Fahrlässiger gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b StGB - vom Fachanwalt erklärt
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§ 315b StGB regelt den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Strafbar ist sowohl die vorsätzliche als auch nach Absatz 4 und 5 die fahrlässige Begehung dieser Straftat. Sollten Sie beschuldigt werden strafbar in den Straßenverkehr eingegriffen zu haben, dann wird Ihnen der folgende Beitrag von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk (Fachanwalt für Strafrecht & Verkehrsrecht in Coesfeld) alle wichtigen Informationen für Ihr weiteres Vorgehen liefern. Der Beitrag legt den Schwerpunkt auf die fahrlässige Begehung.
Wann liegt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vor?
Es gibt drei Tatvarianten des § 315b Abs. 1 StGB. Ein gefährlicher Eingriff kann erfolgen, indem der Täter
- Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt (Nr. 1),
- Hindernisse bereitet (Nr. 2) oder
- einen ähnlichen, genauso gefährlichen Eingriff vornimmt (Nr. 3).
Durch den Eingriff muss Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet worden sein. Ein bedeutender Wert liegt ab mindestens 750 Euro vor.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes muss eine konkrete Gefährdung vorliegen, jedoch kein Schaden eingetreten sein. Die vorsätzliche Begehung des Deliktes wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Was ist alles unter dem Begriff „Straßenverkehr“ zu verstehen?
Unter dem Begriff „Verkehr“ sind jegliche Verkehrsform im öffentlichen Straßenraum gemeint. Folglich sind sowohl der Autoverkehr als auch Fahrradfahrer und Fußgänger erfasst. Der Begriff „Straße“ umfasst Straßen, Wege und Plätze sowie auch Rad- und Gehwege sowie ähnliche Nebenanlagen des Straßenraums.
Nicht umfasst sind Straßengräben, bepflanzte Mittelstreifen, Zierrasen vor staatlichen Gebäuden oder Felder.
Fahrlässige Begehung gem. § 315b Abs. 5 StGB
Insbesondere relevant in der Praxis ist die fahrlässige Begehung des § 315b StGB.
Fahrlässig handelt nach der Rechtsprechung, wer eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, sofern er diese nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte, und wenn gerade die Pflichtwidrigkeit objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat.
Im Fall des § 315b Abs. 5 StGB müssen sowohl das Verhalten als auch die Gefahr fahrlässig verursacht worden sein. Bestraft wird dieses Verhalten mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe.
Fahrlässig ein Hindernis bereiten gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 StGB
Näher beleuchtet werden soll nun die Tatvariante des „Hindernis bereiten“ gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB. Diese Tatvariante kann auch fahrlässig begangen werden.
Ein Hindernisbereiten stellt eine Einwirkung im Verkehrsraum dar, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern. Zum Beispiel die unzureichende Absicherung einer Straßenbaustelle stellt einen solchen Fall dar. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die ungenügende Absicherung einer Baustelle zu (tödlichen) Unfällen führen kann und dies ist demnach strafbar.
Ein anderes Beispiel wäre das Stoßen eine Person, welche dadurch stolpert und auf der Fahrbahn hinfällt. Die Person stellt auf der Fahrbahn ein Hindernis i.S.v. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB dar. Sollte dadurch eine konkrete Gefahr entstehen, ist die stoßende Person zumindest fahrlässig strafbar.
Gegenstände, welche unfallbedingt auf die Fahrbahn gelangen oder vom Täterfahrzeug gefallen sind, sind ebenfalls ein Hindernis. Andere Verkehrsteilnehmer müssen vor den gefährlichen Hindernissen geschützt werden. Wird es fahrlässig unterlassen sie zu entfernen, dann macht man sich strafbar. Ebenso unterfallen in einer Straßenkurve verschüttete Schmierstoffe wie z.B. Altöl der Nr. 2.
Achtung: Unvermeidbare Straßenverschmutzung durch landwirtschaftliche Arbeiten ist hingegen keine zurechenbare, erhebliche Beeinträchtigung der Fahrbahneigenschaft, soweit sich andere Fahrzeugführer in ländlichen Gegenden darauf einzustellen haben.
Typischerweise wird ein Hindernis bereiten, indem die Straße oder der Fuß- und Radweg durch Gegenstände versperrt ist. Dies kann zum Beispiel durch einen umgefallenen Gartenzaun verwirklicht werden, welcher fahrlässig nicht beseitigt wird und dadurch eine Gefahr für Fußgänger und Radfahrer bildet oder Leuchtpfosten, welche aus ihrer Halterung entfernt werden und liegen gelassen werden (so AG Schwalmstadt, Urt. v. 21.02.2007 – 43 Ds – 4 Js 11934/06). Durch das Hindernis wird den Verkehrsteilnehmern der Weg versperrt und insbesondere abends im Dunkeln entsteht dadurch eine Gefahr.
Jedoch scheidet § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB aus, wenn es dem Verkehrsteilnehmer ohne weiteres möglich ist, an dem Hindernis vorbeizugehen. Sollte es also den Verkehrsteilnehmern möglich sein auszuweichen, dann kann dies die Strafbarkeit aufheben.
Letzteres ist für einen erfahrenen Strafverteidiger ein bedeutsamer Ansatz für die Strafverteidigung. Sollte Ihnen vorgeworfen werden ein Hindernis bereitet zu haben, dann muss ausgiebig geprüft werden, inwiefern für die Verkehrsteilnehmer ein Ausweichen möglich war. Sollte für das vermeintliche Tatopfer ein Ausweichen möglich gewesen sein, dann entfällt die Strafbarkeit. Zudem ist eingehend zu prüfen, ob Ihnen tatsächlich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann. Dies muss anhand der konkreten Umstände der Tat ermittelt werden.
Gefährlicher Eingriff durch Pyrotechnik an Silvester?
Jedes Jahr an Silvester wird verschiedenste Pyrotechnik verwendet. Sowohl Raketen, Böller als auch Batterien werden gezündet. Diese Pyrotecknick gerät erfahrungsgemäß oftmals auch unkontrolliert auf die Straße. Sollten sich zu dem Zeitpunkt andere Verkehrsteilnehmer auf der Straße befinden, dann kann durch den Einsatz der Pyrotechnik gegebenenfalls ein Hindernis i.S.v. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB entstehen und eine Strafbarkeit des „Abfeuernden“ begründen.
Droht der Entzug der Fahrerlaubnis?
Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB kommt bei einem solchen Außeneingriffen in den Verkehr grundsätzlich nicht in Frage, weil es an dem erforderlichen „Zusammenhang“ i.S.d. § 69 StGB fehlt.
Achtung: Jedoch darf ein Gericht im Falle der Verurteilung allein schon wegen des Straßenverkehrsbezugs ein Fahrverbot bis zu sechs Monaten aussprechen.
Komplexe Vorwürfe fordern versierte Strafverteidigung!
Der Tatvorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist vielseitig und an verschiedenste Voraussetzungen gebunden, die man als Beschuldigter und Nichtjurist kaum überblicken kann. Sollten Sie beschuldigt werden, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr begangen zu haben, dann ist Ihnen dringend zu raten, einen professionellen Strafverteidiger zu engagieren. Dieser kann Ihnen beistehen und die Strafbarkeit ihres Verhaltens überprüfen. Tätigen Sie keine unüberlegten Aussagen gegenüber der Polizei. Solche Aussagen können Ihnen negativ angelastet werden und insbesondere dazu genutzt werden den Fahrlässigkeitsvorwurf Ihnen gegenüber zu begründen.
Ein solches Strafverfahren sollte nicht unterschätzt werden. Es ist vor allem psychisch eine besonders starke Belastung. Ein versierter Strafverteidiger prüft Ihren Fall und kann auf eine Einstellung des Verfahrens hinarbeiten. Heiko Urbanzyk ist Fachanwalt für Strafrecht & Verkehrsrecht - bundesweit, aber insbesondere im Münsterland (Dülmen, Stadtlohn, Reken, Gescher, Borken, Ahaus usw.) steht er Ihnen als Rechtsbeistand im Verkehrsstrafverfahren zur Verfügung.
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