Erschütterter Beweiswert der unter Verstoß gegen Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ausgestellten Krankschreibung?
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Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt bekanntlich ein hoher Beweiswert zu, der aber erschüttert werden kann. Anders als früher zeigt sich die Rechtsprechung zuletzt etwas „offener“ für die Annahme einer Erschütterung des Beweiswertes. Der vorliegende Beitrag stellt eine weitere Entscheidung des BAG dazu vor und ordnet sie ein. Darin hatte das BAG zu beurteilen, ob und ggf. wann der Beweiswert einer unter Verstoß gegen die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist.
Thema
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG. Der Beweis der Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Übermittlung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geführt (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG bzw. § 5 Abs. 1a S. 2 EFZG). Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist hierzu das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel (vgl. auch § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Ihr kommt daher ein hoher Beweiswert zu. Jedoch kann der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und notfalls beweist, die Zweifel an der Erkrankung ergeben. Dies hat zur Folge, dass der Bescheinigung dann kein Beweiswert mehr zukommt.
Ist der Beweiswert erschüttert, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage/Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen (vgl. BAG, Urteil vom 08.09.2021, 5 AZR 149/21). Hierzu ist substanziierter Vortrag z.B. dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden. Er muss also zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Soweit er sich dazu auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte beruft, muss er zudem die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden.
Tendenz: Erschütterung des Beweiswertes etwas leichter möglich
Im Vergleich zu früher ist für Arbeitgeber aufgrund der Rechtsprechung in den letzten Jahren – etwas – leichter geworden, sich auf eine Erschütterung des Beweiswertes zu berufen. Dies führt auch zu häufigeren arbeitgeberseitigen Versuchen, sich auf eine solche Erschütterung zu berufen. Diese Rechtsprechungsentwicklung wurde etwa bereits im Beitrag Entgeltfortzahlung nur bei Angaben zur Krankheit? – Teil 1: erschütterter Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgestellt.
In diese Entwicklung reiht sich eine Entscheidung des BAG aus dem abgelaufenen Jahr 2023 ein (BAG, Urteil vom 28.06.2023, 5 AZR 335/22). In der Entscheidung hat das BAG die Annahme der Vorinstanzen, die eine Erschütterung des Beweiswertes verneint und den Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestätigt haben, nicht beanstandet.
Mehr dazu lesen Sie in unserem Blog unter: Erschütterter Beweiswert der unter Verstoß gegen Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
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