Gebäudeversicherung - Was Sie zur Neuwertspitze wissen müssen

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In der Gebäudeversicherung ist entscheidend, ob der Zeitwert oder der Neuwert entschädigt wird. Versicherungsbedingungen verlangen oft, dass der Versicherungsnehmer den Neuwert nur erhält, wenn er innerhalb von drei Jahren nach einem Schaden die Wiederherstellung des Gebäudes nachweisen kann. Die Versicherungswertfestlegung erfolgt durch Gesetz meist auf Basis des Zeitwerts, wobei eine vertragliche Vereinbarung den Neuwertersatz ermöglichen kann. Schwierigkeiten treten auf, wenn die Schadensregulierung sich in die Länge zieht und der Versicherungsnehmer die dreijährige Frist zur Sicherstellung nicht einhalten kann. Rechtlich gesehen gibt es keine automatische Hemmung der Frist durch das Gesetz, doch eine Fristverlängerung ist durch individuelle Vereinbarung mit dem Versicherer oder durch Gerichtsentscheid möglich. Um den Neuwertanspruch nicht zu verlieren, sollte der Versicherungsnehmer fristgerecht Maßnahmen ergreifen, die den Willen zur Wiederherstellung klar erkennen lassen, wie zum Beispiel den Abschluss eines Bauvertrages. Insgesamt stellt die Bewältigung der strengen Wiederherstellungsklauseln eine Herausforderung dar, die rechtzeitige Fristverlängerungsanfragen oder die tatsächliche Sicherstellung der Wiederherstellung erfordert.

In der Gebäudeversicherung hängt die Höhe der Versicherungsleistung im Schadenfall davon ab, ob der Versicherer den Ersatz nur des Zeitwerts oder auch des Neuwerts vertraglich zugesichert hat.

1. Problemstellung

In den Versicherungsbedingungen wird oft festgelegt, dass der höhere Neuwert nur dann ersetzt wird, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von drei Jahren nach dem Schadenereignis die Wiederherstellung des Gebäudes sicherstellt. Diese „Frist zur Sicherung der Wiederherstellung“ wird durch sogenannte Wiederherstellungsklauseln geregelt. Für den Versicherungsnehmer stellen sich dabei zwei zentrale Fragen: Was ist notwendig, um die „Sicherstellung der Wiederherstellung“ gemäß den Versicherungsbedingungen zu erfüllen? Und gibt es Möglichkeiten, die dreijährige Frist zur Sicherung der Wiederherstellung zu verlängern oder ihren Ablauf zu hemmen, besonders wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb der Frist entscheiden kann?

2. Ausgangspunkt

Die Versicherungsbedingungen regeln die Höhe der Entschädigung, oft basierend auf den Musterbedingungen der Feuerversicherung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), die festlegen, dass der Versicherungswert vor dem Schadenereignis ersetzt wird. Der Versicherungswert beschreibt den tatsächlichen Wert der versicherten Sache, wobei es unterschiedliche Auffassungen über die Ermittlung des tatsächlichen Wertes gibt. Grundsätzlich erfolgt die Weichenstellung durch die Frage, ob der tatsächliche Wert durch den Zeitwert oder den Neuwert dargestellt wird. Der Neuwert beschreibt die Kosten für die Wiederbeschaffung in neuwertigem Zustand, während der Zeitwert durch Abzug der Wertminderung aufgrund von Abnutzung vom Neuwert ermittelt wird. Das Gesetz bestimmt den Versicherungswert grundsätzlich anhand des Zeitwerts (§ 88 VVG), jedoch versprechen Versicherer oft den Ersatz des Neuwerts, da § 88 VVG nicht zwingend ist und vertraglich abweichende Regelungen möglich sind.

3. Wiederherstellungsklausel in der Gebäudeversicherung

Versicherungsverträge enthalten oft die „Frist zur Sicherstellung der Wiederherstellung“, die festlegt, dass der Versicherungsnehmer zunächst nur den Zeitwert ersetzt bekommt und die Differenz zum Neuwert (Neuwertspitze) nur erhält, wenn er das Gebäude tatsächlich wiederherstellt. Die GDV-Musterbedingungen besagen, dass der Anspruch auf den Neuwertanteil nur besteht, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von drei Jahren nach dem Schadensereignis die Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung sichergestellt hat. Diese strengen Wiederherstellungsklauseln sind verbreitet und sollen verhindern, dass der Versicherungsnehmer Vermögensvorteile durch den Versicherungsfall erhält, die seinen Schaden überkompensieren könnten.

4. Keine Hemmung der Frist kraft Gesetzes

Es kann vorkommen, dass die Regulierung eines Schadens mehrere Jahre dauert und selbst nach drei Jahren keine abschließende Entscheidung des Versicherers vorliegt. Da der Wiederaufbau erhebliche Investitionen erfordert und der Versicherungsnehmer ohne Klarheit über die Entschädigungszahlungen zögert, könnte er die Frist zur Sicherstellung der Wiederherstellung nicht einhalten und den Anspruch auf die Neuwertspitze verlieren. Die Hemmung des Ablaufs von Fristen gilt nur für Verjährungsfristen, nicht jedoch für die „Frist zur Sicherstellung der Wiederherstellung“. Die Rechtsprechung erkennt an, dass der Versicherer sich nicht auf den Fristablauf berufen kann, wenn er den Versicherungsnehmer an der Fristwahrung gehindert hat.

5. Fristverlängerung durch den Versicherer

Eine Möglichkeit zur Fristverlängerung besteht durch eine individuelle Vereinbarung mit dem Versicherer, der die Frist um sechs oder zwölf Monate verlängern kann, bis eine abschließende Regulierungsentscheidung vorliegt.

6. Feststellungsklage durch den Versicherungsnehmer

Ist die Frist zur Sicherstellung der Wiederherstellung noch nicht abgelaufen und eine Sicherstellung derzeit nicht möglich, kann der Versicherungsnehmer die Neuwertspitze im Wege einer Feststellungsklage einklagen. Das Gericht kann feststellen, dass der Versicherer zum Ersatz der Neuwertspitze verpflichtet ist, wenn der Versicherungsnehmer die Sicherstellung fristgerecht vornimmt.

7. Best Practice: Tatsächliche Sicherstellung der Wiederherstellung

Falls der Versicherer sich weigert, die Frist zu verlängern, bleibt dem Versicherungsnehmer nur die tatsächliche Sicherstellung der Wiederherstellung. Die Anforderungen an eine Sicherstellung sind in den Versicherungsbedingungen nicht klar definiert, doch die Rechtsprechung fordert Maßnahmen, die keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung aufkommen lassen. Dazu zählt der Abschluss eines Bauvertrages ohne Rücktrittsvorbehalt.

8. Zusammenfassung

Strenge Wiederherstellungsklauseln und lang andauernde Regulierungsvorgänge stellen ein ernstes Problem dar. Eine rechtssichere Hemmung der Frist zur Sicherung der Wiederherstellung ist ohne die Mitwirkung des Versicherers nicht möglich. Der Versicherungsnehmer sollte daher eine Fristverlängerung rechtzeitig einholen oder die Wiederherstellung sicherstellen und sich rechtlich beraten lassen.


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