Fehlende Zeiterfassung bei Raucherpause führt zu Arbeitszeitbetrug!

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Fehlerhafte Arbeitszeiterfassung durch das Nichtausstempeln während oder wegen einer Raucherpause kann zu einer Abmahnung und/oder gar einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber führen.


Ein Arbeitszeitbetrug liegt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Thüringen v. 03.05.2022, Az. 1 Sa 18/21 dann vor, wenn eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer die Zeiterfassung bewusst nicht bedient, wenn eine Zigarettenpausen genommen wird. Das Nichtausstempeln während oder für eine Zigarettenpause führt zu einem Arbeitszeitbetrug, das keine ordnungsgemäße Bedienung des Arbeitszeitsystems besteht.


Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die gekündigte Arbeitnehmerin war bei der Bundesagentur für Arbeit als Arbeitsvermittlerin seit dem Jahr 1990 beschäftigt. Für jeden Mitarbeiter wird ein eigenes Arbeitszeitkonto geführt. Die Arbeitszeit ist bei jedem Betreten oder Verlassen der Dienst-/Arbeitsstätte zu erfassen, egal aus welchem Grund. Dies insbesondere bei Raucherpausen oder auch bei Pausen in der Kantine. Das Arbeitszeitkonto erfasst alle Buchungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beschäftigten.

Bei standardisierten Kontrollen wurden bei der Arbeitszeiterfassung der gekündigten Arbeitnehmerin Unregelmäßigkeiten festgestellt. Der Arbeitgeber forderte deshalb die Arbeitnehmerin zur Stellungnahme auf. Die Arbeitnehmerin bestätigte die Unregelmäßigkeiten dahingehend, dass sie die Raucherpausen nicht ordnungsgemäß erfasst habe. Die Raucherpausen waren jedoch wegen ihrer Nikotinsucht notwendig so die Arbeitnehmerin.

Der Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit in Person des örtlichen Arbeitsamtes kündigte der Arbeitnehmerin außerordentlich, fristlos, hilfsweise wurde eine ordentliche fristlose Kündigung zum 30.9.2019 ausgesprochen. Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin am 26.02.2019 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht (ArbG) Suhl.


Arbeitsrechtliche Regelung

Eine fristlose, außerordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung kann Seitens des Arbeitgebers dann ausgesprochen werden, wenn nach § 626 BGB ein wichtiger Grund vorliegt.

Grds. bedarf jede Kündigung einer vorherigen Abmahnung. Eine Abmahnung kann jedoch entbehrlich sein. Ob eine Abmahnung entbehrlich ist, ist anhand des sog. Prognoseprinzips zu beurteilen. Eine verhaltensbedingte Kündigung soll nicht das bisherige Verhalten sanktionieren, sondern künftige Vertragsstörungen verhindern.

Eine Abmahnung ist dann entbehrlich, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer derart zerrüttet ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, die Frist einer ordentlichen Kündigung hinzunehmen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wen eine so schwere Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers vorliegt, deren bereits erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar ist.


Entscheidung des ArbG Suhl und des LAG Thüringen

Das Arbeitsgericht Suhl lies die Kündigungsschutzklage zwar zu – Az. 6 Ca 248/19 – wies die Klage jedoch mit Urteil vom 29.07.2020 als unbegründet ab. Die Kündigung sei nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz wirksam.

Die Arbeitnehmerin legte hiergegen Berufung ein. Dies ohne Erfolg, da das LAG Thüringen das erstinstanzliche Urteil bestätigt hat.

Wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber über seine Arbeitsleistung täuscht, indem er vorgibt, seine Arbeitsleistung korrekt erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist, liegt ein Arbeitszeitbetrug vor, welcher eine schwere Pflichtverletzung begründet.

Diese Pflichtverletzung stellt einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 BGB dar, welcher eine außerordentliche, fristlose Kündigung begründet. Dieser Grund rechtfertigt bereits eine ordentliche Kündigung. Die Arbeitnehmerin habe ihre Pflicht aus dem Arbeitsvertrag, die Pflicht zur korrekten Dokumentation der Arbeitszeit verletzt.

Gleiches gilt auch dann, wenn ein Arbeitnehmer seine Pausen erheblich überzieht und so die Arbeitszeit nicht korrekt erfasst. Ein Arbeitgeber darf bei einem Gleitzeitmodell auf eine ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeitszeit von an derartigen Gleitzeitmodellen teilnehmenden Arbeitnehmern vertrauen, so das LAG Thüringen.

Bereits mit Urteil v. 03.05.2022 – Az. 1 Sa 18/21 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass bewusst falsche Angaben hinsichtlich der Arbeitszeit oder eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeitszeit eine vorherige Abmahnung ausschließen.

Auch der Einwand der Arbeitnehmerin, das ihr Verhalten auf ihre Nikotinsucht zurückzuführen sei, greife nicht, so das LAG Thüringen, da dies zwar mehr Raucherpausen erklären könne, jedoch nicht die Verletzung der Dokumentationspflicht aus dem Arbeitsvertrag.

Das LAG Thüringen stellte fest, dass die Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Kenntnis der Dokumentationspflicht und der Schwere des Vertrauensbruches, sowie eines strafrechtlich relevanten Verhaltens, nicht davon ausgehen durfte, dass der Arbeitgeber das Verhalten ohne Sanktion hinnehmen würde.


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