall als Ersatz für den entfallenden Arbeitslohn der Schöffen gezahlt. Diese Zahlungen treten deshalb an die Stelle der steuerbaren Einkünfte des Laienrichters, die dieser andernfalls durch seine übliche Arbeit in dieser Zeit erhalten hätte. Sie müssen deshalb versteuert werden.
Fazit: Nach der aktuellen Entscheidung des BFH müssen ehrenamtliche Richter nur noch einen Teil ihrer Entschädigungen versteuern. Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzämter sind Entschädigungen für den Zeitaufwand der Laienrichter keine steuerpflichtigen Einkünfte.
(BFH, Urteil v. 31.01.2017, Az.: IX R 10/16)
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