Erbrechtliche Gestaltungen in Patchwork-Familien

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In Deutschland ist heute jede sechste Familie eine sogenannte „Patchwork“-Familie, also eine Familie, in der Vater, Mutter und Kinder aus verschiedenen Ursprungsfamilien oder Partnerschaften stammen. Diese Familienform birgt erhebliche erbrechtliche Risiken, die aber durch individuelle testamentarische Gestaltungen weitestgehend begrenzt werden können.

Beim Tod eines Elternteils sind nur dessen Abkömmlinge und sein Ehegatte gesetzliche Erben. Sollen Stiefkinder oder ein nicht verheirateter Lebenspartner des Erblassers für den Todesfall abgesichert werden, muss ein Testament errichtet werden. Unverheiratete Eltern können nicht durch ein gemeinschaftliches Testament vorsorgen; sie müssen einen – den Überlebenden grundsätzlich bindenden – Erbvertrag oder – einseitig widerrufliche – Einzeltestamente errichten.

Hat ein verwitweter Elternteil mit seinem früheren Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag errichtet, ist eine eventuelle Bindungswirkung dieser letztwilligen Verfügungen zu beachten. Bei Schenkungen eines gebundenen Erblassers drohen nach dem Erbfall Rückforderungsansprüche der Schluss- bzw. Vertragserben. Zum Schutz der beschenkten Patchwork-Familienmitglieder sollte ein – die Rückforderung ausschließendes – lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers in der Zuwendungsvereinbarung dokumentiert werden.

Geschiedene, die Kinder aus früheren Ehen haben, laufen Gefahr, dass der Ex-Partner mittelbar über das gemeinsame Kind am eigenen Nachlass partizipiert: Stirbt nämlich das Kind ohne Hinterlassung eigener Abkömmlinge, so ist der andere Elternteil gesetzlicher Erbe zweiter Ordnung. Aber selbst wenn das Kind eine letztwillige Verfügung errichtet hat, stehen dem anderen Elternteil zumindest Pflichtteilsansprüche gegen das gemeinsame Kind zu.

Geschiedene Ehepartner sollten hier durch ein sogenanntes „Geschiedenentestament“ vorsorgen: Der Nachlass des Geschiedenen wird dabei entweder durch Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft oder durch ein Herausgabevermächtnis vor dem Zugriff des Ex-Ehepartners geschützt.

Nicht bekannt ist oft, dass der Ex-Ehegatte seinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gem. § 1586b BGB gegen die Erben des geschiedenen Ehegatten geltend machen kann. Diese haften begrenzt auf den Betrag des fiktiven Pflichtteils des Ex-Ehegatten. Diese fiktive Pflichtteilsquote wird zwar durch neu hinzutretende pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge, nicht aber bei einer Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen gemindert.

Letztwillige Verfügungen in Patchwork-Familien

Eheleute mit Kindern aus verschiedenen Beziehungen möchten sich oft für den ersten Erbfall gegenseitig letztwillig absichern; schlussendlich soll aber das Vermögen bei den jeweils eigenen Kindern ankommen. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass der andere Ehepartner als Vorerbe und die eigenen Abkömmlinge als Nacherben eingesetzt werden. Tritt der Nacherbfall ein, haben die Abkömmlinge des anderen Ehegatten dann keinerlei Rechte, insbesondere keine Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche an diesem Nachlass.

Alternativ hierzu bietet sich an, die jeweiligen eigenen Kinder als Vollerben einzusetzen und den Ehegatten durch Geld-, Nießbrauchs-, Wohnungsrechts- und/oder Hausratsvermächtnisse zu versorgen. Die Durchsetzung dieser Vermächtnisse kann durch Einsetzung des Ehegatten als Testamentsvollstrecker abgesichert werden. In die letztwillige Verfügung sollte auch ein Anfechtungsverzicht aufgenommen werden, damit die letztwillige Verfügung auch für den Fall der Wiederverheiratung oder der Geburt eines weiteren Kindes bestandsfest bleibt.

Pflichtteilsrisiken bei Patchwork-Familien

Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen muss der Testierende stets den Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen beachten: Dies sind zum einen die leiblichen oder adoptierten Abkömmlinge des Erblassers, ein möglicherweise noch nicht geschiedener, aber getrennt lebender Ehegatte und bei kinderlosen Erblassern dessen Eltern. Stiefkindern oder Geschwistern des Erblassers steht dagegen kein Pflichtteilsrecht zu. Der Erblasser sollte versuchen, mit diesen Pflichtteilsberechtigten einen – beurkundungspflichtigen – Pflichtteilsverzichtsvertrag abzuschließen, der regelmäßig nur gegen Abfindung zu erhalten sein wird. Er sollte auch darauf achten, dass lebzeitige Zuwendungen an diese pflichtteilsberechtigten Personen „unter Anrechnung auf den Pflichtteil“ erfolgen.

Fazit: Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen für die Mitglieder von Patchwork-Familien verbietet sich jede „Standardlösung von der Stange“. Der Berater muss vielmehr individuelle Lösungen entsprechend den konkreten familiären Verhältnissen entwickeln.


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