Fahrradfahrer trifft kein Mitverschulden bei Sturz über einen über den Weg gespannten Draht
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Mit Urteil vom 23.04.2020, Az.: III ZR 250/17 und III ZR 251/17 hat der BGH entschieden, dass ein Radfahrer grundsätzlich nicht mit einem quer über einen Feldweg gespannten, ungekennzeichneten Stacheldraht rechnen muss und es deshalb kein Mitverschulden an einem Unfall darstellt, wenn er seine Fahrgeschwindigkeit auf ein solches Hindernis nicht einstellt und deshalb zu spät davor bremst.
Im zu entscheidenden Fall hat ein Fahrradfahrer gegen eine Gemeinde und zwei Jagdpächter Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend gemacht, nachdem er mit seinem Mountainbike schwer verunfallt war. Der Kläger befuhr einen Feldweg über welchen Stacheldrähte gespannt waren. Als er diese bemerkte, führte er eine Vollbremsung durch und stürzte kopfüber in das Hindernis. Durch den Sturz erlitt der Kläger einen Bruch des Halswirbels und als Folge eine komplette Querschnittslähmung unterhalb des vierten Halswirbels.
Das Landgericht hatte die Klagen des Klägers und seines Dienstherren abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung das Ersturteil teilweise abgeändert und den Klagen teilweise stattgegeben. Allerdings hat es dem Kläger ein Mitverschulden in Höhe von 75 % angelastet.
Auf die hiergegen eingelegte Revision hat der Bundesgerichtshof die Urteile des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückverwiesen.
Der BGH hat im Rahmen seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Verkehrssicherungspflichten schuldhaft verletzt werden, wenn über einen Weg, welcher für Radfahrer zugelassen ist, ein nicht auffällig gekennzeichneter Stacheldraht gespannt wird. Ein Fahrradfahrer muss mit einem solchen Hindernis nicht rechnen.
Weiter hat der BGH klargestellt, dass dem Kläger, entgegen der Ansicht des OLG, kein Mitverschulden anzulasten ist, da er nicht gegen das sogenannte Sichtfahrgebot verstoßen hat.
Dieses Gebot verlangt, dass ein Fahrer vor einem Hindernis, das sich innerhalb der übersehbaren Strecke auf der Straße befindet, anhalten kann. Nach den Ausführungen des BGH verlangt es jedoch nicht, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit auf Hindernisse einrichtet, die aus großer Entfernung noch nicht zu erkennen sind. Um ein solches Hindernis handelt es sich jedoch bei einem über einen Weg gespannten Draht, welcher nicht auffällig gekennzeichnet ist. Würde man verlangen, dass sich ein Radfahrer auch hierauf einstellen muss, könnte er nur noch mit sehr geringem Tempo fahren.
Dem Kläger ist nach den Ausführungen des BGH auch nicht eine falsche Reaktion auf das Hindernis als Mitverschulden anzulasten. Eine falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers stelle dann keinen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß dar, wenn dieser in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlichem Erschrecken objektiv falsch reagiert.
Der BGH hat allerdings auch ausgeführt, dass die Benutzung sogenannter Klickpedale auf einem unbefestigten unebenen Feldweg ein Mitverschulden des Klägers begründen könnte, welches jedoch höchstens mit 25 % anzusetzen wäre.
Da das Berufungsgericht hierzu noch weitere Feststellungen zu treffen hat, wurde die Sache zurückverwiesen.
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