Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bei hohen Einkünften
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Die Düsseldorfer Tabelle ist seit dem 01.01.2022 bis zu einer Einkommensgrenze von € 11.000 erweitert worden. Es soll im Folgenden beleuchtet werden, wie die Ausweitung genau gehandhabt wird und welche Überlegungen der BGH seiner geänderten Rechtsprechung zu Grunde gelegt hat.
1. Düsseldorfer Tabelle bis 31.12.2021
Bisher endete die Tabelle bei einem Einkommen von € 5.100. Darüber hinaus nahmen die Kinder an einem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht mehr teil. Der BGH ging bislang davon aus, dass die Lebensstellung Minderjähriger vom "Kindsein" geprägt sei und eine Teilhabe am Luxus der Eltern über den Kindesunterhalt nicht stattfinden solle (BGH FamRZ 2000, 358).
2. Düsseldorfer Tabelle ab 01.01.2022
Beruhend auf einem Beschluss des BGH vom 16.09.2020 ist nun eine Erweiterung der Tabelle erfolgt. Danach muss bei höherem Elterneinkommen sichergestellt werden, dass Kinder in einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern Rechnung trägt.
Es sind beginnend mit einem bereinigten Einkommen von € 5.501 fünf weitere Einkommensgruppen gebildet worden. Die Tabelle endet jetzt mit einem bereinigten Einkommen von 11.000 EUR (200% des Mindestbedarfs). Die neue Tabelle nebst Anmerkungen beruht auf Koordinierungsgesprächen, die unter Beteiligung aller Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. stattgefunden haben.
Für den Kindesunterhalt spielen Einkommen von über € 5.500 in der Praxis eher selten eine Rolle. Nach den veröffentlichten Steuerdaten für Deutschland bildete die bisherige Düsseldorfer Tabelle 95 % aller Kindesunterhaltsfälle ab. Praktische Bedeutung der zusätzlichen Einkommensgruppen ist aber vor allem bei Konstellationen zu erwarten, in welchen es auf das zusammengerechnete Einkommen beider Elternteile ankommt (beispielsweise beim Unterhalt für volljährige Kinder).
Erhöhter Kindesunterhalt kann im Wege der Fortschreibung der Tabelle somit bis zur neuen Schallgrenze eines Einkommens von zurzeit 11.000,00 € verlangt werden. Oberhalb dieser Grenze kommt ein weitergehender Unterhalt lediglich bei einer konkreten Darlegung des Bedarfs des Kindes in Betracht.
Das OLG Hamm hat eine Verteidigungsmöglichkeit des zahlungspflichtigen Elternteils dargestellt. Auf der Grundlage der sogenannten "Haushaltsbuch-Entscheidung" hat das Gericht eine Fortschreibung der Tabelle verneint, wenn die Eltern z. B. aus erzieherischen Gründen in der Vergangenheit für das Kind weniger ausgegeben haben, als jetzt nach Tabelle geltend gemacht wird.
3. Zugrunde liegender BGH-Beschluss
In einem Beschluss aus dem Jahre 2020 hat der BGH eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle über den bisherigen Höchstbetrag hinaus zugelassen (BGH FamRZ 2021,28). Die Beweggründe waren folgende:
Eine Erweiterung der pauschalen Berechnung ist nach BGH geboten, da die Teilhabe an der Lebensführung auch für Kinder von Eltern gelten, die in besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Für eine solche Teilhabe ist es nach BGH nicht erforderlich, dass sich das Kind vor der Trennung an diese außergewöhnlichen Verhältnisse gewöhnt haben muss. Das Kind kann auch erst nach der Trennung der Eltern einen erhöhten Bedarf oder erstmals entstandene Bedarfspositionen gegenüber dem Unterhaltspflichtigen geltend machen.
Der BGH sieht insbesondere die Gefahr eines "Luxusniveaus" bei Fortschreibung der Tabelle nicht. Dies deshalb, da sich die Steigerungssätze am Mindestunterhalt orientieren und die Beteiligungsquote des Kindes am Elterneinkommen stetig abnimmt. Eine Fortschreibung der Tabelle in größeren Einkommensgruppen führt nur zu moderaten Steigerungen. Zudem ist die Möglichkeit der konkreten Bedarfsbestimmung (s. o.) weiterhin gegeben.
Zusammenfassung: Die Unterhaltskommission des deutschen Familiengerichtstages sowie die beteiligten Oberlandesgerichte haben die ergangene BGH-Entscheidung berücksichtigt und eine neue Struktur der Düsseldorfer Tabelle geschaffen. Die Umsetzung der Entscheidung war in der Literatur durchaus umstritten. Einige Vorschläge reichten bis zur einer Fortschreibung der Tabelle auf 24 Einkommensgruppen und einem Höchstwert von 272 % des Mindestunterhalts. Nunmehr wurde eine moderate Ergänzung der Tabelle auf insgesamt 15 Einkommensgruppen mit einem Höchstsatz von 200 % des Mindestunterhalts vorgenommen. Hiermit ist in den Augen der Unterhaltskommission eine Grenze erreicht, bis zu der noch eine pauschale Bemessung des allgemeinen Lebensbedarfs sachgerecht ist.
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